Aufruf zur Kampagne Aufstehen gegen Rassismus

13. April 2016

 

Fast täglich greifen Rassisten und Rassistinnen Flüchtlingsheime an, islamfeindliche Übergriffe nehmen zu. Erschreckend viele Menschen nehmen an fremdenfeindlichen und rassistischen Demonstrationen teil. Pegida hetzt gegen Geflüchtete und Muslime und Musliminnen.

Währenddessen wird die „Alternative für Deutschland“ (AfD) zunehmend zum Sammelbecken für Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. An vielen Orten ist die AfD Zentrum der extremen Rechten geworden. Abgeordnete der AfD verbreiten Nazi-Parolen und hetzen gegen Andersdenkende.

Die AfD ist zu einer ernsthaften Gefahr geworden, für all jene, die nicht in ihr rechtes Weltbild passen.

 

Deine Stimme gegen rechte Hetze

Wir wollen dem ein Ende machen. Wir greifen ein, wenn Rassistinnen und Rassisten Menschen in unserer Mitte attackieren. Menschenverachtender Stimmungsmache gegen Geflüchtete, Musliminnen und Muslime, Roma und Romnija, Sinti und Sintiza, Jüdinnen und Juden treten wir entgegen.

Wir wehren uns gegen Mordanschläge und Pogrome gegen Geflüchtete. Mit Aufforderungen wie zum Schusswaffengebrauch gegen Geflüchtete an der Grenze wird die AfD zum Stichwortgeber für solche Übergriffe.

Wir sind viele. Wir heißen Geflüchtete willkommen. Wir stehen auf gegen den Rassismus von Pegida, AfD, NPD & Co. Wir erheben unsere Stimmen, um in die gesellschaftlichen Debatten einzugreifen, gegen rechten Populismus.

Wir wenden uns gegen Obergrenzen und Grenzschließungen, die Wasser auf den Mühlen der Rassistinnen und Rassisten wären. Wir stehen für eine offene und gerechte Gesellschaft. Wir lassen nicht zu, dass Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Wir wollen Solidarität, Zusammenhalt und ein besseres Leben für alle!

 

Unsere Alternative ist Solidarität

Wir werden weiterhin Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen. Asyl ist Menschenrecht.

Wir wollen verhindern, dass Rassistinnen und Rassisten Raum für ihre Hetze bekommen.

Wir werden uns stark machen für gleiche politische und soziale Rechte für alle Menschen.

Wir werden uns der AfD überall entgegenstellen, ob auf der Straße oder in den Parlamenten.

Überall wo die Rassistinnen und Rassisten von AfD und Co. demonstrieren, sprechen oder auf Stimmenfang gehen, werden wir präsent sein und klar und deutlich sagen: Wir stehen auf gegen Rassismus! Keine Stimme für rechte Hetze!

 

Dem Verbreiten von Hass setzen wir eine bundesweite antirassistische Aufklärungskampagne entgegen: im Stadtteil, in der Schule, an der Uni, im Betrieb, im Theater, im Konzertsaal – überall!

Wir setzen auf die Aktivität von Vielen. Gemeinsam werden wir klarstellen: Rassismus ist keine Alternative!

 

Zauberlehrlinge: Aus dem Katastrophengebiet zwischen Links und Rechts

9. März 2016

Es sollte eigentlich nicht schwer sein, zwischen »Rechten« und »Linken« unterscheiden zu können. Ziele und Wertvorstellungen beider politischer Lager sind nicht nur grundverschieden, sondern gegensätzlich. Totalitarismus- und Extremismustheoretiker sehen das bekanntlich anders. Ihr Hauptziel besteht darin, Weltanschauung und politische Praxis der Linken mit den Verbrechen des Nazismus zu verbinden und damit generell in den Ruch des Verbrechens zu bringen. »Querfront« ist nun die Zwillingsschwester dieser Doktrin. Sie ist der Versuch, Rechts und Links tatsächlich in eine Arbeitsbeziehung zu bringen oder gar zusammenzuführen. Querfront soll demnach nicht nur möglich, sondern auch noch gut sein.

Mit demselben Begriff werden allerdings zwei verschiedene Phänomene bezeichnet, die zwar häufig gleichzeitig auftreten, letztlich aber gegeneinander gerichtet sind. Seit dem Ersten Weltkrieg lassen sich für Deutschland mindestens ein Dutzend Situationen benennen, in denen in der Regel gleichzeitig Versuche gegenseitiger Kontaktaufnahme, Beeinflussung, Übernahme und Infiltration rechter und linker Politik stattgefunden haben. Idealtypisch lassen sie sich wie folgt beschreiben:

a) Teile der rechten Bewegung integrieren in besonderem Maße Begriffe der politischen Linken und versuchen zugunsten einer gemeinsamen Feindorientierung gegen »den Westen« mit der Linken Kontakte und Beziehungen einzugehen.

b) Phasenweise versuchen Teile der linken Bewegung die Anhängerschaft der rechten Massenbewegung zu erreichen, zu beeinflussen und zur eigenen Bewegung herüber zu ziehen. Dabei werden Begriffe der Rechten wie »nationale Befreiung« usw. aufgenommen. Man stellt sich als eigentlichen Sachwalter der Nation dar.

Da immer schon Russland im Zentrum des Interesses beider Strömungen gestanden hat, ist es auch nicht verwunderlich, dass die sowjetische und erst recht die russische Außenpolitik ein waches Auge auf sie hatte und sie seit einigen Jahren auch aktiv fördert und nutzt.

Verkompliziert wird das Wechselspiel dadurch, dass einzelne Akteure von der einen auf die andere Seite gewechselt sind. Die Bewegungsrichtung von Links nach Rechts ist die häufigere. Das historisch erste Beispiel dafür – Benito Mussolini – war auch gleich das politisch gravierendste.

Historische Beispiele
Die Ursprünge der rechten Infiltrationsversuche finden sich direkt im Herrschaftsapparat des deutschen Kaiserreichs, nämlich der Auslandsabteilung der Obersten Heeresleitung. Dort wirkte während des Ersten Weltkrieges der Publizist Arthur -Moeller van den Bruck, nach 1918 zentrale Figur des deutschen antidemokratischen Konservatismus, der sogenannten »Konservativen Revolution«. Sein früher Tod 1925 verhinderte seine direkte Kompromittierung durch das NS-Regime, das aber immerhin seine Vokabel »Das Dritte Reich«, Titel seines Hauptwerkes, in sein Repertoire aufnahm. Moeller glaubte an die »russische Seele« und feierte ihre Brutalität, Autoritätshörigkeit und ihre antiwestlichen Reflexe und ließ sich auch von der Sowjetisierung nicht davon abbringen. Gerade in dieser wollte er einen spezifisch »russischen Sozialismus« sehen, einen Bruder und Kampfgefährten des von ihm angestrebten preußischen oder »deutschen Sozialismus«. Den ideologischen und geopolitischen Hauptfeind des von ihm vertretenen deutschen Imperialismus sah Moeller im »Westen«, damals Großbritannien und Frankreich. (Siehe auch antifa 1/15: »Alte Assoziationen. Warum Teile der deutschen Rechten gerade pro-russisch sind«)

