Wegen Corona-Virus bundesweit Absage zahlreicher Gedenkveranstaltungen

geschrieben von Axel Holz

12. März 2020

Die zentrale Gedenkveranstaltung von Freistaat Thüringen, IKBD und Stiftung am 5.4. im Deutschen Nationaltheater Weimar und auf dem ehemaligen Appellplatz zum 75. Jahrestag der Befreiung wurde abgesagt. Aufgrund des besonders hohen Infektionsrisikos für ältere Menschen können wir auch die Einladungen für die ehemaligen Häftlinge nicht aufrechterhalten. Das IKBD hat uns zwischenzeitlich informiert, dass es ebenfalls alle Aktivitäten in Weimar abgesagt hat.Der Kinosaal wird der LAG für das „Treffen der Nachkommen“ nicht zur Verfügung gestellt.

Gedenkort Termin Status
Gedenkstätte Buchenwald 05.04.2020 Absage durch Gedenkstätte und IKBD
Gedenkstätte Dora-Mittelbau 05.04.2020 Absage durch Gedenkstätte
Gedenkstätte Sachsenhausen

Nur regionale Gedenkorte ohne internationale Gäste

17.-20.04.2020 Absage durch Gedenkstättenstiftung
Gedenkstätte Ravensbrück 17.-20.04.2020 Absage durch Gedenkstättenstiftung
Gedenkstätte Flossenbürg 26.04.2020 Absage durch Gedenkstätte
Gedenkstätte Neuengamme 03.05.2020 Noch angekündigt
Gedenkstätte Dachau 03.05.2020 Absage durch Gedenkstätte und CID
Gedenkstätte Mauthausen 10.05.2020 Gedenkstätte bis 3. April 2020 wegen Corona geschlossen

 

2.000 neue Mitglieder

geschrieben von Axel Holz

1. März 2020

Seit dem Entzug der Gemeinnützigkeit im November 2019 durch das Berliner Finanzamt haben sich aus Solidarität 2.000 Antifaschistinnen und Antifaschisten entschieden, der VVN-BdA beizutreten. Derweil ist der fristgemäße Einspruch der VVN-BdA gegen diesen Verwaltungsakt einer Finanzbehörde noch nicht beantwortet worden. Möglicherweise hat dies mit einem Brief von Bundesfinanzmister Olaf Scholz an zahlreiche Einreicher von Protestbriefen zu tun, den sein Bürgerbüro verschickt hat. Darin kündigte der Finanzminister an, sich die Unterlagen zu besagtem Vorgang selbst vorlegen zu lassen. Das ist nun einige Wochen her. Eine Antwort des Finanzamtes ist bisher ausgeblieben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Satz des Ersten Bürgermeisters der Hansestadt Hamburg, Klaus von Dohnanyi, aus dem Jahre 1983 bei der Eröffnung des VVN-Bundeskongress in Hamburg. „Ob Sozialdemokraten oder Kommunisten, ob Christen oder Freimaurer, Juden oder Atheisten, im Antifaschismus gehören sie alle zusammen. Es darf für jene, die gemeinsam in den Konzentrationslagern gelitten und gekämpft haben, es darf für die, die ihren Spuren folgen wollen, keine Berührungsängste geben“. Eben diese Berührungsängste und Vorurteile hat nahezu 40 Jahre später der Bayerische Verfassungsschutz immer noch, der diese Meinung auch in den Verfassungsschutzverbund der Länder trägt. Bereits auf dem VVN-Bundeskongress von 1983 plädierte der damalige Juso-Vorsitzende Olaf Scholz dafür, dass es keinerlei Unvereinbarkeit der SPD mit der VVN mehr geben dürfe. Er sprach über den „gemeinsamen Kampf“ und lobte das Kongressmotto „In der Tradition des antifaschistischen Kampfes – gemeinsam für den Frieden“. Wenn Olaf Scholz diese Aussagen heute noch ernst nimmt, sollte er nicht nur die Gemeinnützigkeit der VVN erhalten, sondern sich aktiv dafür einsetzen, dass Par. 51 der Abgabenordnung wieder abgeschafft wird, der es erst ermöglicht, Akteure der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Rassismus und Neofaschismus zu diskriminieren, zu entrechten und partiell zu enteignen.

