Ist das schon antisemitisch?

geschrieben von Axel Holz

17. November 2024

Satiren, Geschichten und Cartoons gegen den Judenhass. Das ist der Untertitel des im Verlag Satyr im September erschienen Buches „Sind Antisemitisten anwesend?“.  Herausgeber und Autoren sind Lea Streisand, die Essays und Kolumnen für taz, Berliner Zeitung und Jüdische Allgemeine schreibt, der Berliner Autor in „Die Wahrheit“, taz und Jungel World Michael Bittner sowie der taz-, Titanic-Autor und Lesebühnenaktivist Heiko Werning. Im Band sind 80 Satiren, Essays, Gedichte, Geschichten und Cartoons gegen den Hass versammelt. Die Autoren konstatieren, dass wieder mal die Juden an allem Schuld seien, selbst am 7. Oktober 2023. In diesen schrägen Gesang stimmten Linke und Rechte, Migrationshintergründler und „Kartoffeln“, Islamisten und Queere ebenso ein wie Neonazis, Berufszonis und DekolonilalistInnen, erläutert Herausgeberin Lea Streisand im Interview mit radioeins. Aus ihrer Familie hatte nur ihr Großvater die Nazi-Zeit überlebt. Wir vergessen niemals, schreibt sie in ihrer Geschichte über den Palast der Republik,  aus dem ihre Eltern am Hochzeitstag eingravierte Löffel mitgehen ließen. Die Gravur lässt sich heute in so manchem ostdeutschen Küchenschrank wiederentdecken.

In der Einleitung zum Buch bestätigen die Autoren auf satirische Weise, dass dieses Buch natürlich von den Weisen Zions und Bill Gates gesponsert sei. Weitere antisemitische Klischees und Verschwörungserzählungen werden dem Leser durchgehend im Buch begegnen. Ob in den Achtzigern  im ostdeutschen Pionierlager, beim Interrail-Trip westdeutscher Jugendlicher nach Marokko oder beim Israel-Besuch eines deutschen Teanagers zu seiner Freundin, als ihm ein Araber unaufgefordert das Türschloss repariert. Das Buch ist unterhaltsam und oft sarkastisch, der jüdische Humor eingeschlossen. Humor ist ohnehin etwas, mit dem Antisemiten oft nur wenig anfangen können.

Israel in Frage stellen

Arianne Lemme stört die Wut der propalästinensischen Proteste nach dem 7. Oktober, die mit der Haltung verbunden sei: Wir haben nicht das ganze Land, also lehnen wir jedes Angebot auf einen Teil ab. Besser wäre Mitgefühl, meint die Autorin. Aber dafür müsste die Gleichsetzung von Terror und Verteidigung endlich aufhören. Mark-Stefan Tietze verfolgt die Facebook-Einträge nach einer ZDF-heute-Sendung über die Tötung von sieben Mitarbeitenden der internationalen Hilfsorganisation „World Central Kitchen“, die Israels Führung als Versehen bedauert. In den Einträgen interessiere sich niemand für die Kriegsziele, die Hamas auszuschalten und die Geiseln zu befreien. Auch wenn keiner der Kommentatoren die Formel vom „ewigen Juden“ benutze – mit seiner unabänderlich bösen Natur, seinem zerstörerischen und kriegslüsternen Charakter und seiner seltsamen Besessenheit, aus heiterem Himmel Kinder zu ermorden. Eben dieser Antisemitismus scheint in den Kommentaren unter der Hand hervor.

In Vielfalt vereint

Die Lösung gegen Antisemitismus sucht Bodo Wartke und resümiert: Nationalisten, Islamisten, Fundamentalisten und Gangsterrap-Artisten hätten viel mehr gemeinsam als man meint. Neben Homophobie und Frauenfeindlichkeit eben auch Antisemitismus. Bei Miriam Wurster im Cartoon trauen sich jüdische Menschen nicht mehr raus. Sie könnten leider  nicht erkennen, ob es sich um rechtsradikalen, muslimischen, linken Antisemitismus oder den aus der Mitte der Gesellschaft handele, heißt es in der Sprechblase dazu.