Moellers Avancen blieben nicht unerhört und fanden1923 in einem öffentlichen Diskurs zwischen Moeller und Karl Radek ihre ideologiegeschichtlich sozusagen idealtypische Ausprägung. Der kommunistische Politiker Radek (1939 im Gulag umgekommen) war 1923 Vertreter der Komintern für Deutschland. Im Juni hielt er eine vielbeachtete Rede »Leo Schlageter, der Wanderer ins Nichts«, die auch in der rechten Presse Deutschlands veröffentlicht wurde. Sie richtete sich ausgehend vom Schicksal des von den Franzosen hingerichteten Freikorpsmanns Leo Schlageter, direkt an die deutschen Rechtsradikalen, insbesondere die Freikorpskämpfer. Er suchte, diese für die proletarische Revolution zu gewinnen, indem er sie als »mutige Soldaten der Konterrevolution« ansprach, die es verdienten »männlich-ehrlich gewürdigt« zu werden.

Was heute an Radeks Rede verwundert und erschüttert, ist das offene Buhlen um den bewaffneten und terroristischen Arm der deutschen Rechten, dem zu diesem Zeitpunkt immerhin bereits die beiden Gründer der KPD zum Opfer gefallen waren.

Radek bagatellisierte die Schuld und das Interesse des Deutschen Reiches am Ersten Weltkrieg. Ausgerechnet General Ludendorff, de facto Militärdiktator während des Krieges, stellte er als Söldling des Westens dar. Schieber und Spekulanten und das Ententekapital werden als Feinde benannt. Die »patriotischen Kreise Deutschlands« mögen sich entscheiden, ob sie »die Sache der Mehrheit der Nation« zu der ihrigen machen wollen, um eine Front gegen das »ententistische« und – hier sollte für Moeller das Problem bestehen – auch gegen das deutsche Kapital zu bilden.

Moeller antwortete in Zeitungsartikeln, die wiederum auch in einer KPD-Broschüre abgedruckt wurden, ablehnend und beide wandten sich ernüchtert voneinander ab. Der Grundkonflikt wurde deutlich und hat sich seitdem vielfach wiederholt. Es besteht ein auch durch viele Worte nicht aufhebbarer Grundkonflikt der Wertehierarchien. Ist für Moeller die Nation das höchste Gut und die Klasse ihm untergeordnet, ist es bei Radek genau andersherum.

Mit der Erörterung zahlreicher weiterer Beispiele – in diesem Zusammenhang insbesondere bedeutsam die Versuche sogenannter »nationalrevolutionärer« Neofaschisten, auf die Friedens- und Umweltbewegung der 1980er Jahre in der alten Bundesrepublik einzuwirken – könnte man lange fortfahren. Man käme allerdings immer wieder zu denselben beiden Ergebnissen. Jedes Mal endete das Projekt in einem Desaster für die Linke, was diese ebenso zuverlässig nicht daran hinderte, es einige Zeit später erneut zu versuchen.

Aktuelle Anknüpfungspunkte
In der Gegenwart ist es das Thema »Frieden« in Kombination mit »Russland-Solidarität« und »Souveränität für Deutschland«, mit dem sowohl offene Neonazis wie die NPD als auch rechtspopulistische Straßenbewegungen, als eben auch die sogenannten »Mahnwachen für den Frieden« zu punkten versuchen. Im Fokus der rechten Infiltrationsversuche steht die Friedensbewegung oder genauer gesagt – seien wir ehrlich – die ausgezehrten Reste der traditionellen Friedensbewegung.

Um diese »Mahnwachen« bzw. dieselben Akteure und Strömungen, die nach dem Scheitern ihres ersten Anlaufes gerade versuchen, in die Kampagnen gegen »Drohnen« einzudringen, tobte bekanntlich ein harter Kampf. In diesem hat sich die VVN-BdA von Anfang an eindeutig gegen jede Einflussnahme nationalistisch-rechtsgestrickter Akteure gewehrt. als auch die Bereitschaft diverser Politiker des linken Spektrums, mit eben diesen Akteuren zusammen zu arbeiten, kritisiert.

Hier tritt wiederum ein erheblicher Wertekonflikt zutage. Mancher ist bereit, zugunsten der Losung »der Feind meines Feindes ist mein Freund« grundlegende Anliegen des Antifaschismus – die Achtung der Menschenrechte und die Niederringung faschistischer Ideologie und Politik – hintan zu stellen. Die VVN-BdA ist dazu nicht bereit.

Es ist nun an der Zeit, einige der Rechts-Links-Annäherungsversuche nüchtern zu betrachten. Im Vordergrund zahlloser Berichte und Kritiken standen bislang informelle Netzwerke aus Autoren, Online-Medien und Aktivisten. Tatsächlich bilden aber auch zwei traditionelle Organisationen wichtige Knotenpunkte, nämlich die »Freidenker« und die eng mit ihnen verbundene »Arbeiterfotografie«.

Organisationen und Strukturen
Der Verband der »Freidenker«, insbesondere dessen Bundesverband, ist einer der vehementesten Vertreter einer Zusammenarbeit mit Mahnwachen und ähnlichen Akteuren. Eigentlich ein Verband der Konfessionslosen und linken Kirchenkritiker, verhält er sich unter der Führung seines Vorsitzenden Klaus Hartmann seit einigen Jahren eher wie eine Art Partei mit allgemeinpolitischem Anspruch. Wenn es um Antifaschismus geht, vertritt der Verband dieselbe dogmatische Verengung, wie sie anhand des Duos Witt-Stahl/Sommer beschrieben wurde (siehe antifa-Ausgabe 5/15: »Ein Stahlgewitter«). Aus zahlreichen Orten wird berichtet, dass Freidenker-Aktivisten die VVN-BdA systematisch abwerten, was sich mit schriftlichen Äußerungen aus ihren Reihen deckt.