So ähnlich sehen es Überlebende des Holocaust, die sich direkt oder indierekt an den Bundesfinanzminister gewendet haben:

Als zuständiger Minister der Finanzen fordere ich Sie auf, alles zu tun, um diese unsägliche, ungerechte Entscheidung der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Arbeit der VVN-BdA rückgängig zu machen und entsprechende Gesetzesänderungen vorzuschlagen.“  Esther Bejarano, Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in der Bundesrepublik Deutschland e.V. in einem offenen Brief an Bundesfinanzminister Scholz

„Als Überlebender der Schoah, von dessen Familie 61 Menschen ermordet wurden, empfinde ich diese Maßnahme der Finanzverwaltung wie einen Keulenschlag direkt ins Gesicht. Danke, Herr Scholz, Ihr Altmitglied Noske lässt grüßen, die AfD und andere Nazis werden ihre Freude daran haben.“ Horst Selbiger, Jahrgang 1928, Überlebender der Shoa, aus „Die dritte Schuld“ in der Jüdischen Allgemeinen

„Soll ich meinen Kameraden erklären müssen, dass die vom AfD-Funktionär, dem Faschisten Höcke geforderte ‚geschichtspolitische Wende um 180 Grad‘ jetzt staatlicherseits betrieben wird, indem mit fadenscheinigsten Begründungen der Verfolgtenorganisation die materielle Handlungsfähigkeit entzogen wird? Muss ich meinen französischen Kameraden, die den Präsidenten der Republik Frankreich veranlassten, mich als Antifaschisten zum ´Kommandeur der Ehrenlegion‘ zu ernennen, jetzt erklären, dass in Deutschland Antifaschismus nicht gemeinnützig, weil politisch ist?“ Günter Pappenheim, ehemaliger Buchenwaldhäftling, Vorsitzender der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora anlässlich der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der VVN-BdA

Die Spur des Terrors

geschrieben von Axel Holz

29. Februar 2020

Zwölf Todesopfer rechten Terrors gab es innerhalb eines halben Jahres in Deutschland. Das stellt eine neue Qualität neofaschistischer und rechtspopulistischer Bedrohung in Deutschland. Das haben mittlerweile alle demokratischen Parteien erkannt.

Doch der rechte Terror ist in der Bundesrepublik nicht neu.  Er zieht eine Blutspur durch die Geschichte des Landes. In der jüngeren Geschichte ist neben dem NSU-Morden und Bombenanschlägen vor den Morden von Hanau die Tat eines Schülers bekannt, der am 22.07.2016 neun Menschen mit Migrationshintergrund tötet.  Erst später wird die Tat als rechtsextremistischer Anschlag anerkannt. Im Juni 2019 erschießt der Rechtsextremist Stephan E. den Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke auf der Terrasse dessen Hauses. Am 9. Oktober tötet Stephan B. zwei Zufallsopfer, nachdem der von ihm geplante Anschlag auf die Besucher der Hallenser Synagoge gescheitert war.

Aber die Geschichte des westdeutschen rechten Terrors reicht weiter zurück. Die Historikerin Barbara Manthe hat die Kontinuität rechter Gewalt erforscht. Viele Gruppen von Rechtsterroristen der 70er  und 80er Jahre waren bisher eher unbekannt oder sind es bis heute.

Wie etwa die Gruppe um Paul Otte, die ab 1977 mit Neonazis aus Hamburg, Hannover und Schleswig-Holstein zwei Anschläge auf Justizgebäude in Flensburg und Hamburg verübte. Die waren als Symbole und Repräsentanten des Rechtsstaates oft Angriffsziele von Neonazis.

In den ersten Jahren der BRD gab es viele antikommunistisch motivierte Terrorangriffe und Übergriffe auf Einrichtungen der DDR und der Sowjetunion in der BRD, aber auch auf den vermeintlichen inneren Feind in Form von DKP-Büros und Juso-Einrichtungen.

Ende der siebziger Jahre führte das Narrativ vom Widerstand gegen den amerikanischen Imperialismus auch zu rechten Terror gegen amerikanische Truppen. So durch die Hepp-Hexel-Gruppe, die 1982 mit zwei Anschlägen den Abzug der amerikanischen Truppen erzwingen wollten.

