Die Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ der VVN-BdA gibt es seit 1985. Sie erscheint jetzt in der 7. Version und wurde in den vergangenen Jahrzehnten an die Entwicklungen im neofaschistischen Milieu angepasst. In diesem Zeitraum zeigen sich deutliche Kontinuitäten in der neofaschistischen Szene, die eine enge Anlehnung an das NS-Gedankengut erkennen lässt. Dazu gehören u.a. ein gefährlicher Nationalismus, die Ablehnung der Demokratie soweit sie der rechten Szene nicht selbst hilft, militanter Rassismus und Antisemitismus, ein frauenfeindliches Familienbild, ein braunes Heimatbild, die Verherrlichung und Anwendung von Gewalt, Geschichtsrevisionismus und eine enge nationale und internationale Vernetzung der Szene, die Geld und Kader für die extreme Rechte bereitstellt. Mit dem Einzug in die Parlamente verfügen nationalistische Parteien auch über eine umfangreiche finanzielle Ausstattung.
Der gesamten Rechten liegt ein rassistisches Weltbild zu Grunde, ob bei Funktionären oder Mitgliedern, gemäßigten oder offen neofaschistischen Strömungen. Menschen, die nicht als weiße, nordische oder sogenannte deutschblütige Menschen charakterisiert werden, sollen nicht gleichberechtigt behandelt und am besten ausgewiesen werden. Trotz Dementis der AfD, der Querdenker und Corona-Leugner, werden dabei auch systematisch antisemitische Klischees bedient. Wir haben diese Kontinuitäten in der Ausstellung mit aktuellen Bildern, Gestaltungselementen und Texten belegt.
Es gibt aber auch neuere Entwicklungen, die für die Demokratie mehr als gefährlich sind. Dazu gehört die Präsenz der rechten Szene im Netz, rechte Bewegungen wie Pegida und Querdenker, aber auch die Kaperung von Corona- und Energie-Protesten und die Inszenierung von neonazistischen Gedankengut als Entertainment mit Videospielen, Devotionalien und dem unkritischem Nachstellen von Nazi-Geschichte.
Die rechte Szene bewegt sich erfolgreich zunehmend in die Mitte der Gesellschaft und profitiert von aktuellen gesellschaftlichen Konflikten. Damit wird auch die bisherige staatliche Verortung der Neonazi-Bewegung als Extremismus erneut in Frage gestellt. Ganz abgesehen, das Nazis an gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in der Mitte der Gesellschaft geschickt anknüpfen und diese verstärken, treten diese in Teilen der Gesellschaft gefestigten Vorurteile als Antisemitismus und Rassismus in Flüchtlingskrise, Corona-Pandemie und Energiediskussion offen zu Tage.
Der schon vor Jahren geprägte Begriff des Extremismus der Mitte als Ausdruck dieser Entwicklung führt den problematischen methodischen Extremismusansatz damit voll ad absurdum. Ganz abgesehen, das mit diesem Ansatz in bewährter antikommunistischer Tradition jegliche emanzipative gesellschaftliche Bewegung nicht selten als extremistisch diffamiert wurde. Wir verwenden deshalb schon seit Jahren den international verwendeten Begriff Neofaschismus für die Bewegungen der extremen Rechten am Rand und in der Mitte der Gesellschaft.
Wir sehen heute, wie die extreme Rechte sich verfestigt, international vernetzt und die Mitte der Gesellschaft vielfach erreicht. Das wird etwa im Schulterschluss der extremen Rechten mit den Konservativen bei der Landtagswahl in Thüringen deutlich, aber auch mit dem Vordringen von Neonazis in sozialen Netzen und bei Massendemos in gesellschaftlichen Konfliktsituationen auf der Straße. Nicht zufällig hat Martin Sellner als Chef der Identitären Bewegung als einer der ersten mit der Besetzung des Lubminer Nordstream 2-Geländes das Thema öffentlich von rechts besetzt.
Wir sehen auch bei der AfD eine Entwicklung hin zu einer faschistischen Partei im Werden. In den letzten Jahren haben wir die Entwicklung der AfD mit zwei eigenen Ausstellungen untersucht und öffentlich gemacht. Während zunächst neoliberale und europakritischen Stimmen dominierten, hat der rechte Flügel die Partei mittlerweile übernommen, während frühe neoliberale Protagonisten der Partei schon fast vergessen sind.
Auch bezüglich des Weges in der AfD gibt es immer noch unterschiedliche Vorstellungen in der Partei. Die beinhalten eine offene autoritäre Diktatur, wie beim Höckeflügel, aber auch relativistische Strömungen, die eine Wiederbelebung des Kaiserreiches mit militaristischer Kontrolle der Exekutive und Marginalisierung der Opposition fordern. Sie reichen schließlich bis Ablehnung des historischen Faschismus wegen der Shoah und der Bekämpfung des Christentums im Rahmen einer konservativen Revolution.
In ihren Werten sind sich diese unterschiedlichen Strömungen aber einig. Sie agieren demokratiefeindlich, rassistisch und nationalistisch und versuchen, die emanzipatorischen Errungenschaften der modernen Gesellschaft bei der Gewährung der sexuellen Freiheit, bei der Gleichstellung der Frauen und der gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit aller in Bewusstsein und Gesetzgebung gesellschaftlich zurückzudrehen.
Deshalb ist es erforderlich, nicht nur die Demokratie und ihre Werte zu verteidigen. Die Kritik am Regierungshandeln darf nicht den Rechten überlassen werden. Gewerkschaften, demokratische Parteien und die aktive Zivilgesellschaft sind gefordert, sinnvolle, nachhaltige und soziale Lösungen für die Gesellschaft zu fordern.