Das Verbandsmagazin »Freidenker« lässt nun anhand der Ausgabe 1/15, die unter dem Titel »70 Jahre Befreiung von Faschismus und Krieg« steht, eine Zusammenschau zu. Bereits der Umschlag macht deutlich, dass es dem Verband wichtig ist, als antifaschistisch zu gelten. Die Vorderseite ziert das Wolgograder Denkmal zum sowjetischen Sieg in Stalingrad und die Rückseite das Fritz-Cremer-Denkmal in Buchenwald, ergänzt mit den häufig zitierten Auszügen aus dem Schwur von Buchenwald. Der notwendige Hinweis, dass es eben nur Auszüge sind, fehlt allerdings, was angesichts des Heftinhaltes keine sprachliche Lappalie ist. Würde man den ganzen Text heranziehen und nicht nur die Sätze aus denen man Bestätigung für das eigene Anliegen zu finden meint, würde man bemerken, dass der Schwur sich ausdrücklich bei den »verbündeten Armeen« bedankt. Als einziger namentlich genannter Politiker wird US-Präsident Roosevelt herausgehoben als »des grossen Freundes der Antifaschisten aller Länder, eines Organisatoren und Initiatoren des Kampfes um eine neue demokratische, friedliche Welt.«

Der Aufmacher »Verständigung statt Konfrontation«, gibt eine Einschätzung der gegenwärtigen globalen Lage und leitet eine politische Strategie ab. Demnach besteht ein »neuer Systemkonflikt« zwischen den »USA und anderen imperialistischen Zentren« einerseits und Ländern, die einen »neuen Typ von relativ fortschrittlichem ›Staatskapitalismus‹ verkörpern« andererseits. Dazu wird insbesondere das Russland Putins gezählt, aber auch jeder Staat, der sich »der imperialistischen Aggression« erwehrt.

Die USA würden im Gegensatz zu Russland von einer »parasitären Schicht der Finanzoligarchie« beherrscht, eine Begrifflichkeit die gleich fünfmal auftaucht. Abgesehen davon, dass die Autoren das russische Oligarchentum ignorieren, ist hier das Bemerkenswerte die Unterscheidung zwischen »gutem« und »schlechtem« Kapital. Auf der Seite des guten Kapitals sollen dem Text zufolge die »Kräfte der nationalen Selbstbehauptung« stehen, die die »Lebensinteressen der Völker« verteidigen. Für Deutschland wird die Wiedergewinnung der »Volkssouveränität« gefordert in Kontrast zur NATO, die aus Deutschland »raus« solle.

Zur Frage der NPD, der wichtigsten neofaschistischen Organisation Deutschlands, wird nur behauptet, dass diese »geheimdienstlich« gesteuert sei. Wichtig ist den Autoren die Entschuldung der »Massen« bezüglich ihrer Beteiligung am historischen Faschismus. Für die Gegenwart fordern die Autoren, die sich ansonsten für klare »Freund-Feind-Unterscheidungen« stark machen, dass man sich mit »Rechtspopulisten« »politisch auseinandersetzen« solle.

Zusammengefasst ergibt dies eine Weltsicht, die in frappierendem Kontrast zum Anliegen eines antifaschistischen Verbandes steht. Es wird die klare Möglichkeit zum Andocken von Anhängern mit weit rechts stehenden Ansichten eröffnet.

Eine bemerkenswerte Affinität entwickeln diverse Freidenker-Autoren, die häufig gegen einen deutschen »Polizeistaat« polemisieren, in Schrift, Wort und Tat zur Zeit insbesondere und ausgerechnet gegenüber dem Assad-Regime. »Syrien – Der gefährliche Mythos einer ›friedlichen Revolution‹« titelt ein Beitrag ihrer Homepage und entschuldet in Verdrehung der Tatsachen das jahrzehntealte Diktatoren-Regime von seiner wesentlichen Verantwortung für den syrischen Bürgerkrieg.

Wenn sich Freidenker etwas mehr mit der Realität des deutschen Neofaschismus beschäftigen würden, hätte ihnen auffallen können, dass sich das Assad-Regime größter Sympathien bei NPD und anderer Neofaschisten erfreut. Erst kürzlich kehrte z.B. der NPD-Europaabgeordnete Udo Voigt von einer Reise nach Damaskus zurück, zu der er eine offizielle Einladung der syrischen Regierung erhalten hatte und die er mit ganz ähnlichen Argumenten unterstützt, wie die linken Assad-Freunde.

Das verbandspolitische Ergebnis ist für die Freidenker einerseits eine starke Einengung ihres Bündnisspektrums, andererseits aber auch ein Zuwachs an besonders aktiven Mitstreitern, die an der Verschärfung des eingeschlagenen Kurses erheblich mitwirken. Verloren gegangen ist dabei die Fähigkeit, offenkundig irrationale und wahnhafte Personen abzuwehren.

Zu nennen ist insbesondere der 2008 aus Island zugewanderte Elias Davidsson, der auf die Leugnung des Islamismus im Allgemeinen und des Terroranschlags vom 11. September im Besonderen spezialisiert ist. Das tat er nicht nur im Rahmen der Freidenker, sondern beispielsweise auch bei der Burschenschaft Normannia-Nibelungen und zwar auf demselben Podium wie das Mitglied der ehemaligen Wehrsportguppe Hoffmann und verurteilte Neonazi-Terrorist Odfried Hepp, Anfang der 1980er verantwortlich für Bombenanschläge auf US-Soldaten.

Gleichfalls umtriebig zeigte sich der Freidenker-Aktivist Hartmut Barth-Engelbart. Dieser verbreitet z.B. die Meinung, die Amerikaner hätten den »antifaschistischen Widerstand« in Deutschlands Innenstädten bombardiert, um das deutsche Kapital zu retten. Gleichzeitig kann er nicht »Israel« schreiben, ohne drei negative Adjektive hinzuzufügen.

Übernahme der »Arbeiterfotografie«
Weiter noch als die »Freidenker« ist ein anderer aus dem kulturellen Milieu der Arbeiterbewegung stammender Verband gegangen, nämlich der »Bundesverband Arbeiterfotografie« mit Sitz in Köln. Organisatorisch geschwächt, ist es leider dazu gekommen, dass die Kontrolle über Homepage, Zeitschrift und den guten Namen des Verbandes von den Kölnern Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann usurpiert werden konnte.

Im Ergebnis sahen sich u.a. Mitglieder der VVN-BdA, die dem Verein angehörten gezwungen, diesen zu verlassen und 2011 mit »r-mediabase« ein neues fortschrittliches Foto-Portal zu gründen. (siehe: http://www.r-mediabase.eu) Auch das Ehrenmitglied Gabriele Senft, eine der bekanntesten Fotografinnen der linken Szene, hat sich in einem offenen Brief vom 21.6.14 ausdrücklich von der Arbeiterfotografie distanziert. Sie schrieb: »Die Forderungen der sogenannten ›neuen Friedensbewegung‹ um Jürgen Elsässer, Ken Jebsen und Lars Mährholz, sowie auch die seit längerem von der ›NRhZ‹ zur Verfügung gestellte Möglichkeit für Elsässer, seine rechtspopulistischen Gedanken zu äußern und die Bestrebungen, rechts und links zu verwischen und nun sogar die NPD zu neuen ›Friedensengeln‹ umzudeuten, das hat mir gezeigt, dass es überfällig ist, ohne Rücksicht auf persönliche Gefühle, klare Position zu beziehen.«

Fikentscher und Neumann pflegen ein manichäisches Weltbild, in dem die USA als das allumfassend Böse dastehen. Diesem Dogma wird alles andere untergeordnet, was dazu führt, dass sie sich an die Seite des früheren iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, Libyens damaligen Diktator Gaddafi, Syriens Diktator Baschar al-Assads, aber auch des der FPÖ-Chefs Jörg Haider stellten. Dessen Unfalltod erklärten sie auf hanebüchene Weise mit einer Geheimdienstverschwörung. Überhaupt ist der Begriff der »Verschwörung« bei beiden allgegenwärtig. Mit seiner Hilfe beugen sie jedes Ereignis so zurecht, dass es ihr Weltbild stabilisiert. Sie schrecken auch nicht davor zurück, sich diesbezüglich positiv auf den beunruhigend erfolgreichen Kopp-Verlag mit seinem Wust an rechtsextremen und wahnhaften Produkten zu beziehen. Wenn es nach der Arbeiterfotografie geht, sind die USA sogar für das Erdbeben von Fukushima verantwortlich, das sie mit Hilfe einer geheimnisvollen Erdbebenwaffe erzeugt hätten.

