Am 21. Juni ehrten Güstrower Bürger die am 20. Juni 1938 hingerichtete junge Mutter, Antifaschistin und Kommunistin Liselotte Herrmann. Die Ehrung fand, wie bereits in den Vorjahren, am Ehrenmal für Liselotte Herrmann an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege in Güstrow statt. Die Teilnehmer kritisierten den desolaten Zustand des Denkmals und forderten Innenminister Lorenz Caffier dazu brieflich auf , darauf Einfluss zu nehmen, dass der unwürdige Zustand behoben wird.
Buchlesung in Stralsund: Untergetaucht
26. Juni 2017
Friedrich-Ebert-Stiftung, Hermann Simon, Marie Jalowitz, Untergetaucht
Am 24. Juni fand in Stralsund eine Buchlesung mit Dr. Hermann Simon statt, dem langjährigen Diektor der Stiftung Neue Synagoge Berlin. Gelesen wurde aus seinem Buch „Untergetaucht – Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940-1945. Die Lesung wurde von der VVN-BdA Stralsund, der Friedrich-Ebert-Stiftung und Rock gegen rechts Stralsund e.V. veranstaltet.
Die antisemitische Hetze nimmt immer schärfere Formen an, Juden sind unmittelbar von der Deportation bedroht, beschreibt der Autor.. Da entschließt sich Marie Jalowitz, den gelben Stern abzulegen, der sie brandmarkt. Sie kehrt nicht mehr in die Siemens-Werke zurück, wo sie Zwangsarbeit leisten musste. 50 Jahre später berichtet sie ihrem Sohn über dieses Zeit. Das buch berichtet über die lebensgefährlichen Versuche, Papier und Obdach zu erhalten, über den Verlust vertrauter Bindungen, über Hilfsbereitschaft und kalten Verrat und über die ständige Angst vor Enttarnung.
In Berlin waren insgesamt etwa 6.000 Juden vor der Deportation der Mehrheit der Juden untergetaucht, etwa 1.800 überlebten, auch durch die Hilfe Zehntausender Menschen.
flyer_Untergetaucht_24-06-2017
Winterjagd
18. Juni 2017
Astrid Schult, Filmfest, Michael Degen, Winterjagd
Einen Konflikt über drei Generationen hinweg zur Nazivergangenheit hat ein Psychothriller „Winterjagd“ der ZDF-Nachwuchsredaktion „Das kleine Fernsehspiel“ zum Gegenstand. Er wurde mit großem Interesse Anfang Mai auf dem Schweriner Filmfest gezeigt und wird voraussichtlich im Herbst 2017 im ZDF zu sehen sein. Nach dem Drehbuch von Daniel Blickermann und Astrid Schult führte die Autorin Astrid Schult selbst Regie, die bereits durch ihren engagierten Film „Colonia Dignidad“ über einen chilenischen Ort des Schreckens bekannt wurde. Der Film kommt mit vier Schauspielern aus, darunter Carolyn Genskow sowie Michael und Elisabeth Degen. Die 25-jährige Lena (Carolyn Genskow) verschafft sich Zutritt zu dem einsam gelegenen Haus des über 90-jährigen Unternehmers Anselm Rossberg (Michael Degen). Rossberg ist ein angesehener Unternehmer der Schwerindustrie, die sich nach dem Krieg nicht nur seiner Auschwitztäterschaft entledigen konnte, sondern auch als Industrieller in Spitzengremien Karriere machen konnte. Anselms Tochter (Elisabeth Degen) leugnet nach dem Eindringen von Lena in das einsame Schloss des 90-Jährigen die Anwesenheit ihres Vaters, dessen Auschwitz-Vergangenheit gerade durch die Medien geht, und versucht, die junge Frau abzuwimmeln. In typischer Weise wurde der 90-Jährige gerade in einem Prozess von jeglicher Schuld freigesprochen. Das ist der Grund, warum Lena, die Enkelin einer Auschwitzüberlebenden, Rossberg zur Rechenschaft ziehen will. Als Lena dann Rossberg im Haus findet, mit einer Waffe bedroht und eine schreckliche Anklage erhebt, stehen alle drei vor einer schwierigen moralischen Entscheidung. Denn im erzwungenen Gespräch mit dem Auschwitztäter zeigt sich nicht nur, dass sich dieser keiner Schuld bewusst ist und jegliche Verantwortung ablehnt, sondern das sich das Leid der Opfer über die nachfolgenden Generationen fortsetzt. Während Lenas Großmutter über dem Freispruch des Täters Rossberg verbittert stirbt hat sich deren Sohn in der Folge der KZ-Erlebnisse seiner Mutter bereits vor Jahren das Leben genommen. Für den Zuschauer stellt sich die Frage, ob die Enkelin nach ihren Schießübungen im Wald Rache nehmen will, die Wahrheit erfahren möchte oder