Das Pali-Tuch im Schrank

Die Geschichte eines Kleidungsstücks erzählt Volker Surmann, der Satyr-Verleger, der für die Berliner Lesebühne Brauseboys schreibt. Als Oberstufenschüler eines Landgymnasiums bei Bielefeld gehörte das Pali-Tuch bei der eher linken Schülerschaft einfach dazu. Die Tücher waren warm und haben beim Fahrradfahren sicher mancher Erkältung vorgebeugt, blickt der Autor zurück. Sie würden aber weiter ein Schattendasein hinten in seinem Kleiderschrank fristen. Es sei denn im Nahen Osten beginne ein Friedensprozess ohne Terror und radikale Siedler, mit Demokraten in zwei souveränen Staaten, Nobelpreis und dem ersten Gaza-Pride, kommentiert der Autor. Aber er befürchtet auch, die Motten könnten schneller sein.

Sind Antisemitisten anwesend?, Satiren, Geschichten und Cartoons gegen Judenhass, Buch Hardcover,  2024, 384 S., Satyr Verlag, ISBN 978-3-910775-18-3, Preis: 26 Euro

Demo für Prüfung eines AfD-Verbots

geschrieben von Axel Holz

11. November 2024

Mehr als 400 Menschen haben am 9. November vor dem Wismarer Rathaus für die Prüfung eines AfD-Verbots demonstriert. Zuvor waren DemonstrantInnen vom Bahnhof mit Transparenten zum Markt marschiert, um ihr Anliegen öffentlich deutlich zu machen. Hinter dem Banner der VVN-BdA für ein Verbot aller Nazi-Parteien vereint, hatten sich die Redner in die erste Reihe der Demonstration gestellt. Am Markt hatten zwei Einreicher einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten ihr Argumente für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD begründet – MdB Maja Wallstein (SPD) und, verlesen durch Horst Krumpen, auch MdB Anke Domscheit-Berg. MdB Marco Wanderwitz (CDU), der den Gruppenantrag im Bundestag initiiert hatte, war zwar als Redner angemeldet, musste aber kurzfristig absagen. Ansprechende Redebeiträge hielten auch der Bürgermeister der Stadt Wismar Thomas Beyer und die Vorsitzende des Flüchtlingsrats MV Ulrike Seemann-Katz.

Erneut Schändung des Ehren-Friedhofs in Schwerin

geschrieben von Axel Holz

8. Oktober 2024

Auf dem Platz der OdF in Schwerin wurde zwischen dem 2. und 4. Oktober wiederholt der Ehrenfriedhof mit Gräbern sowjetischer Soldaten, von KZ-Häftlingen und Verfolgten des Naziregimes geschändet. Nach Angaben der Friedhofsverwaltung übertrifft der Grad der Verwüstung von 28 Grabstellen das Ausmaß ähnlicher Fälle in früheren Jahren bei Weitem. SVZ und Nordkurier haben über die Friedhofsschändung berichtet. Der Nordkurier hatte formuliert, dass ein politisches Motiv von der Polizei geprüft werden. Dies dürfte nach zahlreichen vergangenen Vorfällen eben nur auf diesem Friedhof in Schwerin auf der Hand liegen. Die VVN-BdA Mecklenburg-Vorpommern hatte in einer Pressemitteilung bereits vor wenigen Wochen über den massiven Anstieg rechtsextremer Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern berichtet. Die erneute Friedhofsschändung gegen das Andenken an die Opfer des Faschismus und an die Befreier vom Faschismus reiht sich in diese verheerende Entwicklung ein. Oberbürgermeister Rico Badenschier kommentierte im Nordkurier, wir könnten nicht zulassen, dass das Andenken an die Opfer des Faschismus zerstört und beschmutzt werde. Der materielle Schaden belaufe sich auf 15.000 bis 20.000 Eure, informierte Stadtsprecherin Michaela Christen. Selbstverständlich würden die Grabzeichen durch die Stadt repariert und wieder aufgestellt werden.

Rostock: Gedenken für die Opfer des Faschismus am 8. September

geschrieben von Axel Holz

4. September 2024

Die VVN-BdA Rostock lädt am 8. September 2024 um 14 Uhr zum Gedenken an die Opfer des Faschismus in den Rostocker Rosengarten ein. Die Gedenkrede hält Fabian Scheller vom DGB.

Stolpersteinverlegung für Zeugin Jehovas am 25. September in Schwerin

geschrieben von Axel Holz

4. September 2024

Am 25. September 2024 wird gegen 15 Uhr in der Heinrich-Mann-Straße 6 ein Stolperstein für die Zeugin Jehovas Emma Tiesel verlegt. Die Gedenkstunde findet um 17 Uhr am Südufer des Pfaffenteichs statt.