Die meistens aus einem bürgerlichen Leben heraus agierenden rechten Gruppen vertraten einen offenen Antisemitismus. 1980 wurde in Erlangen der jüdische Verleger Shlomo Lewin und dessen Frau von Neonazis ermordet. Bereits 1970 waren bei einem Anschlag auf ein jüdisches Altersheim sieben Menschen gestorben.

In den achtziger Jahren gab es durch die „Deutschen Aktionsgruppen“ um Manfred Röder die ersten Anschläge auf Flüchtlinge. Bei einem Anschlag am 22.08.1980 auf eine Flüchtlingsunterkunft in Hamburg waren zwei Vietnamesen umgekommen. Die Terroristen um Manfred Röder verübten auch Anschläge auf Orte der NS-Vergangenheitsbewältigung. Nach 13 Jahren Haft kam Manfred Röder wegen eines Farbanschlags auf die Wehrmachtsausstellung erneut vor Gericht. Mit im Saal saßen die späteren NSU-Terroristen Mundlos, Böhnhardt und mehrere ihrer Helfer.

Die Gruppe um Nikolaus Uhl und Kurt Wolfgram agierte im Untergrund aus Frankreich. Sie plante von dort aus Aktionen, Attentate und führte einen Banküberfall durch. Die deutschen Ermittler interessierten sich kaum für sie. Im WDR gab Nikolaus Ott trotz Fahndung in einer Monitor-Sendung ein Interview.

Die Wehrsportgruppe Hoffmann war nach ihrem Verbot in ein PLO-Camp in den Libanon gegangen. In der Hoffmann-Gruppe gab es ein Mitglied, das 1971 Bundespräsident Heinemann ermorden wollte. Ein weiterer Rechtsterrorist,Frank Schubert, hat 1980 an der deutsch-schweizerischen Grenze zwei Schweitzer Grenzbeamte erschossen. 1982 erschoss der Neonazi Helmut Oxner in einer Nürnberger Diskothek zwei farbige US-Bürger und später einen Ägypter.

Nicht vergessen werden darf der bis heute nicht aufgeklärte rechtsterroristische Anschlag auf das Oktoberfest 1980 mit zwölf Toten und zweihundert Verletzten. Nicht selten wurden die rechtsterroristischen Taten als Amoklauf oder als Tat eines Einzeltäters bewertet. Die Wissenschaftlerin Barbara Manthey geht in den siebziger und achtziger  Jahren von 25 terroristischen Gruppen mit zwei bis zwanzig Mitgliedern  in der BRD aus. Die Expertin beklagt das Fehlen ausreichender Forschungsstrukturen zum Rechtsterrorismus. Insbesondere fehle dafür eine langfristige institutionelle Förderung. Ganz anders beim Linksterrorismus. Hierfür wurde das Münchner Institut für Zeitgeschichte in einem Forschungsverbund jahrelang gefördert. Von einem Institut zum Terrorismus wie dem norwegischen „Center for Research on Extremism“ zur extremen Rechten, zu Hasskriminalität und politischer Gewalt sei man in Deutschland weit entfernt.

