Gedenkstätte Sülstorf erneuert

geschrieben von Axel Holz

17. Dezember 2015

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Einweihung am 15November 2015Am 15. November 2015 hatten Landrat Rolf Christiansen und Horst Busse, Bürgermeister der Gemeinde Sülstorf, zur Einweihung der neu gestalteten Gedenkstätte für die Opfer des Transport-Zuges aus dem KZ Helmstedt-Beendorf eingeladen. Hier waren 53 Jüdische Häftlinge 1947 auf einem Ehrenfriedhof begraben worden, die im April 1945 mit dem Zug aus dem Außenlager des KZ Neuengamme unterwegs waren, wo sie in Zwangsarbeit in der V-Waffenproduktion beschäftigt waren. 4.350 Häftlinge wurden in 60 Waggons mit bis zu 120 Personen je Waggon zum KZ Wöbbelin auf einem Ehrenfriedhof begraben worden, die im April 1945 mit dem Zug aus dem Außenlager des KZ Neuengamme unterwegs waren, wo sie in Zwangsarbeit in der V-Waffenproduktion beschäftigt waren.
transportiert. Der Transport stand vom 13. bis zum 15. April 1945 in Sülstorf. Die meisten Häftlinge waren erschöpft und konnten die Waggons kaum aus eigener Kraft verlassen. Sie erhielten in Sülstorf zum ersten Mal Verpflegung, die auf Befehl der SS durch die Sülstorfer Bevölkerung gekocht und zum Bahnhof gebracht werden, recherchierte eine Schülergruppe innerhalb eines Projektes der Gedenkstätte Wöbbelin. Hunderte Häftlinge starben an Hunger oder wurden von SS-Leuten erschlagen oder erschossen. Sie waren in mehreren Massengräbern verscharrt worden, die zur Tarnung mit Flugzeugtrümmern bedeckt wurden, heißt es in Zeugenaussagen. Der Tod der Häftlinge bot den Stoff für Willi Bredels Erzählung „Das schweigende Dorf“. Pastor Helwig aus Sülstorf berichtete dem evangelischen Oberkirchenrat, dass sich in seiner Gemeinde ein Massengrab befinden soll. Dieser informierte die VVN, belegen Archivmaterialien. Der Leiter des VVN-Büros in Schwerin, Kurt Schliwski, war an den Ermittlungen beteiligt, die die Kriminalpolizei durchführte. Darüber berichtet er in seinen Erinnerungen, die die Historikerin Regina Scheer 1986 aufschrieb und die 2014 von der VVN-BdA kommentiert veröffentlicht wurden und im VVN-Shop erhältlich sind. Einige der exhumierten Leichen wiesen Schussverletzungen auf oder wurden erschlagen, belegen die kriminaltechnischen Untersuchungen, die sich im Landesarchiv fanden.
In der Mitgliederversammlung des Vereins Mahn- und Gedenkstätten im Landkreis Ludwigslust-Parchim e. V. wurde 2015 einstimmig beschlossen, die Gedenkorte des Landkreises, anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus würdevoll neu zu gestalten, auch die Gedenkstätte Sülstorf. Zunächst wurde die Gedenkstätte nach den Plänen des Schweriner Landschaftsarchitekten Mathias Proske als Spendenleistung gärtnerisch neu gestaltet. Ein Großteil des Bewuchses wurde im Frühjahr 2015 durch die Agrarproduktgesellschaft Lübesse entfernt. Notwendige Pflegearbeiten wurden durch den Gemeindearbeiter und durch Schüler des Gymnasialen Schulzentrums „Felix Stillfried“ Stralendorf durchgeführt. Am 1. Mai 2015 fand anlässlich der Internationalen Begegnung der Generationen eine Gedenkveranstaltung in Sülstorf statt, bei der auch Landesrabbiner William Wolf anwesend war. Mehrere Unternehmen aus der Region erbrachten Arbeitsleistungen im Wert von ca. 8.000 Euro für die Erneuerung der Gedenkstätte, denn von der Stiftung der Sparkasse gibt es in Mecklenburg-Vorpommern nur 50.000 Euro zur Erhaltung von insgesamt sechs Gedenkstätten. Die Hilfe vor Ort funktioniert gut, weil die Gedenkstätte in der Region mit zahlreichen Aktivitäten präsent ist und dauerhaft als Verein durch den Landkreis finanziert wird. Im Beisein von über 50 Gästen wurde die neugestaltete Gedenkstätte mit einer Informationstafel und Info-Stele mit historischem Foto bei strömenden Regen übergeben. Beim Empfang im Gemeindehaus Sülstorf konnten sich die Gäste aufwärmen, wurden Fotos vom Prozess der Neugestaltung der Gedenkstätte gezeigt und allen ehrenamtlichen Helfern sowie der VVN für ihre Recherchearbeit noch einmal herzlich gedankt. Gedenkarbeit ist in Sülstorf und der Region, wie es scheint, durch die aktive Arbeit der mit dem Johannes-Stelling-Preis ausgezeichneten Gedenkstätte fest verwurzelt.