In einer Begleitveranstaltung wird Falk Bersch am 10. September 2024 um 18 Uhr im Schleswig-Holstein-Haus einen Vortrag dazu halten: „Von Sachsenhausen nach Schwerin: Jehovas Zeugen und der Todesmarsch“. Interessierte sind herzlich eingeladen.

Architekt des Holocaust

geschrieben von Axel Holz

24. Juli 2024

Als Banalität des Bösen charakterisierte Hannah Arendt als Reporterin beim Jerusalemer Eichmann-Prozess 1961 den Tätertyp Adolf Eichmanns. Dieser habe bei der „Endlösung der Judenfrage“ eine geringere Rolle gespielt, als die Anklage unterstellte. Die Artikelserie erschien 1963 zunächst im New Yorker, im selben Jahr als Buch in den USA und 1964 auch in deutscher Sprache. Manche sehen in der Formulierung eine Phrase, andere eine Chiffre und ein Resümee des Buches, die nur im letzten Satz des Berichtes vorkommt und erst nachträglich in den Titel und das Vorwort des Buches aufgenommen wurde.

Worum geht es im Prozess und worum nicht?

Der SS-Obersturmführer und Leiter des Judenreferats beim Reichssicherheitshauptamt, Adolf Eichmann, war nach dem Krieg nach Argentinien geflohen, lebte dort unter dem Namen Ricardo Klement und tauschte sich in Argentinien weiter mit Nazis aus, wie Tonbandprotokolle von Gesprächen mit  dem niederländischen SS-Mann Willem Sessen belegen. Der israelische Geheimdienst hatte den Staatenlosen nach Hinweisen in Argentinien aufgespürt, 1960 festgenommen und nach Israel gebracht. Dort wurde Eichmann vom März bis Dezember 1961 der Prozess gemacht. Der Prozess endete mit einem Todesurteil, das im Juni 1962 vollstreckt wurde. Eichmann galt als Architekt des Holocausts. Hunderte Zeugen erschienen zum Prozess, der weltweit Aufmerksamkeit erzeugte und nicht ohne Grund auch Bonner Politiker in Unruhe versetzte. Denn anders als die Israelis befürchteten, kooperierte Eichmann umfangreich und konnte auch einflussreiche deutsche Politiker mit deren Nazivergangenheit belasten.

Im Prozess ging es um die strafrechtliche Verantwortung Eichmanns am Mord an bis zu sechs Millionen europäischen Juden, deren Deportation Eichmann maßgeblich vom Schreibtisch aber auch vor Ort organisiert hatte. Es ging nicht um die Geschichte der Naziherrschaft oder gar um die Geschichte des Antisemitismus, obwohl beides eine wichtige Rolle im Prozess spielte. Hannah Arendt hatte die umfangreiche Analyse des Holocaust in der Darstellung von Raul Hilberg (s. antifa 11/12-2023) in ihren Bericht aufgenommen, war aber zu anderen Schlussfolgerungen gekommen. Sie erkannte in Eichmann nicht das Monster, das das Gericht entlarven wollte. Es gelang dem Gericht nicht, Eichmann auch nur einen direkten Mord nachzuweisen. Eine Zeugenaussage, wonach Eichmann einen Jungen in Auschwitz geschlagen haben sollte, erwies sich als falsch, weil er zu diesem Zeitpunkt woanders war.

Der Unwille, sich vorzustellen, was mit dem anderen ist

Die Politikwissenschaftlerin Hannah Arendt erkannte in Eichmann einen neuen Tätertyp, der bisher kaum im Fokus war. Eichmann war der Technokrat und Organisator, für den Gehorsam und sein eigenes Fortkommen die einzigen Motive seines Handelns waren. Eichmann war austuschbar und das Beunruhigende sah Hannah Ahrendt darin, dass er wie viele erschreckend normal war. Es war seine schiere Gedankenlosigkeit und Realitätsferne, die mehr Unheil anrichten könne als alle dem Menschen innewohnenden bösen Triebe zusammen, kommentierte Arendt. Darin liege der Horror des Bösen und zugleich seine Banalität, analysiert die Publizistin. Adolf Eichmann war nicht in der Lage sich vorzustellen, was mit anderen ist. Eichmann wusste vom Ziel der Ermordung der Juden, was er auf der Wannsee-Konferenz protokollierte. Er zog sich im Prozess aber auf seinen spezifischen Verantwortungsbereich, auf Gehorsam zurück und lehnte die Teilhabe an der Gesamtverantwortung ab. Das Argument des Gehorsams lässt Arendt nicht gelten, denn im politischen Bereich der Erwachsenen sei Gehorsam nur ein anderes Wort für Zustimmung und Unterstützung.

