Die Proteste gegen die Tötung des Afroamerikaners George Floyd in den USA gehen auch in diesen Tagen weltweit weiter. In verschiedenen Ländern gab es – trotz Corona-Einschränkungen – eindrucksvolle Großdemonstrationen. Allein in Deutschland gingen bei gut 30 Kundgebungen am vergangenen Wochenende weit über 150.000 vor allem junge Menschen gemeinsam mit Farbigen auf die Straße unter dem Motto „Black Lives Matter“ – in Berlin mindestens 15.000, in München etwa 25.000, in Frankfurt etwa 10.000. Massenaktionen gab es auch in London, Paris, Amsterdam, Athen, Lissabon, Budapest und vielen anderen europäischen Städten.
Diese Proteste waren als stilles Gedenken organisiert. An vielen Orten knieten die Teilnehmenden für knapp neun Minuten schweigend aus dem Boden – in Erinnerung an die Dauer des Polizeieinsatzes gegen George Floyd. Viele Mitglieder antifaschistischer Verbände waren an diesen Aktionen beteiligt, wenn auch auf Fahnen und Organisationssymbole weitestgehend verzichtet worden war.
Die Proteste richteten sich nicht allein gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA, sondern sie prangerten gleichzeitig den Rassismus in ihren eigenen Ländern an. So wurde in Deutschland in dieser Woche eine Untersuchung vorgestellt, dass es allein im Jahre 2019 über 1200 polizeilich registrierte Fälle rassistischer Übergriffe gegeben habe. Noch nicht dazugezählt sind alle Formen von Racial Profiling, bei denen Personen anlasslos kontrolliert werden wegen ihrer Hautfarbe. Dazu gehören gewalttätige Angriffe, selbst der Tod von Gefangenen in Polizeigewahrsam.
Es sind keine Einzelfälle, die auf den bundesweiten Protesten lautstark kritisiert wurden. Dass innerhalb der Polizei rechtsextreme und rassistische Ideologien vertreten sind, ist insbesondere in Hessen bekannt. Doch bislang wird das Problem geleugnet.
In Frankreich erinnerten die Teilnehmenden auch an Adama Traoré, einem jungen Schwarzen, der 2016 im Norden von Paris in Polizeigewahrsam zu Tode kam. Zum vierten Jahrestag jetzt hat dessen Familie eine fundierte Untersuchung veröffentlicht, in der Ärzte zum Schluss kommen, dass Traoré damals an den brutalen Methoden der Polizei erstickt sei. Eine Gedenkveranstaltung für den Pariser war vor wenigen Tagen verboten worden. Und kürzlich hatte ein anderer Bericht die Beamten freigesprochen. Traoré sei gestorben, weil er krank gewesen sei. Das menschenunwürdige Gezerre um den zumindest tragischen Tod von Traoré, illustriert „nur“ einen der regelmäßig bekanntwerdenden Fälle von fast immer rassistisch motivierter Polizeigewalt in Frankreich. Viel zu viele Fälle mit Todes- oder Verletzungsfolge, werden jedoch in Frankreich von staatlicher Seite nie aufgeklärt.
In Amsterdam und Zwolle erinnerten die Menschen an den 40jährigen Tomy Holtens aus Haiti, der Mitte März kurz nach seiner Festnahme durch die Polizei verstarb. Auch er wurde mit körperlicher Gewalt im Polizeifahrzeug so lange fixiert, bis er bewegungslos war, wie Zeugen berichteten.
In Budapest spitzte sich die Auseinandersetzung um Rassismus nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen zwei Jugendgruppen auf dem zentralen Deak Ter zu, bei der eines der Opfer durch einen Messerstich zu Tode kam. Etwa 2000 extrem rechte Hooligans marschierten daraufhin – trotz Verbot durch die Budapester Stadtregierung – vor der Zentrale der ungarischen Roma-Organisation auf und skandierten „Ja, es gibt Zigeunerkriminalität“. Wie bei ähnlichen Fällen versuchen extreme Rechte solche Vorfälle als Ausgangspunkt für rassistische Hetze zu nehmen. Gegen solchen Rassismus setzten vor wenigen Tagen ungarische Demokraten gemeinsam mit Repräsentanten der Roma-Verbände bei einer öffentlichen Kundgebung, auf der auch der Präsident der MEASZ und Präsident der FIR Vilmos Hanti anwesend war, ein deutliches Zeichen für antirassistische Toleranz und gegen Antiziganismus.