Ausstellung „Fluchtorte“

geschrieben von Axel Holz

24. November 2015

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Bild_Kataolg_DemLebenhinterher_FluchtorteJüdischerVerfolgterDie Ausstellung „Dem Leben hinterher – Fluchtorte jüdischer Verfolgter“ wird am 1. Dezember 2015 um 14 Uhr in den Räumen der Landtagsfraktion DIE LINKE in Schwerin, Puschkinstraße 64 eröffnet und bis Jahresende in Schwerin zu sehen sein. Die Ausstellung des Berliner Museums Blindenwerkstatt Otto Weidt, selbst ein Fluchtort jüdisch Verfolgter in der Nazi-Zeit, wird gemeinsam von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA und der Rosa-Luxemburgstiftung Mecklenburg-Vorpommern gezeigt. Über 5.000 jüdisch Verfolgte sind allein in Berlin untergetaucht, um der Deportation durch die Nazis zu entgehen, 1.500 davon haben überlebt. Die Ausstellung zeigt, dass zahlreiche jüdische Menschen ihre Verfolgung nicht hingenommen haben, sondern sich den Repressalien der Nazis und der Deportation durch Flucht oder Abtauchen in den Untergrund entzogen haben. Sie macht aber auch deutlich, wie wichtig die Zivilcourage der Helfer war, die ihre Menschlichkeit bewahrten. Den gebundenen Katalog zu Ausstellung gibt es zur Eröffnung und im Sekretariat der Fraktion zum Sonderpreis von 10 Euro.
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Aufbruch und Verständigung

geschrieben von Raimund Gaebelein

24. November 2015

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WP_20151121_18_28_14_ProZu einem antifaschistisch-antirassistischen Kongress in Kopenhagen hatten Horserod-Stutthof Forenigingen und FIR-Dänemark verschiedene Verbände für den 21./22. November 2015 geladen. FIR und VVN-BdA waren als Gäste beteiligt. Rund 60 TeilnehmerInnen setzten sich mit der internationalen Lage, der Situation der Geflüchteten und dem europaweiten Vormarsch rechtsextremer und rechtspopulistischer Parteien auseinander. In seiner Eröffnung wies Anton Nielsen (FIR-Dk) auf die Bedeutung imperialistischer Kriegseinsätze auf die wachsenden Flüchtlingsströme hin. Antifaschistische Vereinigungen verpflichten sich zusammenzufinden und publizistisch dagegen zu halten. Mit einem Blick auf die Anschlagsserie in Paris beschwor unser Kamerad Heinz Siefritz (FIR) die Anwesenden, die Werte des Antifaschismus gegen alle politischen Versuche zu verteidigen, die Gesellschaft in autoritärer Weise zu verändern. Ausgehend vom Buchenwaldschwur sollten vier Signale gesetzt werden, eine gemeinsame Position gegen die imperialistische Politik der europäischen Regierungen, eine klare Verurteilung aller Arten von Rassismus und Ultranationalismus, Verteidigung der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg und Erinnerung an ihre Zielsetzungen, gemeinsam mit Gewerkschaften und Kirchen, die Einheit aller Organisationen, die am Kampf für eine bessere Welt ohne Rassismus, Nationalismus, Expansionismus teilnehmen.

