Wiederholung des Unrechts

geschrieben von Ullrich Sander

3. Dezember 2019

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In Anerkennung der Tatsache, „daß der aus Überzeugung oder um des Glaubens oder des Gewissens willen gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geleistete Widerstand ein Verdienst um das Wohl des Deutschen Volkes und Staates war“, hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates im Jahre 1953 das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) beschlossen.

Unter den Entschädigten befanden sich auch die kommunistischen Widerstandskämpfer, denn 70 Prozent des Widerstandes war kommunistisch, stellte das Institut für Zeitgeschichte fest. Die Regierungspolitiker versahen jedoch das Gesetz mit einem Paragrafen, der allen die Entschädigung versagte, die gegen die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ (FDGO) verstießen, und das waren nach Meinung der Obrigkeit Bürgerinnen und Bürger, die das KPD-Verbot nicht einhielten. Angehörigen des Arbeiterwiderstandes wurde erhebliches Unrecht zugefügt. Manche mussten sogar ihre bezogenen Leistungen zurückzahlen.

Es waren jedoch nicht nur angebliche Verstöße gegen die FDGO, die das Unrecht begründeten. So fand ich in den Unterlagen meines verstorbenen Schwiegervaters das Gutachten des Starpsychiaters der Nazizeit Prof. Bürger-Prinz, der nach 1945 als allein zuständiger Experte dafür sorgte, dass Artur Burmester keine Entschädigung erhielt. Als 18jähriger ein Jahr lang mit auf dem Rücken gefesselten Händen im KZ Fuhlsbüttel zu vegetieren, das konnte nicht zu den schweren Depressionen in der Nachkriegszeit geführt haben, schrieb der Prof. im Jahr 1966. Er bescheinigte dem Kommunisten, dass ihm keine Entschädigung zukomme, denn »der Kläger nahm die Risiken einer Verfolgung im Sinne einer mehr oder weniger bewusst gewählten Selbstbewährung im Einsatz für die Idee auf sich, unterscheidet sich darin also gegenüber der unausweichlichen Situation eines rassisch Verfolgten«.

Das Unrecht der Verweigerung von Entschädigung wurde teilweise wieder gutgemacht, als die Bundesländer auf Anregung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) und der Grünen regionale Härtefonds einrichteten, aus denen „vergessene Opfer“ und auch die Kommunisten Entschädigungsgelder bezogen. „Vergessen“ waren unter anderem auch die Schwulen und Lesben, die Roma, die Opfer der Wehrjustiz und die Euthanasiegeschädigten.

Dieser Tage lebt nun das Unrecht aus der Zeit des Kalten Kriegs wieder auf. Der Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus‘ knüpft an die Verweigerung der Entschädigung in den 50er und 60er Jahren an. Doch diesmal dürfte die Solidarität mit der VVN-BdA so stark werden, dass diese Art der Wiederholung abgewehrt werden kann.

 

Erfolgreicher Ratschlag gegen Rechts des DGB

geschrieben von Axel Holz

1. Dezember 2019

Quelle: Axel Holz

Über fünfzig Gäste waren am 08.11.2019 zum „Ratschlag gegen Rechts“ des DGB  in das Schweriner Schloss gekommen, darunter auch Mitglieder der VVN-BdA. Landtagspräsidentin Birgit Hesse hatte die Veranstaltung eröffnet. Auf das Publikum kam eine anspruchsvolle Veranstaltung zu mit Experten wie Andreas Speit und Prof. Dr. Hajo Funke, mit Impulsen, Diskussionen und Workshops.

Programm:
11:00 Begrüßung
Conny Töpfer, stellv. Landesbezirksleiterin ver.di Nord
Ingo Schlüter, stellv. Vorsitzender DGB Nord

Grußwort
Birgit Hesse, Landtagspräsidentin Mecklenburg-Vorpommern

11:30 Gewaltorientierte rechte Netzwerke
Andreas Speit, freier Journalist und Buchautor

12:30 Kommunikatives Mittagessen

13:30 Talkrunde: Eine neue Qualität rechter Gewalt?
Wie umgehen mit der Bedrohung von rechts?
Prof. Dr. Hajo Funke, Politikwissenschaftler Berlin
Andreas Speit, freier Journalist und Buchautor
Tim Bleis, LOBBI e.V.
Fabian Scheller, DGB-Regionsgeschäftsführer Rostock-Schwerin