Die Kritik an Arendt

Hannah Arendts Analyse stieß zunächst auf großes Unverständnis. Der Council of Jews from Germany sprach schon eine Woche nach der Veröffentlichung von einem verfälschten Geschichtsbild bei Arendt, insbesondere wegen deren Kritik an einer Teilverantwortung der Judenräte in deren Zwangssituation für den Tod vieler Juden.  Kritik fand auch ihr ironischer Schreibstil. Wissenschaftler und Richter im Nürnberger Prozess behaupteten, Arendt schenke Eichmanns Prahlerei Glauben und nehme ihn in Schutz. Sie spiele den Deutschen bei der Gewissenserleichterung zu, kritisierten andere. Historiker sprachen ihr die fachliche und sachliche Kompetenz ab. In einer Neuausgabe von „Eichmann in Jerusalem“ erschien das Buch 1986 mit einem längeren Vorwort von Hans Mommsen. Er war Vertreter der funktionalistischen Interpretation des NS-Herrschaftssystems. Dieses könne nicht als Befehlshierarchie beschrieben werden, sondern müsse als kumulative Radikalisierung hin zur „Endlösung“ verstanden werden, wobei Ressorts und Instanzen bei der Umsetzung gegenseitig miteinander konkurrierten. Mommsen stellt dabei überrascht fest, dass die Kernannahme von Arendt durch die historische Forschung bestätigt wurde.

Aktualität der Analyse

Das größte begangene Böse sei das Böse, das von niemandem  getan werde, also von menschlichen Wesen, die sich weigern, eine Person zu sein, so Arendt. Dem zu Grunde liegen die fehlende Bereitschaft und das fehlende Vermögen, sich in andere und deren Situation hineinzuversetzen. Davon ist bis heute in der Migrationsdebatte viel übrig geblieben.

Quelle: Hannah Arendt, Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht über die Banalität des Bösen, Erweiterte Neuausgabe des Piperverlags, München 2022