Geht es um extreme Rechte, wiegeln beide ab. Proteste gegen die rechtsradikalen Hooligan-Schläger von »Hogesa« lehnten sie ab. Wichtigstes Sprachrohr der beiden ist die Internetplattform »Neue Rheinische Zeitung«, deren Kontrolle sie ebenfalls übernommen haben. Daneben veröffentlichen beide u.a. zusammen mit Klaus Hartmann das Periodikum »Das Krokodil«, das man als Plattform für Ideologie rechter wie linker Provenienz bezeichnen muss. Hier ergriffen Finketscher/Neumann beispielsweise Partei für das rechtsextreme Demo-Projekt »EnDgAme«.

Zum Offenbarungseid geriet im April 2012 die Reise einer deutschen Delegation in den Iran mit Empfang bei Ahmadinedschad. Ihr gehörten sowohl vorgebliche Linke wie Davidsson, Finketscher und Neumann als auch der frühere Linke und heutige Rechtsextremist Jürgen Elsässer und der rechtsextreme Filmemacher Karl Höffkes an.

Die Vereinfachungs-Industrie
Typisch für die Szene sind »politische Unternehmer« wie Jürgen Elsässer. Ohne tragende Bewegung und demokratische Kontrolle werfen Einzelne neue Projekte auf den Markt, häufig auch mit deutlich erkennbaren persönlichen ökonomischen Interessen. Das selbstreferentielle Netzwerk aus Onlineformaten, Zeitschriften, Initiativen wie Pegida und den Montagsmahnwachen und immer wieder denselben Autorinnen und Autoren, das verbissen am rechten Volksaufstand arbeitet, ist umfangreich und erfolgreich.

Bei weitem bedeutsamer als das »Krokodil« ist das publizistische Flaggschiff der Querfrontaktivisten, nämlich das von Elsässer herausgegebene Monatsmagazin »Compact«. Sehr präsent an den Kiosken, hat es seit seiner Gründung 2010 bereits auf eine Auflage von mittlerweile ca. 30.000 Exemplaren geschafft, begleitet von jährlichen Kongressen und anderen Veranstaltungen, sowie einem eigenen Internet-»Fernsehen«.

Compact arbeitet auf seinen Kongressen offen mit dem Institut »IDC« (Institut de la Democratie et de la Cooperation«) mit Sitz in Paris zusammen. Trotz seines Namens handelt es sich dabei um eine Vorfeldorganisation des russischen Staates. Diese Zusammenarbeit erklärt vielleicht auch die Stabilität des Projektes Compact, das ohne kommerzielle Werbung erscheint. Immerhin weist das Magazin laut seiner einsehbaren Steuerunterlagen eine unerklärte Finanzierungslücke von jährlich 100.000 Euro auf.

Ganz wichtig ist für Compact, dass als honorig geltende Personen es nicht lassen können, dabei zu helfen, die rechtsradikale Agenda durch ihre Auftritte zu verschleiern. Dazu zählen insbesondere Willy Wimmer (CDU) und auch der mittlerweile verstorbene Egon Bahr (SPD), der sich in dieser Umgebung auch noch als ausgesprochen »national« outete.

Elsässers Biografie ist verbunden mit wesentlichen Medien und Bewegungen der deutschen Linken (u.a. »Kommunistischer Bund«, die Zeitschrift »Konkret« und die Tageszeitungen »junge welt« und »Neues Deutschland«). Er ist also nicht nur ein gelernter Linker, sondern einer derjenigen, die deren Diskurs nicht unwesentlich mitbestimmt haben. Elsässer ist so etwas wie ein Menetekel dafür, wohin es kommen kann, wenn sich organisatorisches Geschick, überzogenes Geltungsbedürfnis und moralische Skrupellosigkeit mit einem fetischistischen Kritikverhalten verbinden.

Dass berechtigte Kritik am Bestehenden in etwas umschlagen kann, was wiederum selbst ein Problem ist, musste Wolfgang Lieb, der Mitherausgeber der bekannten Internetplattform »Nachdenkseiten« erleben. Dieser sah sich gezwungen, sich am 23.10.15 von seinem eigenen Projekt zu distanzieren, weil es selbst zu einem Meinungsmacheprodukt und zwar mit Schlagseite nach rechts geworden ist. Lieb hält es für falsch, das »Freund-Feind-Schema« der deutschen Medien mit »umgekehrten pauschalen und einseitigen Schuldzuweisungen« aufbrechen zu wollen. Er schreibt weiter: »Wenn man das Bemühen um Objektivität und Unabhängigkeit vernachlässigt, gerät man leicht selbst in ein zweifelhaftes publizistisches Umfeld. Die Antwort auf eine Form der Meinungsmache kann meines Erachtens nicht eine andere Form von Meinungsmache sein.«

Grundlage für das Denken der linken und rechten Vereinfacher ist die Fiktion, dass es einen unkompromittierten Satz »alternativen Wissens« geben müsse, der als reine Wahrheit der »Lügenpresse« entgegenzustellen sei. Statt kritischer Nachfrage und Quellenkritik wird unkritisches Nachbeten von Vorurteilen, Mythen, Ressentiments und Feindbildern eingeübt. Die werden jedoch nicht dadurch fortschrittlich, dass sie sich gegen die vorherrschende Meinung richten.