15:00 Workshops
a. „Argumentation- und Handlungstraining gegen menschenverachtende Einstellungen“, Netzwerk für Demokratie und Courage
b. „Völkische Landnahme – alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos“, Andreas Speit
c. „CORRECT! Mobile Beratungsstelle für ausländische Beschäftigte und zur Bekämpfung von Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung in Mecklenburg-Vorpommern“, Projektvorstellung mit Stefanie Albrecht und Ingo Schlüter

16:30 Ergebnisse aus den Workshops und Abschlussstatements
Conny Töpfer und Ingo Schlüter

17:00 Ende der Veranstaltung
Moderation: Siglinde Hessler, DGB Nord

Breite Berichterstattung und Solidarität mit VVN-BdA

geschrieben von VVN-BdA MV

29. November 2019

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Seit der Veröffentlichung der Erklärung der VVN-BdA zum Entzug der Gemeinnützigkeit durch das Berliner Finanzamt wurde bundesweit über dieses Ereignis berichtet. Dutzende Solidaritätserklärungen verschiedenster Parteien, Gewerkschaften, Organisationen und Vereine haben die  VVN-BdA erreicht. Dazu unzählige Emails, Twitter- und Facebock-Meldungen. Kritik am Entzug der Gemeinnützigkeit kam auch von der Jüdischen Gemeinde Berlin. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken. Bedanken möchten wir uns auch bei den etwa 550 neuen Mitgliedern, die in Folge des Entzugs der Gemeinnützigkeit in die VVN-BdA bis heute eingetreten sind, darunter ein Dutzend in Mecklenburg-Vorpommern. Unter den Neumitglieder befinden sich auch die komplette Landtagsfraktion der Linken im Sächsischen Landtag und der Bremer SPD-Vorsitzende Sascha Aulepp.

Proteste können auch mit einem Eintrag in die beiliegende Open Petition zum Erhalt de Gemeinnützigkeit der VVN-BdA abgegeben werden:

www.openpetition.de/petition/online/die-vvn-bda-muss-gemeinnuetzig-bleiben-deutschland

Inzwischen sind zahlreiche Protestbriefe bereits unterwegs an Berlins Finanzsenator Dr. Matthias Kollatz. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte für seinen Kollegen Vorarbeit geleistet und im Januar 2019 mit einem Anwendungserlass zur Abgabenordnung die seit 2001 bestehende Regelung zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Körperschaften verschärft, wenn diese in Verfassungsschutzberichten des Bundes oder eines der Länder genannt werden.   Insbesondere eine Erwähnung als „Verdachtsfall“ oder eine nur beiläufige Erwähnung im Verfassungsschutzbericht, aber auch sonstige Erkenntnisse böten im Einzelfall Anlass zu weitergehenden Ermittlungen der Finanzbehörde, z.B. auch durch Nachfragen bei den Verfassungsschutzbehörden – hieß es noch 2014 im Erlass zur Abgabenordnung. Daraus wurde 2019 eine Beweislastumkehr, ein grober Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze. Beschuldigte Organisationen sollten den vollständigen Beweis des Gegenteils erbringen. Die VVN hat dies nun in ihrem anwaltlichen Widerspruch gegenüber dem Finanzamt Berlin wie bereits bei der Ankündigung des Entzugs der Gemeinnützigkeit ausführlich getan, dessen Ausgang unklar ist. Es bleibt zudem ein unerhörter Angriff auf die VVN und die ganze Zivilgesellschaft bestehen. Deshalb gibt es erste parlamentarische Initiativen der Linken im Bund und in Bremen, um eine Bundesratsinitiative anzustoßen, damit die Änderungen der Abgabenordnung von 2019 zurückgenommen werden können und zivilgesellschaftliche Organisationen vor fragwürdigen Angriffen durch das Finanzrecht und vor existenzgefährdenden Eingriffen in Grundrechte geschützt werden können. Danken möchten wir auch den Aktivisten der Linksfraktion im Bundestag und weiteren Sympathisanten, die am 29.11.2019 vor dem Bundesfinanzministerium in Berlin gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der VVN-BdA demonstriert haben.