Wahlen mit Signalwirkung

geschrieben von Ulrich Schneider

17. Juli 2024

Anfang Juli 2024 fanden Wahlen zu den nationalen Parlamenten in Großbritannien und Frankreich statt. Im Falle Großbritanniens erlebten die konservativen Tories eine krachende Niederlage, während Labour zum ersten Mal seit über 10 Jahren mit einer absoluten Mehrheit regieren kann. In Frankreich wurde das Bündnis Nouveau Front Populaire (NFP) stärkste Kraft in Parlament, auch wenn es die absolute Mehrheit verpasste. Beide Wahlen haben durchaus Signalwirkung, wenngleich die Resultate auch dem Mehrheitswahlsystem in beiden Ländern geschuldet sind.
Das britische Mehrheitswahlrecht drückt nur eingeschränkt die tatsächliche politische Stimmung im Land aus, wie ein Vergleich der prozentualen Wahlergebnisse von 2024 zeigt. Labour gewinnt 1,4% und erreicht mit 33,8% allein 411 Mandate, während die Tories fast 20% verlieren, auf 23,7% abstürzen und nur noch über 120 Mandate verfügen. Diese Stimmen der Tories gehen in großer Zahl zu Nigel Farage mit seiner „Reform UK“, die 12,3% gewinnt und mit 14,3% drittstärkste Kraft jedoch nur fünf Mandaten erhält. Die Liberalen gewinnen 0,7% und erreichen bei gut 12% 71 Mandate, während sich die Grünen bei 6,8% über vier Mandate freuen konnten. Abgestürzt ist die schottische Unabhängigkeitspartei, deren 2,4% nur zu neun Mandaten reichten. Sinn Fein und die walisische Partei konnten ihre Positionen jedoch halten.
Auch in Frankreich verschiebt das Mehrheitswahlrecht die Stimmungslage im Land. Nachdem es im ersten Wahlgang der Parlamentswahlen noch nach einem „Durchmarsch“ des RN – in einer Koalition mit der Zemmour-Partei – aussah (siehe Newsletter 2024-27), ergab sich durch die gesellschaftliche Mobilisierung und teilweise eingehaltenen Absprachen zwischen der Macron Partei „Ensemble“ mit dem NFP  tatsächlich eine neue Konstellation. Wichtig war, dass auch bei diesem Wahlgang die Wahlbeteiligung hoch lag. NFP erreichte als stärkste Kraft 182 Mandate. Das ist zwar weit von der absoluten Mehrheit (289 Sitze) entfernt, ist aber als politisches Gewicht nicht zu übersehen. Zusätzlich wurden etwa 10 unabhängige linke Kandidat*innen gewählt, so dass knapp 200 Stimmen für die Gruppe der NFP gerechnet werden können.  
Die Macron-Partei erreichte nach dem Desaster der ersten Wahlrunde (21% Wählerstimmen) noch den zweiten Platz mit 168 Mandaten. Ob jedoch die 45 Mandate der konservativen Les Républicans als Koalitionspartner im Parlament angesehen werden können, ist fraglich. Deren Spitzenkräfte orientieren sich eher auf den RN, der mit 143 Mandaten deutlich hinter seinen eigenen Erwartungen und den politischen Prognosen zurückblieb.
Wenn man jedoch die absoluten Zahlen dieser Wahl betrachtet, dann wird deutlich, dass es keinen Grund für Antifaschisten geben kann, sich beruhigt zurückzulehnen. Auch im zweiten Wahlgang blieb der RN in absoluten Zahlen die stärkste politische Kraft.
Die Haltung von Präsident Macron, mit der Ablehnung des Rücktritts von Premierminister Attal „auf Zeit zu spielen“, kann keine erfolgreiche Strategie gegen den Vormarsch der extremen Rechten sein. Marine Le Pen hat sich bereits am Wahlabend in Stellung gebracht für die kommenden Präsidentschaftswahl, bei der sie hofft, nicht nur erneut in die Stichwahl zu kommen, sondern diesmal tatsächlich an die Spitze der Macht.
Die politischen Konsequenzen in beiden Ländern sind ähnlich. Die Menschen, die sich an der Wahl beteiligt haben, haben große Erwartungen in eine politische Neuausrichtung. Die zentrale Losung in Großbritannien lautete „Change“, selbst wenn Labour nur 1,4% gewinnen konnte. Doch jeder, der Labour gewählt hat, erwartet ein deutlich verbessertes Gesundheitswesen, Fortschritte in der öffentlichen Daseinsvorsorge und eine Rücknahme der rassistischen Ausweisungspolitik der Tories. Die Tatsache, dass Jeremy Corbin als Unabhängiger direkt in das Unterhaus gewählt wurde, zeigt, dass es in der Gesellschaft Stimmungen für einen progressiven Aufbruch gibt. Dafür müsste Labour jedoch ihre eigene Programmatik schärfen und Einschnitte in die ökonomischen Machtverhältnisse in Großbritannien vornehmen, weil anderenfalls die finanziellen Mittel für die staatlichen Aufgaben nicht vorhanden wären. Das politische Problem des Rassismus bleibt auf der Tagesordnung. Zwar haben die Tories ihre Mandate verloren, aber zu Gunsten von Nigel Farage, der nach der Brexit-Propaganda nun die rassistische Karte gegen die Migranten spielt. Selbst wenn Farage nur fünf Mandate erreichte, sein politischer Einfluss ist ungefähr so stark wie der der AfD in Deutschland.
Auch in Frankreich wird es darauf ankommen, wie stabil sich das Bündnis der NFP innerhalb des Parlamentes erweist. Erfolgreich war das Bündnis in der Abwehr des Vormarsches der extremen Rechten des RN. Nun geht es darum, Forderungen der Menschen, z.B. nach Rücknahme der Rentenregelung und anderer sozialer Grausamkeiten, durchzusetzen. Dies kann nur gelingen, wenn neben dem Wahlerfolg eine gesellschaftliche Mobilisierung den Druck auf das Parlament verstärkt. Die antifaschistischen Kräfte stehen also weiterhin vor großen Aufgaben.