PEGIDA-Rassisten entlarven

geschrieben von Axel Holz

30. Dezember 2015

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Seit über einem Jahr treffen sich im Dresden wöchentlich Tausende Menschen zu einer rassistischen Demonstration, die die Initiatoren Spaziergang nennen.
Zu mehr Zivilcourage hat Justizminister Heiko Maas die Bevölkerung aufgefordert, um rassistischen Tendenzen in der Bevölkerung entgegenzutreten, die sich immer unverhohlener auf den Straßen unseres Landes öffentlich entladen und verharmlosend als Sorgen und Nöte „der Bürger“ daherkommen. Interessant ist, dass die Initiatoren und Teilnehmer von „den“ Bürgern sprechen, obwohl sich bundesweit Hunderttausende für Flüchtlinge einsetzen, bei der Flüchtlingsversorgung und – Betreuung helfen oder mit Spenden unterstützen. Der Impetus der PEGIDA-Bewegung in Dresden und, abgespeckt, in vielen Städten des Landes ist typisch für rechtspopulistische Bewegungen: im Namen angeblich aller Bürger, gegen die „etablierte“ Politik, gegen die die „Lügen-Presse“, gegen Flüchtlinge und für nationale Interessen, die auffällig völkisch daherkommen und gegen das demokratische System schlechthin antreten. Nicht zufällig hat in der aufgestauten Atmosphäre der PEGIDA-Demos der Hass gegen Migranten und Flüchtlinge zugenommen, der als verankertes Vorurteil bereits seit Langem in breiten Teilen der Bevölkerung von der Friedrich-Ebert-Stiftung festgestellt wurde.
Trotz Spaltung der Bewegung um den umstrittenen ehemaligen Dogendealer und Wurstverkäufer Lutz Bachmann nach dessen Hitler-Bild-Posting und dem Austritt der Vorzeigefrau Kathrin Oertel aus dem Organisationsteam von PEGIDA hat sich die rechtspopulistische Bewegung mit der Flüchtlingskrise stabilisiert und zum außerparlamentarischen Arm der AfD entwickelt. Zwischen der rechtspopulistischen Partei und der PEGIDA-Bewegung gibt es neben dem rassistischen Grundkonsens schon lange direkte Kontakte und Verweise aufeinander. Nicht zufällig wirken die Vertreter der neuen Rechten in beiden politischen Erscheinungen mit. Denn was mit PEGIDA in vielen Städten organisiert wird und sich in Dresden als Massenbewegung etabliert hat, hatten sich die Vertreter der neuen Rechten in ihren Think Tanks nicht nur gewünscht, sondern auch vorbereitet. So ist es kein Zufall, dass der Mitbegründer des „Instituts für Staatspolitik“, Götz Kubitschek, schon lange bei der Dresdner PEGIDA mitmischt. Er ist seit Jahren einer der Köpfe dieses Zirkels Rechtsintellektueller. Von seinem Rittergut in Schnellroda in Sachsen-Anhalt, dem Sitz des neurechten Instituts, gibt er die ultrarechte Zeitung „Sezession“ heraus. In trauter Runde finden sich im Institut die Spitzen der neuen Rechten wieder, wie Junge-Freiheit-Herausgeber Dieter Stein oder der Burschenschaftler Felix Menzel. Neu an dieser Rechten ist, dass sie mit ihrem Konzept eine Blaupause für rechtspopulistische Bewegungen erstellt hat, die in Europa schon Wirklichkeit ist und nun auch in Deutschland Fuß fasst. Entgegen dem Selbstverständnis der neofaschistischen NPD verzichten die neuen Rechten auf öffentliche NS-Nostalgie, lehnen mit ihr aber umso deutlicher Pluralität, Feminismus und Multikulturarität in der Gesellschaft ab. Das, was sich die Köpfe der neuen Rechten lange vorher ausgedacht haben, wird nun auf die Straße getragen und soll der Beginn einer neuen rechten „Volksbewegung“ werden. Teil des Konzeptes ist, dass dem massenhaften Protest auch bald öffentlicher Widerstand gegen „das System“ folgen soll. Spätestens da sollten Verfassungsschützer aufhorchen, die sich aber offensichtlich lieber damit beschäftigen, wie ihre Rolle in der NSU-Affäre weiter möglichst im Dunkeln bleibt. Kubitchek sieht im Widerstand eine Pflicht und fordert zum Bau von Grenzzäunen und zum Blockieren von Grenzübergängen auf, wie dies am 8. November kurz vor dem Tag des deutschen Mauerfalls im Bayrischen Schirnding geschehen ist. Mit einer Menschenkette von wenigen hundert Teilnehmern gegen die Aufnahme von Flüchtlingen legten die Organisatoren nach. Der Herausgeber des rechten Magazins „Compact“, Jürgen Elsässer, warnte vor einer angeblich tödlichen Gefahr durch „Kulturbereicherer mit Hormonstau“. Grenzblockierer im sächsischen Sebnitz und Blockierer eines Flüchtlingsheims im Chemnitzer Stadtteil Einsiedel nannte er vorbildlich. Mit im Team ist auch Björn Höcke, der Thüringer Chef der AfD, der in Erfurt regelmäßig gegen Flüchtlinge und Politiker hetzt. Die Frucht der rassistischen Vorurteilsbildung der letzten Jahrzehnte, die die neue Rechte aktiv begleitet hat, scheint aufzugehen. Deshalb kommt der Aufruf von Justizminister Mass zu mehr antirassistischer Zivilcourage der Deutschen spät, aber nicht zu spät.

