Wiederholung des Unrechts
3. Dezember 2019
Bundesentschädigungsgesetz, FDGO, Gemeinnützigkeit, KPD-Verbot
In Anerkennung der Tatsache, „daß der aus Überzeugung oder um des Glaubens oder des Gewissens willen gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geleistete Widerstand ein Verdienst um das Wohl des Deutschen Volkes und Staates war“, hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates im Jahre 1953 das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) beschlossen.
Unter den Entschädigten befanden sich auch die kommunistischen Widerstandskämpfer, denn 70 Prozent des Widerstandes war kommunistisch, stellte das Institut für Zeitgeschichte fest. Die Regierungspolitiker versahen jedoch das Gesetz mit einem Paragrafen, der allen die Entschädigung versagte, die gegen die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ (FDGO) verstießen, und das waren nach Meinung der Obrigkeit Bürgerinnen und Bürger, die das KPD-Verbot nicht einhielten. Angehörigen des Arbeiterwiderstandes wurde erhebliches Unrecht zugefügt. Manche mussten sogar ihre bezogenen Leistungen zurückzahlen.
Es waren jedoch nicht nur angebliche Verstöße gegen die FDGO, die das Unrecht begründeten. So fand ich in den Unterlagen meines verstorbenen Schwiegervaters das Gutachten des Starpsychiaters der Nazizeit Prof. Bürger-Prinz, der nach 1945 als allein zuständiger Experte dafür sorgte, dass Artur Burmester keine Entschädigung erhielt. Als 18jähriger ein Jahr lang mit auf dem Rücken gefesselten Händen im KZ Fuhlsbüttel zu vegetieren, das konnte nicht zu den schweren Depressionen in der Nachkriegszeit geführt haben, schrieb der Prof. im Jahr 1966. Er bescheinigte dem Kommunisten, dass ihm keine Entschädigung zukomme, denn »der Kläger nahm die Risiken einer Verfolgung im Sinne einer mehr oder weniger bewusst gewählten Selbstbewährung im Einsatz für die Idee auf sich, unterscheidet sich darin also gegenüber der unausweichlichen Situation eines rassisch Verfolgten«.
Das Unrecht der Verweigerung von Entschädigung wurde teilweise wieder gutgemacht, als die Bundesländer auf Anregung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) und der Grünen regionale Härtefonds einrichteten, aus denen „vergessene Opfer“ und auch die Kommunisten Entschädigungsgelder bezogen. „Vergessen“ waren unter anderem auch die Schwulen und Lesben, die Roma, die Opfer der Wehrjustiz und die Euthanasiegeschädigten.
Dieser Tage lebt nun das Unrecht aus der Zeit des Kalten Kriegs wieder auf. Der Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus‘ knüpft an die Verweigerung der Entschädigung in den 50er und 60er Jahren an. Doch diesmal dürfte die Solidarität mit der VVN-BdA so stark werden, dass diese Art der Wiederholung abgewehrt werden kann.