ein Schuldgeständnis des Täters erzwingen will. Diese Konstellation erinnert sehr an Jurek Beckers „Bronsteins Kinder“, der als Kind die KZ Ravensbrück und Sachsenhausen überlebt hatte und im Buch selbst Hand an die Täter anlegt. Der Regisseurin gelingt es überzeugend, die Spannung zwischen den Akteuren zu erhalten und die Motive der Beteiligten schrittweise herauszuarbeiten. Lange bleibt im Dunkeln, ob Anselm Rossberg tatsächlich Täter ist, ob Anselms Tochter ihren Vater im Wissen um dessen Verbrechen schützt oder selbst von dessen Unschuld überzeugt ist, ob Lena gegen die ungerechte Nazi-Rehabilitation revoltiert oder noch mehr dahinter steckt. Davon kann sich der Zuschauer im Film persönlich ein Bild machen. Besonders beindruckend ist, wie das Vater-Tochter-Verhältnis im Film durch Michael Degen und dessen Tochter Elisabeth Degen dargestellt werden. Die grausame persönliche Verstrickung dreier Generationen in Schuld und Last, die bis heute fortwirkt, macht den Film besonders wertvoll. Die Lebenssituation und Abhängigkeitsverhältnisse dreier Genrationen von Tätern und Opfern werden idealtypisch von einer jungen Nachwuchsregisseurin zu einer spannenden Geschichte verwoben. Das ist ein interessanter Ansatz, um mit einer persönlichen Erzählung junge Leute zu den Verbrechen des deutschen Faschismus anzusprechen, die von diesem Geschehen mittlerweile Generationen entfernt sind. Der Film ist ein gelungenes künstlerisches Werk, um die moralischen Dimensionen von Schuld und Verantwortung über die faschistischen Verbrechen und den notwendigen Umgang damit auf moderne Weise zu vermitteln. Er hat für das Schweriner Filmfest aber noch eine besondere Bedeutung, denn parallel zur Filmpräsentation stockt in Neubrandenburg seit Monaten ein Prozess gegen einen Auschwitz-Täter, der wie im Film angeblich nur Schreibtischtäter war. Es bleibt zu hoffen, dass die Wende in der juristischen Bewertung der persönlichen Schuld von Nazi-Tätern, wie sie nach dem Demjanjuk-Prozess eingesetzt hat, auch in Neubrandenburg ankommt.
Ausstellung in Stralsund eröffnet
9. Mai 2017
Am 7. Mai wurde im Stralsunder STIC-er Theater die Ausstellung „Deutschland muss leben, deshalb muss Hitler fallen“, der weltweiten Bewegung „Freies Deutschland 1943-1945“ mit 20 Gästen eröffnet . Dort wird der Einsatz gefangener deutscher Soldaten, Offiziere und Generäle gegen Hitler und für die Beendigung des Krieges als Teil des Widerstandes gegen den Faschismus gezeigt. Hinzu kommen Bewegungen für ein freies Deutschland in zahlreichen anderen Ländern, wie Frankreich, Großbritannien, Mexiko, den Niederlanden und Jugoslawien. Sie wird noch bis zum 31. Mai in Stralsund zu sehen sein.
Die Ausstellung wurden gemeinsam vom Vorsitzenden der VVN-BdA Dr. Axel Holz, dem Koordinator der Ausstellung Gerhard Fischer und der Stralsunder VVN-Sprecherin Marianne Linke eröffnet.Die gemeinsame Ausstellung der Berliner Gedenkstätte Deutscher Widerstand und der VVN-BdA wird in diesem Jahr als Wanderausstellung in dreizehn verschiedenen Orten Mecklenburg-Vorpommerns gezeigt.
Nach sieben Etappen haben bereits über 6.000 Menschen die Aussstellung in verschiedenen Städten in Mecklenburg-Vorpommern gesehen, darunter in Rostock, Wismar, Güstrow, Woldegk und Neustrelitz.
Rede zur Eröffnung des 52. Sachsenhausen-Gedenklaufes 2017 in Schwerin
9. Mai 2017
Sachsenhausen, Stolpersteine, Todesmarsch
Herzlich willkommen zum 52. Sachsenhausengedenklauf. Wir bereits in den vergangenen Jahren wollen wir auch in diesem Jahr der Häftlinge aus den ehemaligen Konzentrationslagern Sachenhausen und Ravensbrück gedenken, die den Todesmarsch überlebten, die dabei ermordet wurden oder vor Hunger und Erschöpfung gestorben sind. Etwa 6.000 der 20.000 Häftlinge des Todesmarsches, sind dabei umgekommen. Unter Ihnen sind Menschen aller Altersgruppen aus zahlreichen Ländern Europas, Menschen die in das rassistische Raster der Nazis passten, wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer politischen Überzeugung oder religiösen Zuordnung verfolgt wurden.