Gern verweisen wir  im Folgenden auf eine Liste der vielen bisherigen Solidaritätserklärungen für den Erhalt der Gemeinnützigkeit der VVN, die die VVN-BdA erreicht haben, und die zahlreiche Presseberichterstattung dazu. Stellvertretend sei hier ein Auszug des Kommentars  des 91-jährigen Holocaustüberlebenden Horst Selbiger im Artikel „Die dritte Schuld“ in der Jüdischen Allgemeinen vom 28.11.2019 genannt: „Als Überlebender der Schoa, von dessen Familie 61 Menschen ermordet wurden, empfinde ich diese Maßnahme der Finanzverwaltung wie einen Keulenschlag direkt ins Gesicht. Danke, Herr Scholz, Ihr Alt-Parteimitglied Noske lässt grüßen, AfD und andere Nazis werden ihre Freude daran haben.“ Letzeres findet sich bestätigt in einem Artikel von Vera Lengsfeld in der rechten „Preußischen Allgemeinen Zeitung/Das Ostpreußenblatt“ mit dem Titel „Bravo, Finanzamt Berlin!“.

Liste der Solidaritäts-Erklärungen von Organisationen:

Auschwitz-Komitee

Netzwerk Lagergemeinschaften

Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR)

Österreichische KZ-Gemeinschaft Dachau

Patriot Résistant

Kinder des Widerstands

Forum der Landesarbeitsgemeinschaften der Gedenkstätten, Erinnerungsorte und -initiativen in Deutschland

Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen in Hessen (LAG Hessen)

Allianz für Rechtssicherheit und politische Willensbildung

Attac Koordinierungskreis

Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und Kandidat für SPD-Vorsitz Norbert Walter-Borjans in Medienberichterstattung

Parteivorstand Die Linke

Die Linke Fraktion  in der Bremischen Bürgerschaft

Kreismitgliederversammlung der LINKEN, Frankfurt/M.

Die Linke und Piratenpartei Göttingen

DGB

GEW Bremen

IG Metall Berlin

IG Metall Wolfsburg

IG Metall Hamburg

IG Metall Kiel-Neumünster

IG Metall Landesbezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt

ver.di Hamburg

Volkssolidarität Bundesverband e.V.

SPD Bremen

Jusos Bremen

AstA der Universität Hamburg

Kooperation für den Frieden

Vorsitzende des SSW im Landtag Schleswig-Holstein Lars Harms

Omas gegen rechts Deutschland

Omas gegen rechts Nord

Aufstehen gegen Rassismus

Bundessprecher Bundesfreiwillige Tim Malte Berner

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen/Betriebsorganisation in der SPD Landesverband Schleswig-Holstein / AfA-Landesvorstand

Die Teilnehmer*innen des Seminars „Die Erben der Erinnerung – Der Umgang mit der Geschichte des Nationalsozialismus in der zweiten und dritten Generation. Seminar in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Esterwegen“ vom 29.11. – 01.12.19 in Papenburg

Stellungnahme der Kritischen Jurist:innen Leipzig (KJL) und des Conne Islands zum Entzug der Gemeinnützigkeit des VVN-BDA

Heideruh e.V – Antifaschistische Erholungs- und Begegnungsstätte

Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte

Gesicht zeigen! Für ein weltoffenen Deutschland

Die Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS) und das Geschichtsforum der SPD

Freidenker – Deutscher Freidenkerverband

Bezirksversammlung Elmsbüttel

Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde e.V.

Solidarität International (SI) e.V.

ISD Bund e.V.

IKS Regensburg

SJD-Die Falken Bezirk Niederbayern/Oberpfalz

Our House OM10 Göttingen

12. Frauenpolitischer Ratschlag in Erfurt

Christel Pieper, Vorsitzende der Kieler VVN-BdA

VVN-BdA NRW

Linke Kultur – Ständige Kulturpolitische Konferenz

Anna-Seghers-Gesellschaft

Flüchtlingsrat Hamburg

ATTAC Deutschland

Geschichtswerkstatt St. Georg e.V.

Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e.V. (NatWiss)

Humanistische Union

MLPD

DKP

Was ist gemeinnützig? Esther Bejarano schreibt einen offenen Brief an den Bundesminister der Finanzen

geschrieben von Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

26. November 2019

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Sehr geehrter Herr Minister Scholz,

seit 2008 bin ich die Ehrenvorsitzende der VVN–BdA, der gemeinnützigen Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, gegründet 1947 von Überlebenden der Konzentrationslager und NS-Verfolgten. Die Arbeit der Antifa, die Arbeit antifaschistischer Vereinigungen ist heute – immer noch – bitter nötig. Für uns Überlebende ist es unerträglich, wenn heute wieder Naziparolen gebrüllt, wenn jüdische Menschen und Synagogen angegriffen werden, wenn Menschen durch die Straßen gejagt und bedroht werden, wenn Todeslisten kursieren und extreme Rechte nicht mal mehr vor Angriffen gegen Vertreter des Staates zurückschrecken.