Der Sozialwissenschaftler Aksel Carlsen verdeutlichte die Gefahr eines Geschichtsrevisionismus in der Ukraine durch Verherrlichung des kollaborierenden Bandenführers Stefan Bandera. Anne Jessen von der Zeitschrift Demos wies auf das Anwachsen extrem rechter Parteien hin. Augenfällig wurde das mit einer an die Wand projizierten Europakarte, die für Dänemark, Frankreich und Österreich Ergebnisse von einem Viertel für diese Parteien bei den letzten Europawahlen zeigte. Viele derer Aussagen scheinen der SS-Ideologie entlehnt. Penos Apergis (KKE) wies auf die sozialen Kämpfe gegen das Währungsdiktat in Griechenland und gegen Kriegsbeteiligung hin. Unsere Bundessprecherin Conny Kerth übergab vier Plakate zum 8. Mai in den Sprachen der alliierten Befreiungsmächte. Die Befreiung Deutschlands konnte nur durch die Breite des weltweiten antifaschistischen Konsenses erreicht werden. Conny unterstrich die Bedeutung des Vermächtnisses von Buchenwald für unseren Kampf heute. Anton Nielsen stellte fünf Aktionspunkte vor, mit denen der antifaschistisch-antirassistische Kampf in Dänemark auf breitere Grundlage gestellt werden soll. Es geht um Selbstverständigung gegen den Weg in einen Polizeistaat, soziale Abwehrkämpfe gegen die Arbeitslosigkeit, gegen die Aushöhlung des Asylrechts, gegen Fortführung der Kriegseinsätze. Beendet wurde der erste Konferenztag nach dem Abendessen mit gemeinsamen Singen von internationalen Arbeiterliedern und Gesprächen. Eine kurze Episode am Rande: Aus Protest gegen das Zeigen von Durchhaltefilmen während der deutschen Besatzung kauften sich Kopenhagener Kinokarten und gingen tanzen. Währenddessen lief im Kino immer derselbe Liebesfilm.

Am Sonntag wurde die Konferenz nach der Begrüßung fortgesetzt mit einem Vortrag von Birthe Sorensen über Versuche der Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit in Dänemark. Jan Mathiesen referierte über den Klassenkampf gegen den Faschismus, was Conny Kerth dazu herausforderte, die Gefahren des Geschichtsrevisionismus besonders in den östlichen EU-Staaten hervorzuheben, gegen die verstärkt vorzugehen sein wird. Sie lud die Anwesenden Organisationen ein, sich am 16. März 2016 in Riga am Protest gegen den Aufmarsch der lettischen Waffen-SS-Veteranen zu beteiligen. Die Lage der Kurden in Dänemark, insbesondere die Verfolgung der PKK-Aktivitäten, wurde von Bjorn Elmquist, einem Anwalt, am Beispiel des Senders Roj TV verdeutlicht. Abschließend wurde die Umsetzung der fünf Punkte des Arbeitspapiers besprochen und Arbeitsgruppen vereinbart.