Viele Häftlinge haben diesen mörderischen Marsch nur deshalb überlebt, weil sie durch Soldaten der Roten Armee an der Stöhr in Rabensteinfeld und durch die heranrückenden amerikanischen Alliierten in Schwerin befreit wurden. Für sie hatte die Befreiung die erste unmittelbare Wirkung auf dem Weg zu einer Welt des Friedens und der Freiheit, wie es im Schwur der Buchenwaldhäftlinge heißt. Heute wissen wir, dass diese KZ-Häftlinge zur Ostsee gebracht werden sollten, um auf dem Meer versenkt zu werden. Sie sind durch ihre Befreiung nur knapp dem Tod entkommen.
1985 hatte auch in Westdeutschland ein Bundespräsident erstmals von einem Tag der Befreiung gesprochen. Davon ist heute nicht mehr viel übriggeblieben. Erst kürzlich hat Kanzlerin Merkel in Sotschi in der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten gleich mehrmals vom Kriegsende besprochen. Kein Wort von Befreiung, was in diesem Rahmen sicher eine würdige Geste gewesen wäre. Aber die Befreiungsleistung ist eine Tatsache, ohne die es heute kein demokratisches Deutschland geben würde. Oder war das Kriegsende keine Befreiung von einer Diktatur, keine Befreiung vom dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte?
In Einem hat die Befreiung tatsächlich nicht ganz geklappt. Die Befreiung von der NS-Ideologie hat Jahrzehnte gedauert, und einiges scheint davon bis heute übrig geblieben zu sein. Das Bundesverfassungsgericht hat der NPD gerade eine spürbare Nähe zum Nationalsozialismus attestiert. Die Parolen einiger Rechtspopulisten klingen nicht zufällig manchmal ähnlich. Wenn wir heute mit dem Sachsenhausengedenklauf der Opfer des Todesmarsches gedenken, dann hat dieses Gedenken nur einen Sinn, wenn wir daraus für unser heutiges Leben Schlussfolgerungen ziehen. Denn leider haben im vergangenen Jahr die rechtsextremen Straftaten auf Asylbewerber, Migranten, Ausländer, Flüchtlingshelfer und politische Aktivisten mit über 10.000 Fällen wieder zugenommen. Darunter sind allein 1.000 Übergriffe auf Asylbewerberheime. Die wurden nicht nur von Neonazis begangen, sondern zunehmend von sogenannten besorgten Bürgern, in deren Sorge ich aber eher Intoleranz und Rassismus erkennen kann. Ich finde es deshalb wichtig, dass Schwerin dem aktiv etwas entgegensetzt.
Das Bekenntnis der Stadt am Rathaus als Ort der Toleranz halte ich für wichtig, aber auch das Bekenntnis der Teilnehmer zum 1. Mai dieses Jahres vor dem Rathaus zu Weltoffenheit und Demokratie. Auch die nunmehr über 48 Stolpersteine, gestiftet von zahlreichen einzelnen Bürgern der Stadt, sind ein wichtiges Bekenntnis zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer des Faschismus und gegen Ausgrenzung und Rassismus. Gut, dass das Schweriner Filmfest vor zwei Tagen den Film „Winterjagd“ über einen SS-Mann in Auschwitz gezeigt hat, denn in Neubrandenburg zieht sich ein Auschwitz-Prozess gegen einen SS-Mann gerade in die Länge, weil der Staatsanwalt das Verfahren verzögere, wie in der Presse zu lesen war. Gut dass es diesen Gedenkort in Schwerin gibt und gut dass es diesen Gedenklauf gibt.
Gerade weil die Angriffe auf die Demokratie zunehmen und rechtspopulistische Auffassungen von Nationalismus, Rassismus und Intoleranz in ganz Europa Konjunktur haben, ist jede Bürgerin und jeder Bürger gefragt, dem persönlich in seinem Umfeld etwas Sichtbares und Spürbares entgegenzusetzten. Jeder kann bei sich selbst anfangen, die Werte unserer Demokratie zu leben und zu verteidigen, und das nicht nur mit seiner Stimme zur bevorstehenden Bundestagswahl.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und dem Sachenhausenlauf 2018 viel Erfolg.