Wohin steuert die Bundesrepublik?

Das Haus brennt – und Sie sperren die Feuerwehr aus!, wollen der größten und ältesten antifaschistischen Vereinigung im Land die Arbeit unmöglich machen? Diese Abwertung unserer Arbeit ist eine schwere Kränkung für uns alle.

„Die Bundesrepublik ist ein anderes, besseres Deutschland geworden“, hatten mir Freunde versichert, bevor ich vor fast 60 Jahren mit meiner Familie aus Israel nach Deutschland zurückgekehrt bin. Alten und neuen Nazis bin ich hier trotzdem begegnet. Aber hier habe ich verlässliche Freunde gefunden, Menschen, die im Widerstand gegen den NS gekämpft haben, die Antifaschistinnen und Antifaschisten. Nur ihnen konnte ich vertrauen.

Wir Überlebende der Shoah sind die unbequemen Mahner, aber wir haben unsere Hoffnung auf eine bessere und friedliche Welt nicht verloren. Dafür brauchen wir und die vielen, die denken wie wir, Hilfe! Wir brauchen Organisationen, die diese Arbeit unterstützen und koordinieren.

Nie habe ich mir vorstellen können, dass die Gemeinnützigkeit unserer Arbeit  angezweifelt oder uns abgesprochen werden könnte! Dass ich das heute erleben muss! Haben diejenigen schon gewonnen, die die Geschichte unseres Landes verfälschen wollen, die sie umschreiben und überschreiben wollen? Die von Gedenkstätten ‚als Denkmal der Schande‘ sprechen und den NS-Staat und seine Mordmaschine als ‚Vogelschiss in deutscher Geschichte‘ bezeichnen?

In den vergangenen Jahrzehnten habe ich viele Auszeichnungen und Ehrungen erhalten, jetzt gerade wieder vom Hamburger Senat eine Ehrendenkmünze in Gold. Mein zweites Bundesverdienstkreuz, das Große, haben Sie mir im Jahr 2012 persönlich feierlich überreicht, eine Ehrung für hervorragende Verdienste um das Gemeinwohl, hieß es da. 2008 schon hatte der Bundespräsident mir das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse angeheftet. Darüber freue ich mich, denn jede einzelne Ehrung steht für Anerkennung meiner – unserer – Arbeit gegen das Vergessen, für ein „Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus“, für unseren Kampf gegen alte und neue Nazis.

Wer aber Medaillen an Shoah-Überlebende vergibt, übernimmt auch eine Verpflichtung. Eine Verpflichtung für das gemeinsame NIE WIEDER, das unserer Arbeit zugrunde liegt.

Und nun frage ich Sie:

Was kann gemeinnütziger sein, als diesen Kampf zu führen?

Entscheidet hierzulande tatsächlich eine Steuerbehörde über die Existenzmöglichkeit einer Vereinigung von Überlebenden der Naziverbrechen?

Als zuständiger Minister der Finanzen fordere ich Sie auf, alles zu tun, um diese unsägliche, ungerechte Entscheidung der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Arbeit der VVN–BdA rückgängig zu machen und entsprechende Gesetzesänderungen vorzuschlagen.

Wir Überlebenden haben einen Auftrag zu erfüllen, der uns von den Millionen in den Konzentrationslagern und NS-Gefängnissen Ermordeten und Gequälten erteilt wurde. Dabei helfen uns viele Freundinnen und Freunde, die Antifaschistinnen und Antifaschisten – aus Liebe zur Menschheit! Lassen Sie nicht zu, dass diese Arbeit durch zusätzliche Steuerbelastungen noch weiter erschwert wird.