Gedenkstätte Sülstorf erneuert

geschrieben von Axel Holz

17. Dezember 2015

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Einweihung am 15November 2015Am 15. November 2015 hatten Landrat Rolf Christiansen und Horst Busse, Bürgermeister der Gemeinde Sülstorf, zur Einweihung der neu gestalteten Gedenkstätte für die Opfer des Transport-Zuges aus dem KZ Helmstedt-Beendorf eingeladen. Hier waren 53 Jüdische Häftlinge 1947 auf einem Ehrenfriedhof begraben worden, die im April 1945 mit dem Zug aus dem Außenlager des KZ Neuengamme unterwegs waren, wo sie in Zwangsarbeit in der V-Waffenproduktion beschäftigt waren. 4.350 Häftlinge wurden in 60 Waggons mit bis zu 120 Personen je Waggon zum KZ Wöbbelin auf einem Ehrenfriedhof begraben worden, die im April 1945 mit dem Zug aus dem Außenlager des KZ Neuengamme unterwegs waren, wo sie in Zwangsarbeit in der V-Waffenproduktion beschäftigt waren.
transportiert. Der Transport stand vom 13. bis zum 15. April 1945 in Sülstorf. Die meisten Häftlinge waren erschöpft und konnten die Waggons kaum aus eigener Kraft verlassen. Sie erhielten in Sülstorf zum ersten Mal Verpflegung, die auf Befehl der SS durch die Sülstorfer Bevölkerung gekocht und zum Bahnhof gebracht werden, recherchierte eine Schülergruppe innerhalb eines Projektes der Gedenkstätte Wöbbelin. Hunderte Häftlinge starben an Hunger oder wurden von SS-Leuten erschlagen oder erschossen. Sie waren in mehreren Massengräbern verscharrt worden, die zur Tarnung mit Flugzeugtrümmern bedeckt wurden, heißt es in Zeugenaussagen. Der Tod der Häftlinge bot den Stoff für Willi Bredels Erzählung „Das schweigende Dorf“. Pastor Helwig aus Sülstorf berichtete dem evangelischen Oberkirchenrat, dass sich in seiner Gemeinde ein Massengrab befinden soll. Dieser informierte die VVN, belegen Archivmaterialien. Der Leiter des VVN-Büros in Schwerin, Kurt Schliwski, war an den Ermittlungen beteiligt, die die Kriminalpolizei durchführte. Darüber berichtet er in seinen Erinnerungen, die die Historikerin Regina Scheer 1986 aufschrieb und die 2014 von der VVN-BdA kommentiert veröffentlicht wurden und im VVN-Shop erhältlich sind. Einige der exhumierten Leichen wiesen Schussverletzungen auf oder wurden erschlagen, belegen die kriminaltechnischen Untersuchungen, die sich im Landesarchiv fanden.
In der Mitgliederversammlung des Vereins Mahn- und Gedenkstätten im Landkreis Ludwigslust-Parchim e. V. wurde 2015 einstimmig beschlossen, die Gedenkorte des Landkreises, anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus würdevoll neu zu gestalten, auch die Gedenkstätte Sülstorf. Zunächst wurde die Gedenkstätte nach den Plänen des Schweriner Landschaftsarchitekten Mathias Proske als Spendenleistung gärtnerisch neu gestaltet. Ein Großteil des Bewuchses wurde im Frühjahr 2015 durch die Agrarproduktgesellschaft Lübesse entfernt. Notwendige Pflegearbeiten wurden durch den Gemeindearbeiter und durch Schüler des Gymnasialen Schulzentrums „Felix Stillfried“ Stralendorf durchgeführt. Am 1. Mai 2015 fand anlässlich der Internationalen Begegnung der Generationen eine Gedenkveranstaltung in Sülstorf statt, bei der auch Landesrabbiner William Wolf anwesend war. Mehrere Unternehmen aus der Region erbrachten Arbeitsleistungen im Wert von ca. 8.000 Euro für die Erneuerung der Gedenkstätte, denn von der Stiftung der Sparkasse gibt es in Mecklenburg-Vorpommern nur 50.000 Euro zur Erhaltung von insgesamt sechs Gedenkstätten. Die Hilfe vor Ort funktioniert gut, weil die Gedenkstätte in der Region mit zahlreichen Aktivitäten präsent ist und dauerhaft als Verein durch den Landkreis finanziert wird. Im Beisein von über 50 Gästen wurde die neugestaltete Gedenkstätte mit einer Informationstafel und Info-Stele mit historischem Foto bei strömenden Regen übergeben. Beim Empfang im Gemeindehaus Sülstorf konnten sich die Gäste aufwärmen, wurden Fotos vom Prozess der Neugestaltung der Gedenkstätte gezeigt und allen ehrenamtlichen Helfern sowie der VVN für ihre Recherchearbeit noch einmal herzlich gedankt. Gedenkarbeit ist in Sülstorf und der Region, wie es scheint, durch die aktive Arbeit der mit dem Johannes-Stelling-Preis ausgezeichneten Gedenkstätte fest verwurzelt.

Ausstellung „Fluchtorte“

geschrieben von Axel Holz

24. November 2015

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Bild_Kataolg_DemLebenhinterher_FluchtorteJüdischerVerfolgterDie Ausstellung „Dem Leben hinterher – Fluchtorte jüdischer Verfolgter“ wird am 1. Dezember 2015 um 14 Uhr in den Räumen der Landtagsfraktion DIE LINKE in Schwerin, Puschkinstraße 64 eröffnet und bis Jahresende in Schwerin zu sehen sein. Die Ausstellung des Berliner Museums Blindenwerkstatt Otto Weidt, selbst ein Fluchtort jüdisch Verfolgter in der Nazi-Zeit, wird gemeinsam von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA und der Rosa-Luxemburgstiftung Mecklenburg-Vorpommern gezeigt. Über 5.000 jüdisch Verfolgte sind allein in Berlin untergetaucht, um der Deportation durch die Nazis zu entgehen, 1.500 davon haben überlebt. Die Ausstellung zeigt, dass zahlreiche jüdische Menschen ihre Verfolgung nicht hingenommen haben, sondern sich den Repressalien der Nazis und der Deportation durch Flucht oder Abtauchen in den Untergrund entzogen haben. Sie macht aber auch deutlich, wie wichtig die Zivilcourage der Helfer war, die ihre Menschlichkeit bewahrten. Den gebundenen Katalog zu Ausstellung gibt es zur Eröffnung und im Sekretariat der Fraktion zum Sonderpreis von 10 Euro.
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Aufbruch und Verständigung

geschrieben von Raimund Gaebelein

24. November 2015

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WP_20151121_18_28_14_ProZu einem antifaschistisch-antirassistischen Kongress in Kopenhagen hatten Horserod-Stutthof Forenigingen und FIR-Dänemark verschiedene Verbände für den 21./22. November 2015 geladen. FIR und VVN-BdA waren als Gäste beteiligt. Rund 60 TeilnehmerInnen setzten sich mit der internationalen Lage, der Situation der Geflüchteten und dem europaweiten Vormarsch rechtsextremer und rechtspopulistischer Parteien auseinander. In seiner Eröffnung wies Anton Nielsen (FIR-Dk) auf die Bedeutung imperialistischer Kriegseinsätze auf die wachsenden Flüchtlingsströme hin. Antifaschistische Vereinigungen verpflichten sich zusammenzufinden und publizistisch dagegen zu halten. Mit einem Blick auf die Anschlagsserie in Paris beschwor unser Kamerad Heinz Siefritz (FIR) die Anwesenden, die Werte des Antifaschismus gegen alle politischen Versuche zu verteidigen, die Gesellschaft in autoritärer Weise zu verändern. Ausgehend vom Buchenwaldschwur sollten vier Signale gesetzt werden, eine gemeinsame Position gegen die imperialistische Politik der europäischen Regierungen, eine klare Verurteilung aller Arten von Rassismus und Ultranationalismus, Verteidigung der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg und Erinnerung an ihre Zielsetzungen, gemeinsam mit Gewerkschaften und Kirchen, die Einheit aller Organisationen, die am Kampf für eine bessere Welt ohne Rassismus, Nationalismus, Expansionismus teilnehmen.