Tätigkeitsbericht des Vorstandes der VVN-BdA M-V e.V. 2016/17
11. April 2017
Axel Holz, Landesmitgliederversammlung, Nico Burmeister, Peter Ritter
Tätigkeitsbericht des Landesvorstandes für die Jahre 2016 und 2017 auf der vergangenen Landesmitgliederversammlung am 08. April in Stavenhagen von Nico Burmeister.
Der aktuelle Vorstand wurde gewählt auf der vergangenen Landesmitgliederversammlung unserer Landesvereinigung in Rostock im Peter-Weiss-Haus.
Der Vorstand tagt regelmäßig aller viertel Jahre. Bislang traf sich der Vorstand drei Mal: am 29. April und am 11. November jeweils in der Rostocker Geschäftsstelle der Partei DIE LINKE. Am 27. Januar traf sich der Vorstand im Schweriner Brechtsaal.
Auf der ersten Sitzung wurden unter anderem die einzelnen Zuständigkeiten innerhalb des Vorstandes verteilt. Peter Ritter und Nico Burmeister wurden zu den beiden Landessprechern gewählt. Elke Schoenfelder betreut als Schatzmeisterin wie in den vergangenen Jahren die Finanzen. Axel Holz und Nico Burmeister halten den engen Kontakt zur Bundesvereinigung. Jedes Vorstandsmitglied ist Ansprechpartner*in für Kreisvereinigungen bzw. Basisorganisationen.
Axel Holz betreute die von der Bundesvereinigung erstellte Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“. Sie wurde 2016 in M-V elf mal in verschiedenen Städten, wie Rostock, Schwerin und Stralsund, gezeigt.
Mit der Erstellung eines eigenen Facebook Auftrittes und eines Twitter Acounts ist unsere Landesvereinigung auch im Web 2.0 vertreten und wirbt für die Ziele unserer Vereinigung besonders unter jüngeren Menschen. Nico Burmeister erstellte dazu ein Konzept für den Umgang mit Social Media. Unsere Facebook Seite hat aktuell über 1.500 Likes und ist damit, nach dem Facebook Auftritt des Bundesbüros der VVN-BdA, die zweitgrößte Seite unserer Vereinigung.
Auch die Ausstellung „Deutschland muss leben, deshalb muss Hitler fallen!“ die Bewegung Freies Deutschland 1943-1945 ist in den vergangenen Monaten mindestens 10 Mal gezeigt worden. Auch diese Ausstelung wurde unter anderem mitbetreut durch Axel Holz.
Das Abschneiden der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) mit 20,8% beschäftigte ebenfalls den Vorstand. Unser Bundesgeschäftsführer Thomas Willms hat auf dem vergangenen Bundeskongreß, an dem als Deligierte Simone Dehm und Nico Burmeister und Axel Holz als Gast teilnahmen, die brandneue Ausstellung „Der Arm der Bewegung – Die ‚Alternative für Deutschland’“ vorgestellt. Axel Holz und Nico Burmeister betreuen die Verbreitung der Ausstellung in Mecklenburg-Vorpommern.
Wie in den vergangenen Jahren organisierten Basisorganisationen und Kreisvereinigungen Veranstaltungen und Gedenken zu den Jahrestages, wie Weltfriedenstag, dem Zweiten Sonntag im September und dem Auschwitz-Gedenktag. Auch wurde der 80. Jahrestag des Beginns des Spanischen Bürgerkriegs mit verschiedenen Veranstaltungen begangen.
Als besonders wichtig hat sich einmal mehr die Zusammenarbeit mit Bündnispartner*innen, wie dem rat+tat e.V., dem Rostocker Friedensbündnis, der Gewerkschaft der Ver.di herausgestellt. Solche Zusammenarbeiten gilt es künftig zu intensivieren.
In den vergangenen Monaten ist es gelungen neue Mitglieder für unseren Verband zu gewinnen. Dass vor allem junge Menschen den Weg zu uns finden, darf uns vorsichtig optimistisch für die zukünftige Arbeit unserer Landesvereinigung stimmen.
Nico Burmeister hat ein Verfahren zur Begrüßung von Neumitgliedern in unserem Landesverband erarbeitet, damit neue Kameradinnen und Kameraden schneler und effizienter in unsere Strukturen eingebunden werden können. Dennoch müssen wir unsere Anstrengungen weiter verstärken, neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu gewinnen.