Mit freundlichen Grüßen

Esther Bejarano

Vorsitzende

Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –

Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Antifaschismus muss gemeinnützig bleiben! Schwerer Angriff auf die VVN-BdA

geschrieben von VVN-BdA

22. November 2019

Am 4. November hat das Finanzamt für Körperschaften I des Landes Berlin
der Bundesvereinigung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) e.V. die
Gemeinnützigkeit entzogen. Damit verbunden sind vorerst
Steuernachforderungen in fünfstelliger Höhe, die noch in diesem Jahr
fällig werden. Weitere erhebliche Nachforderungen sind zu erwarten und
auch zukünftig drohen wesentlich höhere steuerliche Belastungen. Damit
ist die VVN-BdA in ihrer Existenz bedroht.
Das Finanzamt Berlin handelt damit anders, als das Finanzamt
Oberhausen-Süd, das der Landesvereinigung NRW die Gemeinnützigkeit am
22. Oktober gewährt hat. In beiden Fällen war derselbe Vorwurf erhoben
worden. Er besteht darin, dass die Landesvereinigung Bayern der VVN-BdA
im bayrischen Verfassungsschutzbericht wiederholt als linksextremistisch
beeinflusst dargestellt wird. Während das Finanzamt Oberhausen-Süd der
Widerrede der VVN-BdA im Anhörungsverfahren entsprach, beharrt das
Berliner darauf, dass „der volle Beweis des Gegenteils, als Widerlegung
der Vermutung als extremistische Organisation“ nicht erbracht worden sei.
Das bedeutet, dass die Bewertung durch eine nachgeordnete bayrische
Landesbehörde, die laut bayrischem Gerichtshof keine Tatsachenbehauptung
darstellt, demnach über das Schicksal einer bundesweit arbeitenden
zivilgesellschaftlichen Organisation entscheiden dürfen soll.

Von Überlebenden der Konzentrationslager und Gefängnisse 1947 gegründet,
ist die VVN-BdA seitdem die größte, älteste, überparteiliche und
überkonfessionelle Organisation von Antifaschistinnen und Antifaschisten
Deutschlands. Sie vertritt die Interessen von Verfolgten und
Widerstandskämpfern, sowie deren Nachkommen, tritt für Frieden und
Völkerverständigung ein und hat gegen große gesellschaftliche
Widerstände wesentlich dafür gesorgt, dass die Verbrechen des
Nazi-Regimes nicht in Vergessenheit geraten sind, u.a. durch den Einsatz
für die Errichtung von Gedenkstätten und Erinnerungsorten und vielfache
Zeitzeugenarbeit. Sie informiert über aktuelle neofaschistische Umtriebe
und organisiert den Widerstand in breiten Bündnissen.

Wir sind entsetzt und empört darüber, dass sich das Berliner Finanzamt
die haltlosen Unterstellungen der bayrischen Behörde ungeprüft zu eigen
macht. Damit behindert es genau das zivilgesellschaftliche Engagement,
das von Regierung und Parteien angesichts schrecklicher
rechtsterroristischer Verbrechen allenthalben eingefordert wird.

Wir fordern die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für unsere Organisation!
Wir fordern praktische Unterstützung für alle zivilgesellschaftlichen
Gruppen und Organisationen, die die Grundwerte des Grundgesetzes gegen
rassistische, antisemitische, nationalistische und neofaschistische
Angriffe verteidigen!

Cornelia Kerth, Dr. Axel Holz
Bundesvorsitzende

22.11.19

Pressekontakt: Bundesgeschäftsführer Thomas Willms, bundesbuero@vvn-bda.de

Rechte Gewalt – Problem erkannt?