Ankündigung: Gedenkfahrradtour vom 12. bis 15. September von Barth nach Anklam

24. April 2024

Gefördert durch die Ehrenamtsstiftung Mecklenburg-Vorpommern

Wir laden zur Fahrradgedenktour der VVN vom 12.-15.09.2024 von Barth nach Anklam ein. Bitte meldet euch bei Interesse bis zum 1. Juli 2024 an. Kostenfreie Stornierungen sind bis zum 11. August möglich.

Die Zahl der Teilnehmenden mit Übernachtung/Frühstück ist auf 18 Personen begrenzt. Es ist auch möglich, nur eine oder mehrere Teilstrecken mitzufahren.

Wir beginnen am Donnerstag diesmal um 12.30 Uhr am Bahnhof in Barth und besuchen dort verschieden Gedenkorte, eine Ausstellung im Stadthaus und schauen uns dort einen Film an. Die erste Etappe mit dem Fahrrad radeln wir erst am Folgetag. Wir besuchen die Initiative „Demmin nazifrei“ in Demmin, den Gedenkort Alt Rehse mit der ehemaligen Ärzteführerschule und das Friedenszentrum in Anklam am Standort des ehemaligen Wehrmachtsgefängnisses. Gegen 15 Uhr endet am Sonntag unser Besuch in Anklam. Die Schweriner Teilnehmerinnen können mit dem Begleitbus ab Schwerin/ Hauptbahnhof nach Barth fahren und von Anklam zurück nach Schwerin. Nach Barth und von Anklam gibt es für die übrigen Teilnehmenden regelmäßige Zugverbindungen. Interessenten melden sich bitte über das Kontaktformular der VVN-BdA MV an.

Weitere Informationen können im beiliegenden Flyer entnommen werden.

Ankündigung: Gedenken zum Tag der Befreiung am 8. Mai in Schwerin

geschrieben von Axel Holz

24. April 2024

Wir laden im Namen der Osteuropa Freundschaftsgesellschaft MV e. V., dem Deutsch-Russischen Kulturzentrum KONTAKT e.V., dem Verein für kulturelle Jugendarbeit und Integration Kuljugin e. V. und der VVN-BdA Westmecklenburg-Schwerin herzlich zum Gedenken aus Anlass des Jahrestages der Befreiung vom Faschismus und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa am Mittwoch, dem 08.05.2024 um 17.00 Uhr, auf den Ehrenfriedhof am Platz der OdF ein. Es spricht der Landtagsabgeordnete Henning Förster. Das Ablegen der Gebinde und Blumen zum ehrenden Gedenken an die Opfer von Faschismus und des Zweiten Weltkrieges bildet den Abschluss der Gedenkveranstaltung.

Gedenkmarsch am 1. Mai ab Ribnitz-Damgarten

geschrieben von A. Holz

24. April 2024

Vom November 1943 bis April/Mai 1945 befand sich mit dem KZ Barth als Außenlager des KZ Ravensbrück ein Konzentrations- und Gefangenenlager in der Region, in dem etwa 7.000 Häftlinge Zwangsarbeit für hiesige Rüstungsbetriebe leisten mussten. Insgesamt verloren tausende Zwangsarbeiter und Häftlinge im Konzentrationslager und auf den Todesmärschen in Richtung Rostock zum Kriegsende ihr Leben. Vor 30 Jahren fanden sich engagierte Menschen zusammen, die der Meinung waren, dass man den Marsch der Häftlinge und deren Leiden besser versteht, wenn man den Weg von Barth bis Ribnitz selbst geht. In den letzten dreißig Jahren nahmen so Menschen u.a. aus Schwerin, Rostock, Berlin, Wolgast und aus Dresden den über 30 km langen Weg in Angriff. Heute im Jahr 2024 treffen sich wieder Menschen verschiedenster Altersgruppen und unterschiedlichster politischer Zugehörigkeit und machen sich auf den Weg, um zu unterstreichen: Das Geschehene darf niemals vergessen werden! Unsere und nachfolgende Generationen haben die Pflicht, darüber aufzuklären und zu verhindern, dass sich dieser Teil unserer Geschichte jemals wiederholt!

Wer nicht den gesamten Weg – wie auf dem Plakat beschrieben – gehen kann oder möchte, reiht sich unterwegs ein oder nimmt an der Auftakt- bzw. Abschlussveranstaltung teil. Die gesamte Strecke über wird ein Begleitfahrzeug dabei sein.

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