Ein AfD Sympathisant strebte eine Klage gegen einen Post auf unserer Facebook Seite an. Am 4. September 2016, den Wahltag zur vergangenen Landtagswahl, wurde dort eine satirische Grafik veröffentlicht mit dem Text: „Liebe AfD-Wähler, helfen sie unbedingt: Wahlbetrug verhindern! Wahlzettel unterschreiben!“ Die Ermittlungen wurden nach kurzer Zeit eingestellt, verursachten jedoch unnötige Kosten.
Das langjährige Engagmente in der Projektwerkstatt Buntes Q in Schwerin musste der Vorstand schweren Herzens beenden. Das Projekt verlor immer mehr an politischem Schwung und schlief immer mehr ein. Zudem wurden die finanziellen Belastungen für den Landesverband zu stark. Unsere Landesvereinigung ist postalisch nun über ein Postfach zu erreichen.
Aufruf zum Ostermarsch 2017
5. April 2017
Geschichtsrevisionismus, Militarismus, Ostermarsch
Deutsche Großmachtträume platzen lassen
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten ruft auf: Beteiligt Euch an den Ostermärschen 2017 für Frieden und Abrüstung!
Die politische Entwicklung muss uns alle zum Handeln, zum Widerstand gegen Kriegsbeteiligung und weitere Aufrüstung veranlassen.
Bundesregierung und Bundespräsident erzählen der Öffentlichkeit, dass die Politik des amerikanischen Präsidenten Trump größere Anstrengungen Europas – und besonders Deutschlands – für die “Sicherheit” erfordert. Trump indessen will zwar die militärische Dominanz der USA erhalten, zugleich kündigt er eine Konzentration der Truppen und Ressourcen im pazifischen Raum an. Für die militärische Sicherung der “westlichen” Interessen rund um den Atlantik sollen die europäischen NATO-Verbündeten sorgen.
Damit liefert Trump eine Steilvorlage, die bereitsim 2016 vorgestellten “Weißbuch” der Bundeswehr umfassenden Aufrüstungsprojekte der Großen Koalition offensiv umzusetzen und damit der vom scheidenden Bundespräsidenten Gauck eingeforderten “größeren Verantwortung Deutschlands” in der Welt die materielle Grundlage zu schaffen.
Das ehrgeizige Ziel, die Militärausgaben im Bundeshaushalt zu verdoppeln und auf 2 % des Brutto-Inlandsproduktes zu erhöhen, geht einher mit neuen Debatten über die Notwendigkeit zur Schaffung einer EU als “Europäische Verteidigungsgemeinschaft”. So wie heute schon immer mehr bi- oder multinationale NATO-Verbände unter deutscher Führung stehen, sollen nun laut Verteidigungsministerin drei „tief integrierte“ europäische Großverbände in Divisionsstärke geschaffen werden. Dazu sollen gemeinsame neue gemeinsame Rüstungsprojekte entwickelt werden.
Wir wollen keine weitere Aufrüstung, keine weiteren Auslandseinsätze deutscher Soldaten, keine weiteren Kriege. Wir wollen bezahlbare Wohnungen, gute Bildung und Gesundheitsversorgung für alle!
Wir fordern das Einfrieren des Rüstungshaushalts und die Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr!
Mehr als 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Die meisten von ihnen leben unter menschenunwürdigen Umständen ohne jede Perspektive in Lagern, für die der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen kaum ein Bruchteil der benötigten Mittel zur Verfügung steht. 80 Milliarden Euro jährlich soll die militärische “Verantwortung” kosten, die Deutschland übernehmen soll.
Wir meinen: Deutschland soll mehr humanitäre Verantwortung übernehmen und dafür sorgen, dass die Versorgung der Menschen auf der Flucht sichergestellt ist, dass Kriege enden und dass die Lösung der Probleme vorangetrieben wird, die Flucht zwingen: die rücksichtslose Überausbeutung von Mensch und Natur, die politische Befeuerung regionaler Konflikte Regierungen und gigantische Profite durch Waffenexporte.
Wir fordern: Schluss mit den Waffenexporten
Rüstung und Militär tragen zur Lösung der realen Menschheitsprobleme nichts bei, im Gegenteil: jeder Euro, Dollar, Rubel oder Yüan, der in die Aufrüstung investiert wird, fehlt dort, wo noch immer Tag für Tag 30.000 Kinder an Hunger und vermeidbaren Infektionskrankheitensterben.
Trotzdem werden derzeit die atomaren Arsenale modernisiert, in Deutschland wird die eigene atomare Option erneut in die Debatte gebracht. Amerikanische Killerdrohnen, die von Deutschland aus gesteuert werden, töten weltweit Tausende; auf dem Beschaffungsprogramm der Bundeswehr stehen eigene Drohnen. Wir sagen dazu NEIN!