Erklärung der FIR zum 70. Jahrestag der Eröffnung des Nürnberger Prozesses

geschrieben von FIR

19. November 2015

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Heute erleben wir auf den verschiedenen Ebenen der internationalen Politik, dass die Prinzipien des Völkerrechts immer wieder in Frage gestellt werden. Anlässlich des 70. Jahrestags des Beginns der Nürnberger Prozesse erinnert die FIR an diesen Prozess und die dort – im Namen der Völker – gesprochenen Urteile. Sie verurteilt alle Versuche der Verfälschung und Relativierung.
Am 20. November 1945 begann mit der Eröffnungssitzung der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Angeklagt waren führende Repräsentanten der faschistischen Herrschaft als
Einzelpersonen und als Repräsentanten der faschistischen Reichsregierung, der NSDAP und aller ihrer Untergliederungen, der SA, der SS, des SD und der Gestapo, als Vertreter der Wehrmacht, der
Wirtschaft und des Propagandaapparates. Die vier alliierten Ankläger zeigten damit, dass für die schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Kriegsverbrechen und Vorbereitung zum Krieg Personen und Institutionen des faschistischen Apparates gleichermaßen Verantwortung trugen. Und in den Nachfolgeprozessen und OMGUS – Berichten wurde bewiesen, welche Verantwortung die Großindustrie wie z.B. Krupp, IG Farben und andere Rüstungsbetriebe sowie die Banken für den faschistischen Eroberungskrieg trugen. Den Prozessen lagen Hunderte von Zeugenaussagen und Tausende von Belastungsdokumenten der faschistischen Administration selber zugrunde. In der Urteilsbegründung heißt es dazu: „Das auf Kriegsverbrechen bezügliche Beweismaterial ist überwältigend gewesen, sowohl was den Umfang betrifft, als auch in seinen Einzelheiten.“ Es folgen mehrere Seiten Erläuterungen, um welche Kriegsverbrechen in den okkupierten Ländern, gegenüber der Zivilbevölkerung und den Kriegsgefangenen es sich gehandelt hatte. In gleicher Form wurden alle anderen Anklagepunkte belegt und verurteilt.

Ausstellung über Fluchtorte jüdisch Verfolgter

geschrieben von Axel Holz

19. Oktober 2015

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Die Ausstellung „Dem Leben hinterher – Fluchtorte jüdischer Verfolgter“ wird am 2. November 2015 um 10 Uhr in der Volkshochschule „Ehm Welk“ in Schwerin eröffnet und bis Ende November in Schwerin zu sehen sein. Die Ausstellung des Berliner Museums Blindenwerkstatt Otto Weidt, selbst ein Fluchtort jüdisch Verfolgter in der Nazi-Zeit, wird gemeinsam von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA und der Rosa-Luxemburgstiftung Mecklenburg-Vorpommern gezeigt.