geschrieben von Axel Holz

19. Oktober 2019

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Nach Jahren der Verharmlosung rechter Gewalt scheint sich nun etwas in den deutschen Justiz- und Innenbehörden zu tun. Rechtsextremen Vorfällen in Sicherheitsbehörden soll nun mit einem speziell dafür eingesetzten Behördenstellvertreter beim MAD begegnet werden, dem 400 zusätzliche zivile Mitarbeiter unterstehen. Gegen einen gewaltorientierten Prepper  der Gruppe „Nordkreuz“ und ehemaligen SEK-Polizisten aus Mecklenburg-Vorpommern wurde mittlerweile Anklage erhoben und zwei Mitglieder der „Oldschool Society“ wurden in Dresden zu Haftstrafen verurteilt. Nach der Ermordung des Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen rechtsextremen Flüchtlingshasser soll nun das BKA 400 zusätzliche Stellen für die Bekämpfung von Hasskriminalität erhalten. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz will mit 90 weiteren Stellen und nunmehr 300 Beamten zukünftig stärker rechtsextreme Einzeltäter ins Auge fassen und nicht mehr nur auf Organisationen, Vereine und Parteien setzen. Es hatte fast etwas von einer unheimlichen Vorhersehung , als am Vorabend des Terroranschlages von Halle Generalbundesanwalt Peter Frank  mit der Bundesjustizministerin und Staatsanwälten aus den Ländern im Innenhof des Deutschen Historischen Museums über die Bekämpfung rechter Gewalt debattierte und der höchste Ankläger des Landes von vermeintlich einsamen Wölfen redete, die in Wahrheit ein wachsendes  Rudel bildeten. Nach den Morden in Halle forderte die Bundestagsabgeordnete der Linken Martina Renner dazu auf, die Einzeltäterperspektive rechter Gewalt zu überwinden und die rechten Netzwerke stärker in den Blick zu nehmen. Die Innenminister haben nun mit einem Zehn-Punkte-Plan auf die Nazi-Gewalt in Halle reagiert. Man wolle Synagogen besser schützen, rechtsextreme Veranstaltungen unterbinden und Vereinsverbote prüfen. Bei Hetze und Straftaten sollen Internetportale entsprechende Kommentare nicht nur zukünftig in 24 Stunden löschen, sondern die persönlichen Bestandsdaten an die Sicherheitsbehörden melden. Durch eine Änderung des §188 im Strafgesetzbuch sollen auch Kommunalpolitiker besser gegen Verleumdung geschützt werden. Allein im ersten Halbjahr 2019 gab es knapp 700 Angriffe auf Politiker und Mandatsträger. Bisher waren zahlreiche Spießgesellen des NSU davongekommen, Hans-Georg Maßen verharmloste rechte Umtriebe in Chemnitz und bei rechter Gewalt gab es per se nur „Einzeltäter“. Wird es einen neuen Umgang mit rechter Gewalt geben? Das bleibt zu hoffen. Aber dazu muss sich auch das Denken in den involvierten Behörden ändern.

Landesmitgliederversammlung der VVN-BdA MV am 07.09.2019 in Rostock

geschrieben von Axel Holz

8. September 2019

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Sprecher und Vorstand der VVN-BdA MV


Der Landesverband der VVN-BdA hat seit unserer letzten Landesmitgliederversammlung im Herbst 2018 in Schwerin zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt, obwohl unsere Mitgliederzahl gesunken ist. Einige Mitglieder unseres Landesverbandes sind verstorben, darunter unsere langjährige Landesvorsitzende Ursula Mahnke und der langjährige Leiter des Rostocker VVN-Büros Jürgen Weise. Wir werden ihr Andenken in Ehren halten.

Im vergangenen Jahr haben die VVN-Mitglieder in unserem Bundesland an zahlreichen Gedenkveranstaltungen an die NS-Opfer in allen Landesteilen teilgenommen oder sie selbst organisiert, so zum 27. Januar zur Gedenkveranstaltung der Stadt in Schwerin, zum Tag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai, zum zweiten Sonntag im September und zum 9. November zur Erinnerung an die antisemitischen Nazi-Pogrome von 1938. Aber auch den 1. Mai, den Weltfriedenstag am 1. September oder den Flaggentag am 8. Juli zum weltweiten Bündnis „Atomwaffen abschaffen“ hat die VVN in Schwerin mitgestaltet, ebenso wie in Schwerin den diesjährigen Ostermarsch.

Traditionell haben wieder zahlreiche VVN-Mitglieder an der Nordkonferenz in Heideruh mit den Schwerpunkten zur Studie „Flucht ins Autoritäre“ und „Netzwerke der neuen Rechten“  teilgenommen sowie an der 10. Fahrradgedenktour, die diesmal von Schwerin zur KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen führte. Auch der Aktionstag der Landesinitiative „Wir – Erfolg braucht Vielfalt“ wurde von der VVN in Schwerin mitgestaltet. Beim jährlichen Sachsenhausengedenklauf war die VVN mit der Eröffnungsrede und der Teilnahme am 10-km-Lauf wieder präsent.