Wir fordern weiterhin die völkerrechtliche Ächtung von Atomwaffen und die Beendigung des Drohnenkriegs.
Für unserer Forderungen gehen wir zu Ostern auf die Straße und rufen dazu auf, gemeinsam deutlich zu machen:
NEIN zum deutschen Streben nach militärischer Führung – Deutsche Großmachtträume platzen lassen!
Pressemitteilung: Petra Pau zu Gast auf der Landesmitgliederversammlung
5. April 2017
Landesmitgliederversammlung, NSU, Peter Ritter, Petra Pau
Die VVN-BdA Mecklenburg-Vorpommern führt am Sonnabend, den 08.April von 11.00 Uhr bis 14.00 ihre diesjährige Landesmitgliederversammlung durch. Als Veranstaltungsort wurde die „Alte Synagoge“ in der Reuterstadt-Stavenhagen ausgewählt. Als Gast wird die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und OB-Frau der Linksfraktion im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Verbrechen des „NSU“ ,Petra Pau, erwartet. Frau Pau wird über den aktuellen Stand der Arbeit des Untersuchungsausschusses informieren. Der Bundesvorsitzende der VVN-BdA, Dr. Axel Holz , berichtet über den jüngst in Frankfurt/Main stattgefundenen Bundeskongress der Vereinigung. Darüberhinaus wird Stavenhagens Stadtpräsident Klaus Salewski einen kurzen Überblick über die Arbeit des Fördervereins „Alte Synagoge“ geben.
Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind herzlich eingeladen.
Den Veranstaltungsort finden Sie in der Malchiner Str. 38 in 17153 Reuterstadt-Stavenhagen
Pakt mit dem Teufel
19. März 2017
Kertzer, Lateranverträge, Mussolini, Papst, Pius XI.
Papst Pius XI. hat Mussolinis Machtausbau gefördert, belegt ein Buch des amerikanischen Historikers David I. Kertzer.
Im Zusammenhang von Papsttum und Faschismus ist Rolf Hochhuts Drama „Der Stellvertreter“ bekannt, in dem die Kollaboration des Papstes Pius XII. mit den Nazis offengelegt wird. Dieser Papst war bereits als Kardinalsstaatssekretärs seines Vorgängers tätig, des Papstes Pius XI., der zeitgleich mit Mussolini 1922 an die Macht kam. Über diesen Papst war bisher überwiegend Positives bekannt, wie dessen Enzyklika „Mit brennender Sorge“. Das päpstliche Rundschreiben behandelt die bedrängte Lage der römisch-katholischen Kirche in Deutschland und verurteilt Politik und Ideologie des NS-Regimes.
Auf der Basis der Akten aus den erst 2006 geöffneten vatikanischen Archiven kommt der Pulitzerpreisträger David I. Kertzer nun zu einem differenzierteren Bild, in dem er zeigt, wie Pius XI. bereits ab 1922 die Weichen pro Faschismus stellte. Beide Personen konnten kaum unterschiedlicher sein. Mussolini war tief antiklerikal eingestellt und hatte als brutaler Schläger Aufmerksamkeit gefunden. Der Papst war eher intellektuell introvertiert, ein Bücherwurm, der die vatikanische Bibliothek geleitet hatte, war zugleich herrschsüchtig, aufbrausend und duldete keinen Widerspruch. Der Papst neigte zu langen Monologen, lehnte Fotos mit ihm außerhalb der Kurie ab und mied Telefonate. In Einem waren sich das 65-jährige Kirchenoberhaupt und der 39-Jährige Duce bei ihrem Machtantritt aber einig. Beide hatten eine tiefe Angst vor dem Kommunismus und beide sahen in der Demokratie etwas Schlechtes, weil die Menschen der Obrigkeit gehorchen sollten statt sie in Frage zu stellen. Und beide waren aufeinander angewiesen – Mussolini um seine Macht zu sichern und der Papst, um den katholischen Glauben zu stärken und die Position des Vatikans rechtlich zu sichern. Mussolini kam dem Papst entgegen, in dem er Kruzifixe in Klassenzimmern und Krankenhäusern aufhängen ließ, die Abwertung der katholischen Kirche zum Straftatbestand erhob, Priester und Bischöfe besser materiell versorgte und dem Klerus Millionen Lira zur Restaurierung ihrer Kirchen zukommen ließ. Andererseits gingen Mussolinis faschistische Schläger nicht nur gegen Oppositionelle mit Massenterror vor, sondern auch gegen die Katholische Aktion des Papstes. Dennoch hatte Papst Pius XI. dem faschistischen Regime dem Weg geebnet und speziell in der Phase nach der Ermordung des sozialistischen Politikers Giacomo Mateotti Mussolinis Macht gerettet, als dieser kurz vor dem Sturz stand. Erst danach wurden alle Parteien außer der faschistischen Partei verboten, einschließlich der vom Papst kreierten katholischen Partei.