Über 5.000 jüdisch Verfolgte sind allein in Berlin untergetaucht, um der Deportation durch die Nazis zu entgehen, 1.500 davon haben überlebt. Die Ausstellung zeigt, dass zahlreiche jüdische Menschen ihre Verfolgung nicht hingenommen haben, sondern sich den Repressalien der Nazis und der Deportation durch Flucht oder Abtauchen in den Untergrund entzogen haben. Sie macht aber auch deutlich, wie wichtig die Zivilcourage der Helfer war, die ihre Menschlichkeit bewahrten.

Brandanschlag auf Künstlerehepaar

geschrieben von Axel Holz

19. August 2015

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Am 13. August wurde die Scheune des Künstlerehepaars Lohmeyer im westmecklenburgischen Dorf Jamel angezündet. Das Wohnhaus des gegen Neonazis engagierten Paares befindet sich nur zehn Meter von der Scheune entfernt. Nur durch Zufall und den schnellen Einsatz der Feuerwehr griff das Feuer nicht auf das Wohnhaus über, in dem die Lohmeyers mit Gästen überrascht wurden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering forderte eine schnelle Aufklärung und sprach dem Ehepaar Mut zu. Die Familie Lohmeyer zeige dort Flagge, wo es besonders schwierig sei. Innenminister Lorenz Caffier kündigte eine zügige Untersuchung des Brandanschlages an, der bereits durch den Fund von Brandbeschleunigern belegt ist. Die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund, denn das Künstlerehepaar im Jamelner Forsthaus engagiert sich seit über zehn Jahren gegen rechts in einem Dorf, das überwiegend von Nazi-Familien bewohnt wird und zahlreiche Bewohner mit Drohungen und Gewalt bereits vertrieben hat. Doch die Lohmeyers wollen sich nicht vertreiben lassen und setzen mit Ihrem Bleiben und ihrem jährlichen Fest „Jamel rockt den Förster“ ein deutliches Zeichen gegen rechts. Mit zahlreichen Preisen wurde das Paar ausgezeichnet, darunter einem Preis des Zentralrates der Juden in Deutschland. Deren frühere Präsidentin Charlotte Knobloch kommentierte, dass dies ein neuer fürchterlicher Beweis sei, wie brandgefährlich alte und neue Nazis seien, wenn sich dieser Anschlag als politisch motiviert erweisen sollte. Die Übergriffe auf das engagierte Ehepaar sind nicht neu. Fast nach jedem neuen Preis folgten Drohungen, Beleidigungen oder zerstochene Reifen. Mit dem Spruch „frei, sozial und national“, der eine Hauswand im Dorf kleidet, machen die Dorfbewohner keinen Hehl aus ihrer Überzeugung. Jamel ist auch der Wohnort des ehemaligen NPD-Kreistagsabgeordneten Sven Krüger, dessen Mitarbeiter einer Abbruchfirma auf ihren T-Shirts den Spruch „Jungs fürs Grobe“ tragen. Der mehrfach vorbestrafte NPD-Kader ließ das Grevesmühlener „Thinghaus“ als landesweiten Treffpunkt errichten, in dem sich regelmäßig Neonazis und Hammerskins treffen und Rechtsrockkonzerte veranstaltet werden. 2012 erschien die Rechtsrock-CD „Jamel scheißt auf den Förster“ mit Titeln der rechten Band „Die Lunikoff Verschwörung“. Doch in Kürze heißt es wieder „Jamel rockt den Förster“, und zwar gegen rechts. Dann erhalten die Lohmeyers den Georg-Leber-Preis der IG Bau für Zivilcourage.

