Vor 75 Jahren: Wir erinnern an das Attentat deutscher Offiziere auf Adolf Hitler

geschrieben von Dr. Ulrich Schneider

20. Juli 2019

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Vor 75 Jahren, am 20. Juli 1944, versuchte eine Gruppe von Offizieren der deutschen Wehrmacht Adolf Hitler mit einem Bombenanschlag zu töten. Sie hatten versucht, wenn auch erst 5 Minuten vor 12, angesichts der drohenden militärischen Niederlage des deutschen Faschismus die – aus ihrer Sicht – schlimmste Katastrophe für ihr Land abzuwenden, indem sie Hitler beseitigen wollten und mit einer neuen Regierung Friedensverhandlungen mit den Westalliierten planten. Unterstützt wurden diese Offiziere durch Frauen und Männer des Kreisauer Kreises. Dies waren Angehörige der alten Eliten, bürgerliche und christliche Nazigegner, selbst Mitarbeiter in Ministerien, die ebenfalls den Krieg als verloren ansahen und für einen Neuanfang auf nichtfaschistischer Grundlage eintraten.
Das Attentat von Claus Graf von Stauffenberg war nicht erfolgreich, das Unternehmen „Walküre“, das die Entmachtung der SS und der faschistischen Organisationen erreichen sollte, scheiterte. Die Verschwörer, die Angehörigen des Militärs und die zivilen Angehörigen des Kreisauer Kreises, wurden verhaftet, wegen Hoch- und Landesverrat angeklagt und hingerichtet, ihre Familienangehörigen in Sippenhaft genommen.
Wir wissen heute: Wären die Attentäter des 20. Juli 1944 erfolgreich gewesen, hätte das in den folgenden Monaten Millionen Menschen in ganz Europa das Leben gerettet, nicht nur Soldaten, die an der Front ums Leben kamen. Gerettet worden wären viele Opfer der Deportationszüge in die Vernichtungslager, die Häftlinge in den Konzentrationslagern, die am Ende des Krieges auf Todesmärsche geschickt wurden, die Zivilisten, die im Zuge des Bombenkrieges und bei der faschistischen Rückzugsform „verbrannte Erde“ ihr Leben oder ihre Lebensgrundlage verloren, nicht zu vergessen die Millionen Flüchtlinge, die vor den Schrecken des Krieges ihre Heimat verlassen mussten.

Wir erinnern daran, dass bis Ende der 50er Jahre selbst diese Nazigegner in der Bundesrepublik Deutschland als „Vaterlandsverräter“ beschimpft wurden. Heute wird in der ganzen BRD zur Erinnerung an die Frauen und Männer des 20. Juli 1944 geflaggt, in einem Festakt im Bendler-Block (Verteidigungsministerium) wird öffentlich ihr Mut gewürdigt. Gleichzeitig wird an diesem Tag in Kassel ein neofaschistischer Aufmarsch genehmigt, der faktisch den jüngsten Mord an dem nordhessischen Regierungspräsidenten Dr. Lübcke durch einen Neofaschisten verhöhnt.

Die FIR würdigt den Mut und die Tat eines Claus Graf von Stauffenberg und der anderen Angehörigen des Militärs vom 20. Juli 1944. Die Erinnerung an diesen Widerstand verpflichtet uns heute mit den Mitteln des gesellschaftlichen Handelns allen neofaschistischen Umtrieben aktiv entgegenzutreten, wie es das Kasseler Bündnis von über 100 Organisationen, Initiativen und gesellschaftlichen Kräften am 20. Juli 2019 unter Beweis stellt.