Der Papst sah im Duce den staatlichen Partner für eine Rechristianisierung Italiens. Beide kommunizierten fast wöchentlich über einen jesuitischen Mittelsmann. Papst Pius hatte wiederum ein großes Interesse daran, den rechtlichen Status des Vatikans zu klären, der seit der Besetzung Roms und anderer vatikanischer Gebiete durch den italienischen König im Jahre 1870 ungeklärt war, was zur Exkommunizierung des Königs führte. Durch die Lateranverträge zwischen dem Papst und Mussolini wurde 1929 die Trennung von Staat und Kirche vollzogen, die Vatikanstadt mit weiteren Gebäuden als eigener Staat anerkannt und Italien wieder zu internationaler Anerkennung verholfen. Papst Pius versuchte auch über Mussolini Einfluss auf Hitler zu gewinnen, um sich in Nazideutschland für eine Verbesserung der Situation der katholischen Kirche einzusetzen, etwa für die katholischen Schulen. Nach der Schaffung der Achse Deutschland-Italien wollte Mussolini solchen Wünschen nicht mehr entgegenkommen. Ebenso wenig war Mussolini bereit, der Forderung des Papstes nach Anerkennung katholischer Mischehen mit jüdischen Konvertiten nachzukommen. Der katholische Antisemitismus des Papstes wirkte letztlich nicht weniger ausgrenzend, als der rassische Antisemitismus, den Mussolini 1938 mit antisemitischen Gesetzen nach deutschem Vorbild etablierte. Diese Geister konnte der Papst auch zum Schluss seines Lebens nicht mehr einfangen, als er sich in einer Enzyklika gegen den Antisemitismus wendete. Nach seinem Tod ließ Kardinalstaatssekretär Pacelli die bereits für die Bischöfe geduckten Exemplare und die Notizen zweier Reden dazu verschwinden. Einige Dokumente zum Pontifikat Pius XI. sind bis heute nicht zugänglich.
Grußwort zur Eröffnung der Wanderausstellung „Deutschland muss leben, deshalb muss Hitler fallen“ am 13.03.2017 in Wismar
17. März 2017
Erich Arndt, NKFD, Siegfried Lenz
Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich Willkommen zur Eröffnung der Ausstellung Deutschland muss leben, deshalb muss Hitler fallen“, der weltweiten Bewegung „Freies Deutschland 1943-1945“. Die gemeinsame Ausstellung der Berliner Gedenkstätte Deutscher Widerstand und der VVN-BdA wird als Wanderausstellung in elf verschiedenen Orten Mecklenburg-Vorpommerns gezeigt. Vielen Dank an die Kirchgemeinde der Nikolaikirche und speziell an Pastor Roger Thomas, dass wir diese Ausstellung über Widerstand in der NS-Zeit hier zeigen können.
Ich möchte mit einem Buch beginnen, dass ich vor Kurzem gelesen habe. Das zweite Buch von Sigfried Lenz aus dem Jahre 1953 heißt „Der Überläufer“. Es berichtet über den Partisanenkampf in der Ukraine, die Sinnlosigkeit des Krieges und die Entscheidung der Hauptfigur gegen den Krieg und für die Desertion. Nicht weniger interessant als der Roman, der in der „Zeit“ als Serien-Abdruck 1953 erschien, ist die Diskussion im Anhang des Buches. Dort wird dokumentiert, wie der Verlag und der Lektor massiv auf den bekannten Jungautor Einfluss nehmen, um ihn zu bewegen, seinen Roman umzuschreiben. Das Publikum wolle mehr über Kameradschaft hören, heißt es in dem Schriftwechsel. Sigfried Lenz wollte dem nicht folgen und sah sich nicht in der Lage, den Kern seines Romans dem Verlagswunsch zu opfern. So erschien der Roman erst 2016 – mehr als 60 Jahre später nach dem Tod von Siegfried Lenz.