Nazi-Gold für Portugal

geschrieben von Axel Holz

16. August 2015

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Portugal nahm als neutrales Land nicht am 2. Weltkrieg teil, verlängerte ihn aber durch Wirtschaftsgeschäfte mit der Hilfe der Lissaboner und der Schweizer Nationalbank mit Nazi-Gold. Zu diesem Schluss kommt der Wirtschaftshistoriker und Journalist Antonio Louca in seinem bereits 2000 in Portugal erschienenem Buch. Vorausgegangen war dem Buch eine Resolution des amerikanischen Repräsentantenhauses vom 3. Januar 1996, das die vollständige Offenlegung der gesamten Kriegsvergangenheit gegen Nazi-Deutschland forderte. In der Folge erschienen zahlreiche Kommissionsberichte einzelner Länder, deren Banken in den Handel mit dem Raubgold der Nazis verwickelt waren. Nazideutschland war zu Kriegsbeginn faktisch pleite und finanzierte den kommenden Krieg weitgehend mit Raubgold. Von 930 Mio. Dollar Reichsbankgold waren zu Kriegsende 753 Mio. Dollar Raubgold. Das Raubgold der Nazis hatte dreifachen Ursprung – die Bestände der Nationalbanken der von den Nazis überfallenen Staaten, geraubte private Devisen- und Goldeinlagen und das Raub-Gold der Nazi-Opfer aus den Konzentrationslagern. Während letzeres in den türkischen Wirtschaftskreislauf eingespeist wurde, wurden die riesigen geraubten Gold-Bestände der europäischen Nationalbanken als Zahlungsmittel der Nazis in Wirtschaftsgeschäfte mit sogenannten neutralen Staaten eingebracht, vor allem mit Portugal und der Schweiz. Die Nazis ließen dazu Raubgold umschmelzen und brachten es mit veränderter Prägung auf den Markt, etwa um die unausgeglichene Handelsbilanz mit Portugal zu bedienen, die Wehrmacht mit portugiesischen Sardinen zu versorgen und vor allem, um kriegswichtige Rohstoffe zu importieren, über die Deutschland nicht verfügte. Darunter war auch portugiesisches Wolfram, ein Metall mit hohem Schmelzpunkt, dessen Legierungen für die Panzerung von Militärfahrzeugen unerlässlich waren. Das Geschäft der Nazis mit dem portugiesischen Diktator Salazar wurde über die Schweiz abgewickelt. Von Kriegsbeginn bis 1942 flossen 517 Millionen Schweizer Franken nach Deutschland. Später erfolgte die Bezahlung aus Angst vor einer Abwertung des Schweizer Franken mit Gold aus weitgehend belgischer Herkunft. Das Raub-Gold der Nazis wurde über Depots der Schweizer Nationalbank ab Bern mit Lastwagen über Südfrankreich und Nordspanien nach Portugal gebracht. Insgesamt nennt der Bericht der zur Aufklärung des Handels mit Nazigold eingesetzten portugiesischen Kommission unter der Leitung des ehemaligen sozialistischen Regierungschefs, Mario Soares, Geschäfte im Umfang von 42 Tonnen Nazi-Gold. Doch der Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses, Elan Steinberg, sprach 1999 von 110 Tonnen Nazigold, die nach Portugal flossen. Das war immerhin ein Kriegs-Geschäft Portugals im Wert von umgerechnet knapp einer Milliarde Euro. Portugal profitierte dabei beim Woframverkauf ähnlich wie Rumänien beim Erdölverkauf an Deutschland von überhöhten Preisen, die Nazi-Deutschland auf Grund fehlender Alternativen zahlen musste. Auch der Handel der Schweiz mit Raubgold ist unübersehbar, denn der Wert des gehandelten Goldes erreicht fast das Dreifache des Wertes der Waren, die von Deutschland mit der Schweiz zwischen 1940 und 1944 mit anderen Gütern kompensiert wurden. Natürlich versuchten die Alliierten, die kriegswichtigen Wolframgeschäfte Portugals mit Deutschland lahmzulegen, zunächst mit Angeboten von Waffenlieferungen zu Dumpingpreisen, später mit einer Kampagne, um die deutschen Zahlungsmittel in Misskredit zu bringen. Schließlich attackierten die Alliierten Portugal mit einem Embargo der Wolframlieferungen und drohten schließlich Anfang 1943 und erneut 1944 mit der Beschlagnahme portugiesischer Vermögenswerte im Ausland. Doch Portugals Diktator Salazar ließ sich nicht beeindrucken, vertuschte die Nazigeschäfte und stellte sie erst ein, als mit dem Vormarsch der Alliierten nach der Eröffnung der zweiten Front der Weg für die Goldtransporte über Südfrankreich versperrt war. Zwei Motive leiteten Salazar dabei – Profite aus Kriegsgeschäften mit Nazi-Deutschland und der Antikommunismus, der beide faschistischen Regimes verband. Der Handel mit den deutschen Faschisten funktionierte auch in Kriegszeiten ausgezeichnet, die noch heute gern als Nationalsozialisten bezeichnet werden, indes aber kapitalistische Geschäfte reinsten Wassers betrieben. Selbst als Nazi-Deutschland 1943 größte wirtschaftliche Anstrengungen zur Kriegsproduktion unternehmen musste, wurden 40 Prozent dieser Produktion für internationale Waffengeschäfte eingesetzt. Das lohnt sich bis heute, ob mit oder ohne Krieg.