Der Sozialwissenschaftler Aksel Carlsen verdeutlichte die Gefahr eines Geschichtsrevisionismus in der Ukraine durch Verherrlichung des kollaborierenden Bandenführers Stefan Bandera. Anne Jessen von der Zeitschrift Demos wies auf das Anwachsen extrem rechter Parteien hin. Augenfällig wurde das mit einer an die Wand projizierten Europakarte, die für Dänemark, Frankreich und Österreich Ergebnisse von einem Viertel für diese Parteien bei den letzten Europawahlen zeigte. Viele derer Aussagen scheinen der SS-Ideologie entlehnt. Penos Apergis (KKE) wies auf die sozialen Kämpfe gegen das Währungsdiktat in Griechenland und gegen Kriegsbeteiligung hin. Unsere Bundessprecherin Conny Kerth übergab vier Plakate zum 8. Mai in den Sprachen der alliierten Befreiungsmächte. Die Befreiung Deutschlands konnte nur durch die Breite des weltweiten antifaschistischen Konsenses erreicht werden. Conny unterstrich die Bedeutung des Vermächtnisses von Buchenwald für unseren Kampf heute. Anton Nielsen stellte fünf Aktionspunkte vor, mit denen der antifaschistisch-antirassistische Kampf in Dänemark auf breitere Grundlage gestellt werden soll. Es geht um Selbstverständigung gegen den Weg in einen Polizeistaat, soziale Abwehrkämpfe gegen die Arbeitslosigkeit, gegen die Aushöhlung des Asylrechts, gegen Fortführung der Kriegseinsätze. Beendet wurde der erste Konferenztag nach dem Abendessen mit gemeinsamen Singen von internationalen Arbeiterliedern und Gesprächen. Eine kurze Episode am Rande: Aus Protest gegen das Zeigen von Durchhaltefilmen während der deutschen Besatzung kauften sich Kopenhagener Kinokarten und gingen tanzen. Währenddessen lief im Kino immer derselbe Liebesfilm.

Am Sonntag wurde die Konferenz nach der Begrüßung fortgesetzt mit einem Vortrag von Birthe Sorensen über Versuche der Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit in Dänemark. Jan Mathiesen referierte über den Klassenkampf gegen den Faschismus, was Conny Kerth dazu herausforderte, die Gefahren des Geschichtsrevisionismus besonders in den östlichen EU-Staaten hervorzuheben, gegen die verstärkt vorzugehen sein wird. Sie lud die Anwesenden Organisationen ein, sich am 16. März 2016 in Riga am Protest gegen den Aufmarsch der lettischen Waffen-SS-Veteranen zu beteiligen. Die Lage der Kurden in Dänemark, insbesondere die Verfolgung der PKK-Aktivitäten, wurde von Bjorn Elmquist, einem Anwalt, am Beispiel des Senders Roj TV verdeutlicht. Abschließend wurde die Umsetzung der fünf Punkte des Arbeitspapiers besprochen und Arbeitsgruppen vereinbart.

Erklärung der FIR zum 70. Jahrestag der Eröffnung des Nürnberger Prozesses

geschrieben von FIR

19. November 2015

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Heute erleben wir auf den verschiedenen Ebenen der internationalen Politik, dass die Prinzipien des Völkerrechts immer wieder in Frage gestellt werden. Anlässlich des 70. Jahrestags des Beginns der Nürnberger Prozesse erinnert die FIR an diesen Prozess und die dort – im Namen der Völker – gesprochenen Urteile. Sie verurteilt alle Versuche der Verfälschung und Relativierung.
Am 20. November 1945 begann mit der Eröffnungssitzung der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Angeklagt waren führende Repräsentanten der faschistischen Herrschaft als
Einzelpersonen und als Repräsentanten der faschistischen Reichsregierung, der NSDAP und aller ihrer Untergliederungen, der SA, der SS, des SD und der Gestapo, als Vertreter der Wehrmacht, der
Wirtschaft und des Propagandaapparates. Die vier alliierten Ankläger zeigten damit, dass für die schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Kriegsverbrechen und Vorbereitung zum Krieg Personen und Institutionen des faschistischen Apparates gleichermaßen Verantwortung trugen. Und in den Nachfolgeprozessen und OMGUS – Berichten wurde bewiesen, welche Verantwortung die Großindustrie wie z.B. Krupp, IG Farben und andere Rüstungsbetriebe sowie die Banken für den faschistischen Eroberungskrieg trugen. Den Prozessen lagen Hunderte von Zeugenaussagen und Tausende von Belastungsdokumenten der faschistischen Administration selber zugrunde. In der Urteilsbegründung heißt es dazu: „Das auf Kriegsverbrechen bezügliche Beweismaterial ist überwältigend gewesen, sowohl was den Umfang betrifft, als auch in seinen Einzelheiten.“ Es folgen mehrere Seiten Erläuterungen, um welche Kriegsverbrechen in den okkupierten Ländern, gegenüber der Zivilbevölkerung und den Kriegsgefangenen es sich gehandelt hatte. In gleicher Form wurden alle anderen Anklagepunkte belegt und verurteilt.

Ausstellung über Fluchtorte jüdisch Verfolgter

geschrieben von Axel Holz

19. Oktober 2015

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Die Ausstellung „Dem Leben hinterher – Fluchtorte jüdischer Verfolgter“ wird am 2. November 2015 um 10 Uhr in der Volkshochschule „Ehm Welk“ in Schwerin eröffnet und bis Ende November in Schwerin zu sehen sein. Die Ausstellung des Berliner Museums Blindenwerkstatt Otto Weidt, selbst ein Fluchtort jüdisch Verfolgter in der Nazi-Zeit, wird gemeinsam von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA und der Rosa-Luxemburgstiftung Mecklenburg-Vorpommern gezeigt.

Über 5.000 jüdisch Verfolgte sind allein in Berlin untergetaucht, um der Deportation durch die Nazis zu entgehen, 1.500 davon haben überlebt. Die Ausstellung zeigt, dass zahlreiche jüdische Menschen ihre Verfolgung nicht hingenommen haben, sondern sich den Repressalien der Nazis und der Deportation durch Flucht oder Abtauchen in den Untergrund entzogen haben. Sie macht aber auch deutlich, wie wichtig die Zivilcourage der Helfer war, die ihre Menschlichkeit bewahrten.

Brandanschlag auf Künstlerehepaar

geschrieben von Axel Holz

19. August 2015

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Am 13. August wurde die Scheune des Künstlerehepaars Lohmeyer im westmecklenburgischen Dorf Jamel angezündet. Das Wohnhaus des gegen Neonazis engagierten Paares befindet sich nur zehn Meter von der Scheune entfernt. Nur durch Zufall und den schnellen Einsatz der Feuerwehr griff das Feuer nicht auf das Wohnhaus über, in dem die Lohmeyers mit Gästen überrascht wurden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering forderte eine schnelle Aufklärung und sprach dem Ehepaar Mut zu. Die Familie Lohmeyer zeige dort Flagge, wo es besonders schwierig sei. Innenminister Lorenz Caffier kündigte eine zügige Untersuchung des Brandanschlages an, der bereits durch den Fund von Brandbeschleunigern belegt ist. Die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund, denn das Künstlerehepaar im Jamelner Forsthaus engagiert sich seit über zehn Jahren gegen rechts in einem Dorf, das überwiegend von Nazi-Familien bewohnt wird und zahlreiche Bewohner mit Drohungen und Gewalt bereits vertrieben hat. Doch die Lohmeyers wollen sich nicht vertreiben lassen und setzen mit Ihrem Bleiben und ihrem jährlichen Fest „Jamel rockt den Förster“ ein deutliches Zeichen gegen rechts. Mit zahlreichen Preisen wurde das Paar ausgezeichnet, darunter einem Preis des Zentralrates der Juden in Deutschland. Deren frühere Präsidentin Charlotte Knobloch kommentierte, dass dies ein neuer fürchterlicher Beweis sei, wie brandgefährlich alte und neue Nazis seien, wenn sich dieser Anschlag als politisch motiviert erweisen sollte. Die Übergriffe auf das engagierte Ehepaar sind nicht neu. Fast nach jedem neuen Preis folgten Drohungen, Beleidigungen oder zerstochene Reifen. Mit dem Spruch „frei, sozial und national“, der eine Hauswand im Dorf kleidet, machen die Dorfbewohner keinen Hehl aus ihrer Überzeugung. Jamel ist auch der Wohnort des ehemaligen NPD-Kreistagsabgeordneten Sven Krüger, dessen Mitarbeiter einer Abbruchfirma auf ihren T-Shirts den Spruch „Jungs fürs Grobe“ tragen. Der mehrfach vorbestrafte NPD-Kader ließ das Grevesmühlener „Thinghaus“ als landesweiten Treffpunkt errichten, in dem sich regelmäßig Neonazis und Hammerskins treffen und Rechtsrockkonzerte veranstaltet werden. 2012 erschien die Rechtsrock-CD „Jamel scheißt auf den Förster“ mit Titeln der rechten Band „Die Lunikoff Verschwörung“. Doch in Kürze heißt es wieder „Jamel rockt den Förster“, und zwar gegen rechts. Dann erhalten die Lohmeyers den Georg-Leber-Preis der IG Bau für Zivilcourage.