Sachsen-Anhalt hat jetzt eine antifaschistische Verfassung

geschrieben von Axel Holz

29. Februar 2020

Sachsen-Anhalt ist nun offiziell ein antifaschistisches Land. Mit großer Mehrheit hat der Landtag am Freitag eine Verfassungsreform verabschiedet, die genau das verlangt. “Die Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts, die Verherrlichung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems sowie rassistische und antisemitische Aktivitäten nicht zuzulassen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Verantwortung jedes Einzelnen”, lautet der neue Paragraph 37a der Landesverfassung. Eine in deutschen Landesverfassungen beispiellose Distanzierung von der faschistischen Vergangenheit – zustande gekommen durch die Kooperation der CDU-geführten Regierungsfraktionen mit der Linken. Nur die AfD stellt sich gegen den überparteilichen Konsens. Sie zeigt damit, auf welcher Seite sie steht und wofür sie steht. Sie steht auf der Seite der Täter und sieht die NS-Geschichte auch aus dem Täterblick – als „Vogelschiss“ in der Geschichte, als gedenkpolitische Positionierung, die sie um 18o Grad drehen möchte. Gestützt werden diese Positionen durch Forderungen in den Landesparlamenten nach Kürzung der Gelder für NS-Gedenkstätten, Umwandlung des Gedenktages für die NS-Opfer in einen Gedenktag an die Opfer totalitärer Systeme, die Gleichsetzung des Völkermordes der Nazis mit Bombardements der Alliierten, die Relativierung der Verbrechen von SS und Wehrmacht auf Leistungen deutscher Soldaten, auf die man angeblich stolz sein könne. Sie lehnt auch die kritische Beschäftigung mit dem deutschen Kolonialismus ab. Kulturprojekte sollten von Ideologien wie dem „Postkolonialismus“ freigehalten werden, Museen seien vor „postkolonialem Schulddiskurs“ zu schützen. Auch wendet sich die AfD gegen die Provenienzforschung, die untersucht, ob Kulturgüter, die während des Faschismus oder der Kolonialzeit unrechtmäßig erworben wurden, zurückzugeben seien.  Gerade hat der Bundestag die Anerkennung einer weiteren bisher im KZ-System der Nazis lange vernachlässigten Opfergruppen anerkannt. Er würdigte das Leid von in der Sprache der Nazis „Asozialen“ und „Berufsverbechern“ der KZs. Zu den mehrfach verurteilten  Kriminellen mit grünem Winkel, die in KZs gesteckt wurden, kamen im Juni 1938 10.000 sogenannte Asoziale mit einem schwarzen Winkel hinzu. Darunter waren Obdachlose, Bettler, Prostituierte, Zuhälter und sogenannte Landstreicher sowie Sinti, Roma und auf ausdrückliche Anweisung Hitlers auch straffällige oder missliebige Juden. Hier zeigen sich die langen Linien des deutschen Rassismus. Ausschließlich die AfD hatte sich der Anerkennung dieser Opfergruppe im Bundestag verweigert. Die Berufsverbrecher hätten sich überdurchschnittlich oft als Kapo über das Leben ihrer Mithäftlinge hinweggesetzt, argumentierte der AfD-Abgeordnete Marc Jongen. Die Frage nach der Handlungsfreiheit der Funktionshäftlinge im  von der SS beherrschten Terrorregime war dem philosophisch gebildeten Jongen offenbar keine Erwähnung wert.

Altbundeskanzler Schröder: Arbeit der VVN-BdA ist gemeinnützig

geschrieben von Axel Holz

12. Februar 2020

Altbundeskanzler Gerhard Schröder hat dem Anwalt der VVN-BdA in einem Brief mitgeteilt, dass er die die Arbeit der VVN-BdA für gemeinnützig hält. Er bittet um Verständnis, dass er als ehemaliger Bundeskanzler Petitionen grundsätzlich nicht unterschreibt. Bereits als Bundeskanzler hatte Gerhard Schröder den Schwur der ehemaligen Häftlinge von Buchenwald  und Leittext der VVN-BdA zu den „Basisschriften unserer Demokratie“ gezählt.

Auf dem Weg zur dritten Schuld? Antifaschismus und Gemeinnützigkeit aus politischer und juristischer Sicht

geschrieben von VVN-BdA MV

10. Februar 2020

Der Entzug der Gemeinnützigkeit der Bundesvereinigung der VVN-BdA hat hohe Wellen geschlagen. Was sind die politischen Hintergründe dieser Entscheidung? Wie kann es sein, dass eine geheimdienstliche „Verufserklärung“ nach § 51 der Abgabenordnung  und der entsprechenden Ausführungsbestimmung durch das Bundesfinanzministerium angeblich „zwingend“ zum Entzug der Gemeinnützigkeit führt?

Artikel 139 Grundgesetz, der die Gültigkeit der alliierten Gesetzgebung zur Befreiung Deutschlands von Faschismus und Militarismus in der Bundesrepublik Deutschland zum Inhalt hat, ist keineswegs der einzige deutliche Beleg dafür, das dieses eine eindeutig antifaschistische Grundierung hat bzw. gehabt hat.

Diese Deutung wird seit langem, in letzter Zeit aber zunehmend von der fatalen „Antiextremismus“-Theorie überlagert, die insbesondere von „Wissenschaftler*innen“ aus dem Umfeld des Bundesamtes für Verfassungsschutz vertreten wird. Zur Waffe wird sie in den Händen der Verfassungsschutz- und neuerdings Finanzämter.

