Wie die extreme Rechte in Europa bekämpfen

geschrieben von FIR

24. März 2021

Unter dem Motto „Solidarität, Analyse, Aktion – wie wir die extreme Rechte bekämpfen“ fand Mitte März die „NO PASARAN“-Konferenz der europäischen Linken statt. Unter den Corona-Bedingungen war es nur eine Video-Tagung, dennoch war das Interesse an der Tagung groß. Referenten waren Vertreter der Linksparteien und Experten aus verschiedenen europäischen Ländern, selbst aus Brasilien. 
In einer Bestandsaufnahme wurde die widersprüchliche Situation in den verschiedenen europäischen Ländern nachgezeichnet. Zwar wurde in Griechenland im vergangenen Jahr die Partei „Goldene Morgenröte“ in einem umfangreichen Prozess als kriminelle Vereinigung verboten, jedoch ist nicht zu übersehen, dass in der Polizei und den Sicherheitskräften Anhänger der „Goldenen Morgenröte“ noch heute starke Netzwerke besitzen. In anderen europäischen Ländern feiert die extreme Rechte Erfolge, in Portugal schaffte zum ersten Mal seit der Nelkenrevolution 1975 eine faschistische Partei den Sprung ins Parlament, in Spanien agiert die offen franquistische Partei VOX gegen die Regierung. In Italien verschieben sich die politischen Gewichte innerhalb der Rechten zugunsten der offen faschistischen „Fratelli d‘Italia“ und die rassistischen „Schwedendemokraten“ erreichen über 20% der Wählerzustimmung.
Einen interessanten Blick richtete die polnische Referentin auf die widersprüchliche Entwicklung unter der PiS-Regierung im Lande. Sie berichtete über den breiten Widerstand gegen die Einschränkungen der Selbstbestimmungsrechte der Frau, aber auch von den Schwierigkeiten, diesem Widerstand Kontinuität und Kraft zu verleihen, da die politischen Parteien sich ambivalent dazu verhalten.
Das sei ein deutliches Zeichen dafür, wie es der extremen Rechten gelingt, nicht nur selber Rechtsentwicklungen voranzutreiben, sondern bürgerliche Parteien zu veranlassen, die politische Agenda der extremen Rechten zu übernehmen und als eigenes Programm umzusetzen. Ein Beispiel dafür sind die Polizeigesetze, die der französische Präsident Macron gegenwärtig versucht durchzupeitschen.
Dabei beklagte der französische Vertreter, dass trotz solcher Herausforderungen und des Erstarkens der extremen Rechten unter LePen die verschiedenen linken Kräfte in Frankreich noch nicht den Weg des gemeinsamen Handelns gefunden hätten. Damit wächst die Gefahr, dass es bei der kommenden Präsidentschaftswahl in der Stichwahl nur wieder zu einer Alternative: „rechts oder ganz rechts“ kommt.
Von allen Gesprächsteilnehmern wurde die Schwäche der linken Bewegung in den jeweiligen Ländern als eine Ursache für den Anstieg der extremen Rechten genannt. So wurde beklagt, dass die extreme Rechte teilweise Themen und Symbole der Linken „gekapert“ hätten und sie – nationalistisch und rassistisch interpretiert – als eigene Agenda ausgäben. Die Linke müssen das gesellschaftliche Handeln im Interesse der arbeitenden Bevölkerung und der sozial Benachteiligten sowie die Solidarität mit dem globalen Süden im Mittelpunkt des gemeinsamen Handelns stellen, um den Einfluss der extremen Rechten zu begrenzen.Es war sicherlich den Begrenzungen einer Video-Konferenz geschuldet, dass die Lebendigkeit der Diskussion eingeschränkt war. Auch fehlten unter den Referenten Aktivisten der antifaschistischen und antirassistischen Bewegungen aus den verschiedenen Ländern, die über ihr konkretes Handeln gegen die extreme Rechte berichteten. Ein positives Beispiel lieferte Christine Buchholz, die die gesellschaftliche Initiative „Aufstehen gegen Rassismus“ in Deutschland und ihr gesellschaftliches Handeln gegen die AfD und Corona-Leugner vorstellte. Ein Defizit dieser Tagung war zudem der fehlende Blick auf faschistische und nationalistische Bewegungen in Osteuropa, in den baltischen Republiken oder der Ukraine. Hier zeigt die extreme Rechte ganz offen ihren Geschichtsrevisionismus und gewalttätigen Antisemitismus. Die FIR wird den Organisatoren vorschlagen, diese Themen auf der nächsten Tagung, die für Frühjahr 2022 geplant ist, als eigene Schwerpunkte zu behandeln.