Zahlreiche Ausstellungen wurde von der VVN in unserem Land im vergangenen Jahr gezeigt. Darunter ist eine kritische Ausstellung zur AfD, die auf mehreren Gewerkschaftsveranstaltungen in Rostock und Neubrandenburg sowie in Crivitz gezeigt wurde, wobei Wolfgang Methling die Ausstellung in Rostock eröffnet hatte. Mehr als drei Monate wurde durch die VVN die Ausstellung „Deutschland muss leben, deshalb muss Hitler fallen“ zum „Nationalkomitee Freies Deutschland“ in der Kirche in Neustrelitz gezeigt. Jeweils zwei Wochen hat die VVN in Rostock und in Schwerin die Ausstellung „Der antifaschistische Widerstand in Europa 1922-1945“ gezeigt, die in Rostock FIR-Generalsekretär Dr. Ullrich Schneider eröffnet hat. Seit Anfang September wird eine Ausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“ in der Schweriner VHS gezeigt, zu der Peter Ritter eingeführt hat.

In Stralsund hat die VVN darüber hinaus der Schlacht um Stalingrad als Wende im zweiten Weltkrieg mit einer eigenen Veranstaltung gedacht und beim Gedenken zum 8. Mai den Marine-Ataché der russischen Botschaft Fregattenkapitän Nikolai Moniakov zu Gast. Zum NSU-Prozess wurde von der VVN in Stralsund im Nachgang zum Konzert “Rock-gegen-Rechts“ der Film „Ein Todesfall in Thüringen“ in Zusammenarbeit mit zahlreichen Vereinen gezeigt und anschließend mit Regisseur Jan Smendek in der Jakobi-Kirche diskutiert.

Wir können getrost sagen, dass die VVN in Mecklenburg-Vorpommern beim Aufklären über den  Faschismus, seine Ursachen und Erscheinungsformen aktiv ist und das Gedenken an die NS-Opfer an vielen Orten aufrechterhält. Aber auch mit unseren Ausstellungsangeboten zu historisch-politischen Fragen als Beitrag einer wissenschaftlichen antifaschistischen Erinnerungs- und Gedenkkultur sowie aktuell-politischen Themen wie Rassismus, Rechtsterrorismus und Rechtpopulismus sind wir auf der Höhe der Zeit. Nicht zuletzt haben Mitglieder unseres Landesverbandes auch in der VVN-Mitgliederzeitung antifa über die neofaschistischen Netzwerke „Nordkreuz“ und „Hanibal“ aufgeklärt. Wir sollten diese aktive Arbeit in den genannten unterschiedlichen Bereichen auch im kommenden Jahr gezielt fortsetzen.

Eröffnung der NSU-Ausstellung am 03.09.2019 in Schwerin

geschrieben von Axel Holz

4. September 2019

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MdL Peter Ritter zieht Schlussfolgerungen aus der Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses im Lantag MV


Ich begrüße Sie herzlich zur Eröffnung der Ausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“ in der VHS „Ehm Welk“ in Schwerin.

Trotz eines jahrelangen Prozesses gegen die rassistischen Täter an zehn in Deutschland lebenden Migranten und einer Polizistin sind neben Beate Zschäpe nur wenige Helfer verurteilt worden. Es besteht weiterhin Aufklärungsbedarf über das Netzwerk der Nazis, das in die Morde verstrickt ist.

Die Ausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“ beleuchtet neben den Biografien der zehn Mordopfer, den Bombenanschlägen sowie zahlreichen Banküberfällen auch die Neonaziszenen, aus denen der NSU hervorging. Analysiert werden zudem Gründe, warum die Mordserie so lange unaufgeklärt blieb. Mit den in fünfzehn bekannten Raubüberfällen geraubten 600.000 Euro finanzierte die Terrorgruppe unter anderem die Morde, Bombenanschläge und das Leben im Untergrund. Die Ausstellung beschäftigt sich auch ausgiebig mit rassistischen Vorurteilen der Mordermittler in allen Mordfällen an den migrantischen Opfern und mit dem V-Mann-Netzwerk, das tief in die Nazi-Szene um den Thüringer-Heimatschutz und den NSU verstrickt ist.

Wir danken zugleich der Ausstellungsmacherin Birgit Mair und dem „Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung e.V.“ in Nürnberg, das die Ausstellung bereitgestellt hat. Birgit Mair ist Pädagogin, Journalistin und Antirassismus-Trainerin. Die Gewerkschafterin ist aktiv in der antirassistischen Arbeit gegen Rechte und die Hardcore-Naziszene tätig. Erst kürzlich wurde sie bei ihren Recherchen von einem AfD-Mann körperlich bedrängt, berichtet die ver.di-Zeitung PUBLIK. Sie werde nicht aufhören, sich zu positionieren und sich mit der antisozialen Politik der AfD kritisch auseinanderzusetzen. Dabei wünschen wir ihr viel Erfolg!