Es ist Zeit für eine fundierte Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung. Deshalb lädt die VVN-BdA herzlich ein zu einer

Podiumsdiskussion mit RA Hans E Schmitt-Lermann (München), RA Eberhard Reinecke (Köln) und RAin Gabriele Heinecke (Hamburg)

am 14. Februar, 19 Uhr,  Ort TU Berlin, Raum H 017

Eine Veranstaltung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V., der Rosa-Luxemburg-Stiftung und des ASTA TU

https://www.facebook.com/events/2464808937173576/

Gewöhnung ans Autoritäre

geschrieben von Axel Holz

5. Februar 2020

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Quelle: DVD-Cover 2017 der Studio Enterprises Hamburg GmbH

Seit dem Erscheinen von Siegfried Lenzs „Deutschstunde“ im Jahre 1968 haben Millionen den Roman gelesen. Lenz scheint einen Punkt getroffen zu haben, der die neue Generation faszinierte und die ältere nachdenklich machen konnte. Bereits 1971 wurde das Buch in einer zweiteiligen Fernsehsendung in der Regie von Peter Beauvais verfilmt. Fünfzig Jahre später läuft eine Neuverfilmung derzeit in den Kinos. In der Regie von Christian Schwochow nach einem Drehbuch seiner Mutter Heide glänzen Ulrich Nöthen in der Rolle des Dorfpolizisten Jens Ole Jespen und Tobias Moretti als Maler Max Jansen vor dem Hintergrund des Malers Emil Nolde. Beide waren lange befreundet, doch nun soll der Dorfpolizist ein in Berlin beschlossenes Malverbot der Nazis übermitteln und durchsetzen. Daran zerbrechen nicht nur beider Freundschaft, sondern beide Familien, in denen der Polizistensohn Siggi zugleich als Patenkind des Malers eine besondere Rolle spielt. Siggi bewundert den Maler, beginnt selbst zu mahlen und versteckt gefährdete Bilder des bekannten Künstlers. Gleichzeitig ist er der Gewalt des Vaters ausgesetzt, der seine Hand auf der Herdplatte verbrennt und ihn zum Spitzel instrumentalisieren will, um das Malverbot durchzusetzen. In vielen eindringlichen Dialogen werden die Welten deutlich, die die ehemaligen Freunde trennen. Dorfpolizist und Maler werden zu erbitterten Kontrahenten. Der eine beruft sich auf Pflicht und Ordnung, der andere auf die Freiheit der Kunst. Flankiert wird der Konflikt durch die jeweils sympathisierenden Frauen, Sonja Richter in der Rolle der Polizistenfrau Gudrun und Johanna Wokalek als Malergattin Ditte, die selbst eine begabte Pianistin ist. In diesem Konflikt wird Siggi hin und her gerissen. In seiner Zuneigung zu Max und dessen Bildern versteckt er die gefährdeten Bilder in einem verlassenen Haus, in dem er auch tote Vögel sammelt, die irgendwie die echten Leichenberge derselben Zeit in Erinnerung bringen. Auch der Angriff der Vögel am Strand auf Siggi und seine Schwester stimmen das Publikum fast gleitend auf die Tieffliegerangriffe der Alliierten am selben Strand ein, bei der Siggis älterer fahnenflüchtiger Bruder verletzt wird. Siggi hatte den Bruder versteckt, Maler Max ihn aufgenommen, während der pflichtversessene Vater den eigenen Sohn an die Nazis ausliefert. In der Neuverfilmung werden die als „entfremdet“ eingestuften Bilder des Malers konfisziert und mit einem LKW abgeholt. Eine Szene, die den Zuschauer an eine Deportation erinnert.

