Die 100. Präsentation der Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ seit deren Novellierung fand Ende September 2011 in der Stadtbibliothek von Villingen-Schwenningen statt.
Mit dem Tag der Befreiung im Jahr 2010, der bis heute als einziges Bundesland bundesweit nur in Mecklenburg-Vorpommern ein offizieller Gedenktag ist, wurde die fünfte Fassung der Neofaschismus-Ausstellung durch die VVN-BdA und Ver.di der Öffentlichkeit präsentiert. Noch nie in der 25-jährigen Geschichte der Ausstellung hatte sie solch einen Erfolg. Das hat nicht nur mit dem nach wie vor aktuellen Thema zu tun, sondern auch mit der Qualität des Ausstellungsangebotes, das neben einer Internetpräsentation auch durch einen Katalog, Flyer in acht Sprachen, Arbeitsblätter und ein Quiz begleitet wird. Mittlerweile konnte das Ausstellungsangebot der VVN-BdA an den unterschiedlichsten öffentlichen Orten gezeigt werden – in Bürgerhäusern, Gewerkschaftshäusern, Universitäten, Schulen, Volkshochschulen, Jugendzentren, Bibliotheken, Kirchgemeinden, Gedenkstätten, auf Konferenzen, bei Festivals und im Schweriner Landtag. Nicht zuletzt fand die Ausstellung auch im Ausland Beachtung bei Präsentationen in Österreich, Italien, Slowenien und Dänemark. Sie hat damit tatsächlich den Charakter einer Wanderausstellung angenommen und findet in öffentlichen Gebäuden ebenso Aufmerksamkeit, wie bei Großveranstaltungen und Aktionen auf der Straße.
Die Ausstellung konzentriert sich auf die Darstellung von Ideologie, Struktur, Zusammenhängen und Gegenstrategien zum Neofaschismus in Deutschland. Sie richtet sich an Laien, ist also keine akademische Ausstellung. 25 Jahre Ausstellungserfahrung haben dazu beigetragen, dass den Besuchern ein Angebot gemacht werden kann, mit dem das neue Gesicht des Neofaschismus in Deutschland gezeigt wird, wie es sich nach einem Strategiewechsel der NPD seit Ende der neunziger Jahre zeigt. In der Ausstellung dominieren Fotos und Gestaltungselemente, die es jedem erlauben, sich selbst ein Bild von der Nazi-Szene zumachen, die oftmals abgeschottet und informell agiert und sich nur gelegentlich öffentlich präsentiert. Die sparsamen Kommentare sollen die Besucher in ihrer eigenen Meinungsbildung unterstützen. Die dabei getroffenen Aussagen und Einschätzungen werden nicht jedem gefallen. Das liegt auch daran, dass sich die Ausstellungsmacher nicht der seit Jahren verbreiteten fehlerhaften Extremismustheorie anschließen, die mittlerweile in Politik, Medien und politischer Bildung nahezu zu einer staatstragenden Doktrin avanciert ist. Das Ausstellungsangebot macht insbesondere unter der Rubrik „Zusammenhänge“ deutlich, dass das neofaschistische Phänomen eben keine Erscheinung am Rande der Gesellschaft ist, sondern mit dieser Gesellschaft in beide Richtungen im Zusammenhang steht: neonazistische Ideologieelemente dringen ebenso in die Mitte der Gesellschaft vor, wie diskriminierende Einstellungen in der Mehrheitsgesellschaft neofaschistische Positionen bedienen, stärken und salonfähig machen. Leider werden diskriminierende Positionen gelegentlich von Politikern, Vereinen und auch Medien leichtfertig bedient oder sogar aktiv betrieben. All dies ist in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung kein Novum mehr. Die Friedrich-Ebertstiftung untersucht seit über einem Jahrzehnt die Ausprägung und Entwicklung diskriminierender Einstellungen in der Gesellschaft, die sich in allen sozialen Schichten und politischen Spektren in unterschiedlichem Ausmaß wiederfinden. Es ist aber ein Unterschied, ob diese Analyse im akademischen Hinterstübchen stattfindet oder öffentlich erfolgt. Die öffentliche Diskussion über den Neofaschismus und ein seit langem überfälliges NPD-Verbot systematisch gefördert zu haben, ist ein Verdienst dieser Ausstellung. Wie wichtig die Ausstellung der VVN-BdA ist, zeigt neben dem Besucherinteresse und zahlreichen zustimmenden Leserbriefen auch die Reaktion einiger einflussreicher Demokraten, die mit Diffamierung, haltlosen Extremismusvorwürfen, Beschlagnahme- und Verbotsversuchen oder einer Bildungszensur die öffentliche und vorurteilsfreie Auseinandersetzung mit Neofaschismus und Rechtspopulismus behindern und antifaschistische Demokratieprojekte aus machtpolitischen Gründen von demokratischer Teilhabe abzuschneiden versuchen. In diesem Sinne ist die Ausstellung der VVN-BdA auch ein Gegenentwurf für eine gesellschaftskritische Auseinandersetzung mit den wachsenden neofaschistischen und rechtspopulistischen Tendenzen in Deutschland und Europa, die in krisengeschüttelten Zeiten nach historischer Erfahrung an Boden gewinnen.