Nazi-Gold für Portugal

geschrieben von Axel Holz

16. August 2015

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Portugal nahm als neutrales Land nicht am 2. Weltkrieg teil, verlängerte ihn aber durch Wirtschaftsgeschäfte mit der Hilfe der Lissaboner und der Schweizer Nationalbank mit Nazi-Gold. Zu diesem Schluss kommt der Wirtschaftshistoriker und Journalist Antonio Louca in seinem bereits 2000 in Portugal erschienenem Buch. Vorausgegangen war dem Buch eine Resolution des amerikanischen Repräsentantenhauses vom 3. Januar 1996, das die vollständige Offenlegung der gesamten Kriegsvergangenheit gegen Nazi-Deutschland forderte. In der Folge erschienen zahlreiche Kommissionsberichte einzelner Länder, deren Banken in den Handel mit dem Raubgold der Nazis verwickelt waren. Nazideutschland war zu Kriegsbeginn faktisch pleite und finanzierte den kommenden Krieg weitgehend mit Raubgold. Von 930 Mio. Dollar Reichsbankgold waren zu Kriegsende 753 Mio. Dollar Raubgold. Das Raubgold der Nazis hatte dreifachen Ursprung – die Bestände der Nationalbanken der von den Nazis überfallenen Staaten, geraubte private Devisen- und Goldeinlagen und das Raub-Gold der Nazi-Opfer aus den Konzentrationslagern. Während letzeres in den türkischen Wirtschaftskreislauf eingespeist wurde, wurden die riesigen geraubten Gold-Bestände der europäischen Nationalbanken als Zahlungsmittel der Nazis in Wirtschaftsgeschäfte mit sogenannten neutralen Staaten eingebracht, vor allem mit Portugal und der Schweiz. Die Nazis ließen dazu Raubgold umschmelzen und brachten es mit veränderter Prägung auf den Markt, etwa um die unausgeglichene Handelsbilanz mit Portugal zu bedienen, die Wehrmacht mit portugiesischen Sardinen zu versorgen und vor allem, um kriegswichtige Rohstoffe zu importieren, über die Deutschland nicht verfügte. Darunter war auch portugiesisches Wolfram, ein Metall mit hohem Schmelzpunkt, dessen Legierungen für die Panzerung von Militärfahrzeugen unerlässlich waren. Das Geschäft der Nazis mit dem portugiesischen Diktator Salazar wurde über die Schweiz abgewickelt. Von Kriegsbeginn bis 1942 flossen 517 Millionen Schweizer Franken nach Deutschland. Später erfolgte die Bezahlung aus Angst vor einer Abwertung des Schweizer Franken mit Gold aus weitgehend belgischer Herkunft. Das Raub-Gold der Nazis wurde über Depots der Schweizer Nationalbank ab Bern mit Lastwagen über Südfrankreich und Nordspanien nach Portugal gebracht. Insgesamt nennt der Bericht der zur Aufklärung des Handels mit Nazigold eingesetzten portugiesischen Kommission unter der Leitung des ehemaligen sozialistischen Regierungschefs, Mario Soares, Geschäfte im Umfang von 42 Tonnen Nazi-Gold. Doch der Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses, Elan Steinberg, sprach 1999 von 110 Tonnen Nazigold, die nach Portugal flossen. Das war immerhin ein Kriegs-Geschäft Portugals im Wert von umgerechnet knapp einer Milliarde Euro. Portugal profitierte dabei beim Woframverkauf ähnlich wie Rumänien beim Erdölverkauf an Deutschland von überhöhten Preisen, die Nazi-Deutschland auf Grund fehlender Alternativen zahlen musste. Auch der Handel der Schweiz mit Raubgold ist unübersehbar, denn der Wert des gehandelten Goldes erreicht fast das Dreifache des Wertes der Waren, die von Deutschland mit der Schweiz zwischen 1940 und 1944 mit anderen Gütern kompensiert wurden. Natürlich versuchten die Alliierten, die kriegswichtigen Wolframgeschäfte Portugals mit Deutschland lahmzulegen, zunächst mit Angeboten von Waffenlieferungen zu Dumpingpreisen, später mit einer Kampagne, um die deutschen Zahlungsmittel in Misskredit zu bringen. Schließlich attackierten die Alliierten Portugal mit einem Embargo der Wolframlieferungen und drohten schließlich Anfang 1943 und erneut 1944 mit der Beschlagnahme portugiesischer Vermögenswerte im Ausland. Doch Portugals Diktator Salazar ließ sich nicht beeindrucken, vertuschte die Nazigeschäfte und stellte sie erst ein, als mit dem Vormarsch der Alliierten nach der Eröffnung der zweiten Front der Weg für die Goldtransporte über Südfrankreich versperrt war. Zwei Motive leiteten Salazar dabei – Profite aus Kriegsgeschäften mit Nazi-Deutschland und der Antikommunismus, der beide faschistischen Regimes verband. Der Handel mit den deutschen Faschisten funktionierte auch in Kriegszeiten ausgezeichnet, die noch heute gern als Nationalsozialisten bezeichnet werden, indes aber kapitalistische Geschäfte reinsten Wassers betrieben. Selbst als Nazi-Deutschland 1943 größte wirtschaftliche Anstrengungen zur Kriegsproduktion unternehmen musste, wurden 40 Prozent dieser Produktion für internationale Waffengeschäfte eingesetzt. Das lohnt sich bis heute, ob mit oder ohne Krieg.

Literaturhinweis: Antonio Louca, Nazigold für Portugal. Hitler & Salazar, Wien 2002

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