Die Pflicht, der sich der Dorfpolizist unter den Nazis und auch gleich wieder in der neuen Zeit hingibt, erinnert sehr an die heutige Sehnsucht Vieler nach neuen Autoritäten, denen sie vertrauen wollen und denen sie sich zugleich naiv ausliefern. Der Konflikt, in dem sich das Kind Siggi zwischen Autoritätsdruck und verantwortlichem Handeln befindet,kann kaum aktueller sein. In Buch und Film zerbricht Siggi an diesem Konflikt. Nach dem Krieg stiehlt er ein Bild des Malers und muss dafür in einer Jugendhaftanstalt auf einer einsamen Insel büßen, die in Schwochows Neuverfilmung eher einer Psychiatrie gleicht.  Siggi soll dort in einem Aufsatz die „Freuden der Pflicht schildern“. Nach dem er sich zunächst verweigert, findet sein Aufsatz auch nach Wochen des Schreibens kaum eine Ende. Die posttraumatische Nachwirkung seiner Kindheitserlebnisse würde man heute sagen. Die Darstellung des Konflikts von Maler und Dorfpolizist zeigt in Schwochos Verfilmung durchaus die ambivalente Seite beider Figuren und verzichtet auf eine Gut-Böse-Zuspitzung, so sehr auch der autoritäre Vater und pflichtversessene Polizist den Zuschauer nervt. Versucht der Vater doch zugleich seine Familie zu schützen, während der sympathieträchtige Maler den kleinen Siggi auch für seine Zwecke instrumentalisiert. Diese differenzierende Interpretation mit fünfzig Jahren Abstand zum Erscheinen des Buches ist tatsächlich eine Stärke des Films. Aber der Film kann zugleich nicht mithalten mit der Intensität der Dialoge in der Verfilmung von Peter Beauvais, auch wenn der, künstlerisch seiner Zeit verpflichtet, spürbare Längen aufweist. Der verdichtete Stoff unter Schwochos Regie lässt leider die Rolle der Dorfbewohner verblassen. Die sind in Beauvais Verfilmung beileibe keine Opportunisten, sondern piesacken den Dorfpolizisten regelmäßig mit norddeutscher Ruhe. Die Darstellung der aktiven und kritischen Rolle der Dorfbewohner, die selbst nie wiederständig wird, gefällt mir in Beauvais Film besser. Die Polizistenfrau Gudrun erscheint in der älteren Verfilmung fanatischer als ihr pflichtversessener Mann. Der Regisseur räumt hier mit der Mär von den angeblich untätigen Mitläufern gründlich auf. Das Gerede von der fehlenden Kritik des Films an Emil Noldes ambivalenter Rolle als Nazianhänger einerseits und seiner Situation als verfolgter „entarteter“ Künstler andererseits, entfaltet eine Debatte, die im Stoff von Lenz „Deutschstunde“ einfach nicht vorkommt und auch nicht hineingedeutet werden sollten.

 

VVN-Mitglied darf nicht als Bürgermeister kandidieren

geschrieben von Axel Holz

5. Februar 2020

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Am 15. März sind in Bayern Kommunalwahlen. Die parteiübergreifende und unabhängige „Bamberger Linke Liste“ hatte bereits im November 2019 das VVN/BdA-Mitglied Stephan Kettner als Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl in Bamberg benannt. Stephan Kettner ist in Bamberg geboren, hat aber österreichische Staatsangehörigkeit. Er wurde im Dezember vom Ordnungsamt darauf aufmerksam gemacht, dass in Bayern nur deutsche Staatsbürger kandidieren dürfen. Herr Kettner hat darauf einen Einbürgerungsantrag gestellt. Nach Prüfung durch den Verfassungsschutz soll ihm jetzt die Einbürgerung und damit die Kandidatur verweigert werden, weil er Mitglied in der VVN/BdA ist. Die VVN/BdA Bamberg sieht in dieser Verweigerung eine erneute und unerhörte Diskriminierung der VVN-BDA durch den bayerischen Verfassungsschutz. Nach dem Entzug der Gemeinnützigkeit – deren Ursache ebenso der bayerische Verfassungsschutz ist, sehen wir dies als erneuten Versuch, Antifaschist*innen in Bayern zu diskreditieren und zu kriminalisieren. Stefan Kettner kandidiert auf der BALI-Liste auch als Stadtrat. Es wird höchste Zeit, dass sich Demokraten von diesem Verhalten distanzieren. Mann kann natürlich auch darauf warten, dass die AfD die Grundrechte ganz abschafft. CSU-Behörden in Bayern leisten offensichtlich schon fleißig die Vorarbeit dafür.

PM 01-02-2019 Soziales Engagement verhindert OB-Kandidatur.

Linke fragt nach Gemeinnützigkeit der VVN-BdA

geschrieben von Axel Holz

5. Februar 2020

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Die Gemeinnützigkeit politisch aktiver demokratischer Vereinigungen ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/16520). Die Bundesregierung soll unter anderem angeben, ob sie die Einschätzung der Linksfraktion teilt, dass der Entzug der Gemeinnützigkeit der Bundesvereinigung VVN-BdA politisch falsch sei, den Rechtsextremisten helfe und gegebenenfalls durch bundesgesetzliche Initiativen korrigiert werden müsse.