Diese Geschichte ist typisch für den Jahrzehntelangen Umgang mit den politischen Gegnern des Nazi-Regimes, mit den Deserteuren der Wehrmacht und den Kriegsgegnern in der Gefangenschaft. Im Westen wurde dieses Verhalten lange Zeit als Verrat betrachtet und nicht als Widerstand anerkannt. Im Osten war die Bewegung „Freies Deutschland“ lange Zeit auf eine Initiative kommunistischer Emigranten in Abstimmung mit dem Stalinregime eingeengt worden. Nach dem Krieg misstraute man ihnen nicht selten in der sowjetischen Besatzungszone. Tatsächlich war die Bewegung „Freies Deutschland“ eine weltweite Bewegung, die sich aktiv gegen das Nazi-Regime einsetzte und für eine demokratische Erneuerung Deutschlands eintrat. Die Bewegung entstand in den letzten Jahren des zweiten Weltkrieges. Keine andere Widerstandsgruppe hat den Nazis und ihrem Krieg so viel unmittelbaren Schaden zugefügt und eine solche gesellschaftliche Breite erreicht. Es war natürlich nur ein bescheidener Beitrag gegenüber den Leistungen der nationalen Widerstandsbewegungen gegen Hitler in anderen Ländern und gegenüber den militärischen Leistungen der Alliierten. In der Bewegung „Freies Deutschland“ waren Deutsche in der Sowjetunion, in Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Jugoslawien und weiteren Ländern vertreten. Ihr gehörten Kommunisten und Sozialdemokraten an, Liberale und Konservative, christlich orientierte Menschen, Republikaner und Monarchisten unterschiedlichster Coleur. Es war eine Anti-Hitler-Koalition auf breitester Grundlage, die sich leider viel zu spät gebildet hatte. Ihr gehörten Arbeiter, Bauern, Unternehmer an, aber auch Intellektuelle, wie Anna Seghers, Carl Zuckmayer, Erich Weinert, Soldaten und Generäle wie Max Emendörfer, Walter von Seydlitz und Heinrich Graf von Einsiedel, Politiker wie Rudolf Breitscheid und Wilhelm Pieck. Wissenschaftler, Pfarrer, jüdische Emigranten und Wehrmachtsangehörige einigte die Hoffnung auf ein friedliches und demokratisches Deutschland.
Ich bin sehr dankbar dafür, die SVZ nach der Präsentation der Ausstellung in Bützow einen Artikel über Erich Arndt veröffentlicht hat, der Mitbegründer des Nationalkomitees Freies Deutschland war, nachdem er 1943 als Divisionspfarrer bei Stalingrad in sowjetische Kriegsgefangenschaft geriet. Er war Mitbegründer des Arbeitskreises für kirchliche Fragen beim Nationalkomitee. Seine Rolle als ein Mensch, der sich für Frieden eingesetzt hatte, als Viele diese Klarheit noch nicht gefunden hatten, hatte der ehemalige Bischof Beste auf der Trauerfeier des Bützower Pfarrers wenige Monate vor dessen 100. Geburtstag 2012 gewürdigt. Pfarrer Arndt steht wie Viele in der weltweiten Bewegung „Freies Deutschland“ für antifaschistischen Widerstand in einer Zeit, als absehbar war, dass Deutschland mit seinem verbrecherischen Krieg in eine nationale Katastrophe steuerte und für die Nazi-Gegner alle bestehenden politischen und ideologischen Differenzen in den Hintergrund treten mussten, auch wenn unklar war, was konkret dem Hitlerregime folgen sollte. Der Sturz des Hitlerregimes und die Beendigung des Krieges war das gemeinsame Ziel der Akteure des Nationalkomitees, nachdem in Stalingrad und bei der Offensive am Kursker Bogen der Krieg sich auch militärisch gewendet hatte. Wichtig ist die gemeinsame geschichtliche Erfahrung der Bewegung „Freies Deutschland“, in einer breiten Palette von unterschiedlichen Menschen und Traditionen gemeinsam die Beendigung des Krieges als Hauptziel verfolgt zu haben. Es war auch eine gefährliche Entscheidung, die die Mehrheit der Kriegsgefangenen nicht mitgetragen hatten.
Die ablehnende Bewertung des NKFD zeigt sich auch darin, das Franz Ludwig von Stauffenberg, der Sohn des Hitlerattentäters, die Aufnahme von Kommunisten und des Bundes der Offiziere in die ständige Ausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand kritisierte. Aber genau da gehören sie hin, wie alle Widerständler aus den verschiedensten Bereichen der Bevölkerung, von denen Viele lange Zeit nicht anerkannt oder vergessen waren. Vergessen werden soll auch nicht, dass Widerstand gegen das Nazi-Regime trotz hoher Opferzahlen die Leistung einer Minderheit war. Die Mehrheit der Bevölkerung stand hinter Hitler und seinem rassistischen Regime. Das erklärt auch die Schwierigkeiten, mit denen die politischen Akteure in Ost und West nach dem Krieg bei der Gestaltung einer neuen Gesellschaft umgehen mussten und dies unterschiedlich getan haben.