Literaturhinweis: Antonio Louca, Nazigold für Portugal. Hitler & Salazar, Wien 2002

Rechte Gewalt steigt an

geschrieben von Axel Holz

4. August 2015

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Die Zahl rechtsextremer Gewalttaten ist 2014 erneut angestiegen. Dabei nahmen Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte deutlich zu.
Rechtsextreme Gewalttaten nahmen 2014 erneut um 5 Prozent auf 496 zu. Sie sind nur die gewalttätige Spitze des Eisbergs der insgesamt 10.054 rechtsextremen und fremdenfeindlichen Straftaten. Seit Jahren erfragt DIE LINKE im Bundestag monatlich die erfassten Straftaten mit rechtsextremen und ausländerfeindlichen Hintergrund. Hinzu kommen in jüngster Zeit auch nachträglich als rechtsextrem eingestufte Taten in Folge der Rückverfolgung tausender ungeklärter Gewaltverbrechen von 1990 bis 2011 nach dem Bekanntwerden der NSU-Mordserie. Bei 746 Fällen mit 846 Opfern seien Hinweise auf „mögliche rechte Tatmotive“ festgestellt worden, hieß es aus dem Berliner Innenressort. Darunter ist auch der 2012 ermordete Karl-Heinz L. aus Bützow, dessen Mörder zu elf Jahren Haft verurteilt wurde. Diese Tat wurde zunächst nicht als rechtsextrem eingestuft, obwohl der Opferberatung LOBBI ihn in ihrem „Rundbrief“ als polizeibekannt und der Nazi-Szene zugehörig charakterisierte. Nach Kritiken an mehreren ungeklärten Gewaltverbrechen mit rechtsextremem Hintergrund wurde dieser Fall nun am 2. Dezember 2014 aus dem Schweriner Innenministerium nachgemeldet, wie die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion zeigt. In Brandenburg verdoppelte sich durch eine solche Nachmeldung die Zahl rechtsextremer Tötungsdelikte auf nunmehr 18. Die Antwort der Bundesregierung führt bundesweit 15 Tötungsdelikte auf, die bislang nicht als Morde mit einem menschenverachtenden Hintergrund eingestuft wurden. Neben den 75 vollendeten Tötungsdelikten listet das Dokument der Bundesregierung weiterhin 170 versuchte Tötungsdelikte auf, bei denen 142 Menschen verletzt wurden. Die mindestens 156 rechtsextremen Morde seit 1990 sind die Taten einer neonazistischen Gewaltszene, in der ungebrochen Gewalttaten auf einem hohen Niveau verübt werden. An der Spitze stand dabei in 2014 Brandenburg mit 2,98 rechtextremen Gewalttaten je 100.000 Einwohner, gefolgt von Berlin (2,81), Thüringen (2,27) und Mecklenburg-Vorpommern (2,19). Teil dieser Gewaltorgie sind die zunehmenden rassistischen Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. 2014 zählte die Polizei 150 solcher Attacken und damit dreimal so viel wie im Vorjahr, belegt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Petra Pau hatte die fremdenfeindlichen Pegida-Proteste für den Anstieg dieser Delikte verantwortlich gemacht.

Erklärung der FIR zum 70. Jahrestag der Potsdamer Konferenz

geschrieben von FIR

3. August 2015

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Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) erinnert an den 70. Jahrestag der Potsdamer Konferenz als Beginn einer neuen Periode des Zusammenlebens der Völker in Europa. Wie auf der Konferenz von Jalta beschlossen, definierten die Kräfte der Anti-Hitler-Koalition nach der militärischen Zerschlagung des deutschen Faschismus die Grundlagen für ein friedliches Nachkriegs-Europa. In der Potsdamer Konferenz (Ende Juli/ Anfang August 1945) formulierten die Unterhändler Großbritanniens, der Sowjetunion und der USA die Rahmenbedingungen jener europäischen Nachkriegsordnung, die dazu beitragen sollten, dass nie wieder Faschismus und Krieg von deutschem Boden ausgehen können.

Die Ziele waren die Vernichtung des militärischen Potenzials des deutschen Faschismus und Aufbau einer gesellschaftlichen Ordnung auf der Basis von Entnazifizierung, Entmilitarisierung, Entmonopolisierung und Demokratisierung. Dies entsprach auch dem Willen aller antifaschistischen Kräfte, die in ihren Ländern für die Befreiung vom Faschismus gekämpft hatten.

Geregelt wurde die territoriale Neuordnung in Mitteleuropa, insbesondere die Oder-Neiße-Linie als deutsche Ostgrenze. Festgelegt wurde auch die Umsiedlung von Teilen der Bevölkerung, was revanchistische Kreise insbesondere in Deutschland bis heute als „Vertreibung“ denunzieren.

Zum Abschluss der Verhandlungen unterzeichneten der britische Premierminister Attlee sowie der sowjetische Staatschef Stalin und der amerikanische Präsident Truman als Repräsentanten der Siegermächte dieses Dokument. Dieser Vertrag, dem später auch Frankreich beitrat, bildet bis heute das rechtliche Gerüst der europäischen Nachkriegsordnung.