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27. Januar 1945 – vor 75 Jahren wird das Vernichtungslager Auschwitz befreit

geschrieben von FIR

24. Januar 2020

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Der Januar 1945 ist geprägt durch die Tage der Befreiung des polnischen Territoriums durch die sowjetische Armee in Zusammenarbeit mit den Kräften der Anti-Hitler-Koalition.
Am 17. Januar wurde die polnische Hauptstadt Warschau befreit, am 19. Januar die südpolnische Stadt Krakau. Wenige Tage später, am 27. Januar 1945, gelang es der 60. Armee der I. Ukrainischen Front, deren Oberkommandierender Marschall I.S. Konew war, das Vernichtungslager Auschwitz zu befreien.

Auschwitz steht bis heute als Symbol für die unfassbare Monstrosität der faschistischen Vernichtungspolitik. In das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz wurden vom Sommer 1940 bis Januar 1945 über 1,3 Mio. Menschen aus ganz Europa, Juden, Sinti und Roma, politische Gegner und andere Ausgegrenzte verschleppt, mindestens 1,1 Mio. wurden in den Gaskammern, durch Erschießungen oder durch „Vernichtung durch Arbeit“ für den IG Farben Konzern und andere Rüstungsbetriebe ermordet.

Am Vormittag des 27. Januar 1945 erreichte die 322. Infanteriedivision der 60. Armee der 1. Ukrainischen Front unter dem Oberbefehl von Generaloberst Pawel A. Kurotschkin zuerst das Hauptlager von Monowitz. Einheiten der Waffen-SS und der Wehrmacht leisteten noch erbitterten militärischen Widerstand, so dass über 230 sowjetische Soldaten bei der Befreiung von Auschwitz ihr Leben ließen. Im Laufe des Tages stießen die Soldaten der Roten Armee nach Auschwitz und Birkenau vor.
Im Stammlager, in Birkenau und Monowitz trafen sie nur noch etwa 7.000 Häftlinge an. Noch in den ersten Tagen nach der Befreiung starben zahlreiche Häftlinge an Entkräftung. Unter den Befreiten befanden sich über 200 Kinder im Alter bis zu 15 Jahren, zumeist Zwillinge, die als Versuchsobjekte für SS-Ärzte vorgesehen waren. Auf dem Gelände selber fanden die sowjetischen Soldaten etwa 600 Tote – Lagerinsassen, die von SS-Männern noch unmittelbar vor ihrem Abzug erschossen worden waren.
Die Überlebenden von Auschwitz formulierten Anfang März 1945 in einer Botschaft: „Wir, die geretteten ehemaligen Häftlinge, verdanken unsere Rettung der tapferen Roten Armee und bitten die internationale Öffentlichkeit und ihre Regierungen hiervon Kenntnis zu nehmen und in unserem Namen hierfür Dank abzustatten.“

Seit über einem Jahrzehnt wird – auf Beschluss der Vereinten Nationen – der 27. Januar weltweit als Internationaler Gedenktag für die Opfer des Holocaust begangen. Auch die FIR und ihre Mitgliedsverbände nehmen dieses Datum vielfach zum Anlass, der Opfer der Vernichtungspolitik zu gedenken und gleichzeitig an die Befreier zu erinnern.

Es ist in unseren Augen daher ein Skandal, wenn gerade auch zum 75. Jubiläum dieser heroischen Leistung im Zweiten Weltkrieg insbesondere die polnische Regierung glaubt, die Befreiung des eigenen Territoriums von der faschistischen Barbarei durch die Kräfte der Anti-Hitler-Koalition glaubt ignorieren zu müssen. Nicht die Regierung oder die Stadtverwaltung, sondern Veteranen des Krieges und antifaschistische Verbände gedachten am 17. Januar 2020 der Befreiung von Warschau. Und bei der internationalen Gedenkfeier am 27. Januar in Auschwitz selber ist zwar der deutsche Bundespräsident Steinmeier, aber nicht der Vertreter des russischen Staates eingeladen.

Die FIR und ihre Mitgliedsverbände werden die Befreiungsleistungen der Kämpfer der Roten Armee als Teil der Anti-Hitler-Koalition niemals vergessen – gerade nicht am 27. Januar 2020.

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