Axel Holz

Zum Antikriegstag 2019: Abrüstung statt Aufrüstung – eine neue internationale Friedenspolitik ist nötig!

geschrieben von Dr. Ulrich Schneider

30. August 2019

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Aus Anlass des 80. Jahrestages der Überfalls Hitlerdeutschlands auf Polen am 1.September 1939, der den militärischen Beginn des Zweiten Weltkriegs markiert, ruft die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten zu Initiativen für eine neue internationale Friedenspolitik auf.

Wir erleben mit großer Sorge, dass besonders durch das Handeln der NATO und insbesondere der USA Errungenschaften der Entspannungspolitik vergangener Jahrzehnte zerstört werden. Die dauerhafte Stationierung von NATO-Kampfeinheiten nahe der russischen Westgrenze steht im Widerspruch zu den Vereinbarungen Anfang der 90er Jahre. Die Kündigung des INF-Vertrages durch die Trump-Administration und die Testreihe mit neuen Mittelstreckenraketen sind ein weiterer sichtbarer Ausdruck der Verschärfung internationaler Spannungen. Die Vereinten Nationen und ihre Institutionen werden nur noch „bei Bedarf“ zur Konfliktlösung in Betracht gezogen.
Im Mittleren und Nahen Osten versuchen sich die USA und ihre Verbündeten als „Weltpolizei“, die keinerlei Rücksicht auf die Souveränität der einzelnen Staaten nehmen. Selbst internationale Verträge werden einseitig gekündigt, wenn es den Interessen der USA zu dienen scheint. Dabei werden souveräne Staaten gedrängt, sich als „Erfüllungsgehilfen“ den Vorstellungen der US-Administration unterzuordnen, wie es am Beispiel der Beschlagnahme eines iranischen Tankers sichtbar wurde.
Solches Handeln wird mit einem vorgeblichen „Kampf gegen den Terrorismus“ legitimiert, erhöht aber faktisch die Gefahr militärischer Eskalation. In Lateinamerika werden gezielt militärische Drohszenarien aufgebaut, um die Politik eines „regime changes“ zu fördern. Aber auch in Europa haben wir auf dem Balkan und in der Ukraine militärische Konfliktfelder, die weit über die jeweiligen Regionen hinaus zu einem Flächenbrand werden können.

Die Überlebenden des zweiten Weltkrieges und die Kämpfer um die Befreiung ihrer Länder von der faschistischen Barbarei forderten 1945: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ . Sie wollten „eine neue Welt des Friedens und der Freiheit“. Dieses Vermächtnis muss heute mehr denn je mit Leben erfüllt werden.
Die FIR und ihre Mitgliedsverbände setzen sich daher für eine neue internationale Friedenspolitik ein. Dazu gehören insbesondere die Verpflichtung aller Staaten, statt neuer Waffensysteme und Aufrüstung durch internationale Vereinbarungen eine tatsächliche Rüstungsbegrenzung und Abrüstung zu schaffen.
Die Gefahr atomarer Waffensysteme kann durch die Unterstützung des von den Vereinten Nationen 2017 ausgehandelten Atomwaffenverbotsvertrags verringert werden.
Dem Völkerrecht und dem Recht der Souveränität von Staaten muss wieder Geltung verschafft werden.
Die politische Wirksamkeit der Vereinten Nationen muss wieder gestärkt werden, indem deutlicher als in den vergangenen Jahren Wege nicht-militärischer Konfliktlösungen unter der Kontrolle der UNO beschritten werden.
Als „Botschafter des Friedens“ – ernannt von den Vereinten Nationen – appelliert die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten an Friedensinitiativen, Parteien, Gewerkschaften und Kritiker der Globalisierung, sich in Aktionen, Abstimmungen und Erklärungen für eine neue internationale Friedenspolitik einzusetzen. Die FIR ruft ihre Mitgliedsverbände dazu auf, sich mit ihren historischen Erfahrungen daran zu beteiligen.

UNTEILBAR mit 40.000 Demonstranten am 21.08.2019 in Dresden

geschrieben von Axel Holz

29. August 2019

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