Auch wenn man festhalten muss, dass – mit dem aufkommenden Kalten Krieg – wichtige Aspekte des antifaschistischen Neuanfangs insbesondere in den Westzonen nicht umgesetzt wurden, so bleibt für uns als internationale antifaschistische Organisation das Potsdamer Abkommen bis heute von herausragender Bedeutung. Denn es
• kennzeichnet den verbrecherischen Charakter der faschistischen Organisationen und Institutionen, wie er im Nürnberger Prozess auch juristisch nachgewiesen wurde,

• gewährleistet bis heute insbesondere die Unverletzlichkeit der polnischen Westgrenze,

• wehrt damit alle revanchistischen Ansprüche insbesondere gegenüber Polen und der tschechischen Republik ab,

• benennt zudem die Verantwortung der großen Industrie, der Banken und Konzerne im Deutschen Reich für die faschistischen Verbrechen und steht somit quer zu allen Versuchen der geschichtsrevisionistischen Umdeutung,

• definiert die Strukturen einer antifaschistisch-demokratischen Neuordnung in Deutschland,

• ist das Dokument der siegreichen Anti-Hitler-Koalition, die getragen war von den militärischen Einheiten der Armeen und dem antifaschistischen Befreiungskampf der Völker.

Die FIR und ihre Mitgliedsverbände verteidigen die Ideen des Potsdamer Abkommens gegen alle Ansätze des Wiedererstarkens von Faschismus und Antikommunismus insbesondere in mittel- und osteuropäischen Staaten und gegen alle Versuche, die Geschichte des zweiten Weltkriegs zu verfälschen, Hitler mit Stalin, Faschismus mit Sozialismus, die faschistischen Mörder und deren Opfer gleichzusetzen. Die Völker Europas, die – mehr als alle anderen – den Preis für den deutschen imperialistisch-faschistischen Krieg bezahlten, dürfen solche Verzerrung der Geschichte durch die Fälschung der geschichtlichen Fakten des Krieges nicht hinnehmen.

Die Erinnerung an das Potsdamer Abkommen ist für Antifaschisten eine Verpflichtung, dem Wiederaufleben von faschistischen Gruppen und Ideologien sowie allen Formen der Verfälschung der Geschichte des antifaschistischen Kampfes offensiv entgegenzutreten.

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Geschichte verpflichtet: Bleiberecht für Roma – Abschiebestopp sofort!

geschrieben von Conny Kerth

3. August 2015

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Abschiebungen von Roma in die Nachfolgestaaten Jugoslawiens gehen unvermindert weiter. Trotz der Beschreibung der unerhörten Lebensumstände, die die Familien nach Berichten unabhängiger Berichterstatter dort erwarten, hat die Bundesregierung Mazedonien, Bosnien und Serbien bereits zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt, Kosovo soll folgen.

In diesen ethnisch begründeten Staaten, die auch mit erheblicher diplomatischer Unterstützung Deutschlands und zuletzt auch mit dem völkerrechtswidrigen Krieg unter deutscher Beteiligung entstanden sind, ist für Roma kein Platz. Stigmatisiert, ausgegrenzt und mittellos sich selbst überlassen, fehlt es ihnen dort an allem. Der weit verbreitete Antiziganismus macht es nahezu unmöglich Fuß zu fassen. Selbst physische Gewalt durch Polizei und Zivilisten ist an der Tagesordnung.

Dabei steht Deutschland gegenüber den Nachkommen der Opfer des Holocaust an geschätzten 500.000 Sinti und Roma in einer besonderen Pflicht.

Schon bei der Einweihung des Mahnmals für die ermordeten Sinti und Roma Europas 2012 in Berlin wurden diejenigen, die im Anschluss an die Rede der Bundeskanzlerin nach den Abschiebungen fragten, zurechtgewiesen, das sei „heute“ kein Thema . Welchen Sinn kann ein Mahnmal haben, wenn es für das Heute keine Bedeutung hat?

Nachkommen von jüdischen Holocaust-Opfern aus der zerfallenden Sowjetunion wurde wegen der Situation in den Nachfolgestaaten in den 1990er Jahren die Einreise und Niederlassung als Kontingent-Flüchtlinge erlaubt. Warum kann nicht für die Roma aus den Ex-jugoslawischen Staaten eine entsprechende Regelung geschaffen werden? Die historische Verpflichtung ist die gleiche.

Jetzt haben sich Betroffene in der Initiative „Romano Jekipe ano Hamburg“ zusammengeschlossen und werden in der nächsten Woche Mahnwachen vor der Ausländerbehörde durchführen und für ein Bleiberecht demonstrieren. Wir werden sie dabei nach Kräften unterstützen!

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