Menschenfeindliche Stimmungsmache

geschrieben von Axel Holz

21. November 2025

Die Mehrheit der Menschen in Deutschland ist demokratisch eingestellt unter äußert Sorgen über den ansteigenden Rechtsextremismus. Das zeigt sich in der neuesten Mitte-Studie 2024/25 mit dem Titel „Die angespannte Mitte“. Seit über zwanzig Jahren erscheint die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Sie ist ein Seismograf für demokratische und antidemokratische Stimmungen im Land. Die neueste Studie entstand unter der Leitung von Prof. Zick von der Universität Bielefeld.

Nationalchauvinismus wächst

Mit 76,1 Prozent lehnen drei Viertel der Menschen in Deutschland rechtsextreme Einstellungen ab. Etwa 3,3 Prozent haben ein rechtsextremes Weltbild, deutlich weniger als mit 8,3 Prozent vor zwei Jahren. Möglicherweise haben die Wahlerfolge der AfD und der Vormarsch rechtsextremer Einstellungen mehr Demokraten nachdenklich gemacht. Trotz des Rückgangs rechtsextremer Einstellungen in den Feldern Befürwortung einer Diktatur, dem Nationalismus, der Fremdenfeindlichkeit, dem Antisemitismus und Sozialdarwinismus gegenüber der letzten Mitte-Studie ist der Hang zum Nationalchauvinismus auf 19,8 Prozent gewachsen, im Graubereich der teil-teils-Antworten weiter auf 37,8 Prozent gestiegen und erfasst damit mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Obwohl  87,8 Prozent der Befragten meinen, dass in einer Demokratie die Würde und Gleichheit aller an erster Stelle stehen sollte, vertreten zugleich mit 34,1 Prozent ein Drittel die Ansicht, dass im nationalen Interesse nicht allen die gleichen Rechte gewährt werden könnten. Menschen, die sich zur Demokratie bekennen, sind teils selbst vorurteilsbeladen. Ein Viertel der Befragten meint, es werde zu viel Rücksicht auf Minderheiten genommen. Abwertenden Einstellungen finden sich bei 30,2 Prozent der Bevölkerung gegenüber Asylsuchenden, bei 36,1 Prozent gegenüber Langzeitarbeitslosen und in Form von antisemitische Einstellungen bei 17,0 Prozent der Bevölkerung, ergänzt durch 22,4 Prozent Zustimmung im teils-teils-Graubereich.

Trotz der Abnahme gefestigter rechtsextremer Positionen äußert sich jede fünfte befragte Person nicht klar gegen rechtsextreme Positionen. Der Graubereich bleibt konstant. Die Menschen in Deutschland sind nicht rassistischer geworden, aber sie äußern sich im Zweifel weniger klar antirassistisch. Das liege auch daran, dass sich die Mitte der Gesellschaft teils bewusst und teils unbemerkt an rechtsextreme Politik, Kampagne und Ideologie gewöhnt, konstatieren die Macher der Studie. Das zeigt sich besonders deutlich beim Nischenthema der Transfeindlichkeit, bei dem die Umfrage mit 19 Prozent einen neuen Höchstwert ergab. Gleichzeitig steigt die Zahl der organisierten Rechtsextremisten ebenso wie die der Hasstaten und rassistische Verbrechen an.

Mehrheit steht hinter Demokratie

Zugleich steht mit 79 Prozent der Bevölkerung die große Mehrheit hinter der Demokratie und 52 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie im Großen und Ganzen ganz gut funktioniere. Doch das Misstrauen gegen die Demokratie wächst. 21,1 Prozent der Befragten haben kein Vertrauen mehr in die demokratischen Institutionen und 18,2 Prozent fehlt das Vertrauen in die demokratischen Wahlen. Befördert werden diese antidemokratischen Stimmungen auch durch eine liberal-autoritäre Ideologie bei 25 Prozent der Bevölkerung, die Menschen nach Leistung und Nützlichkeit bewertet und individualistische mit neoliberalen und autoritären Vorstellungen vom gesellschaftlichen Miteinander vereint. Diese Gruppe neigt mit 13,5 Prozent deutlich stärker einem rechtsextremen Weltbild zu. Das führt auch dazu, dass Jugendliche aus einem autoritären und leistungsbezogenen Elternhaus besonders anfällig für politische Überlegenheitsfantasien sind. Antidemokratische Einstellungen gehen auch mit Unzufriedenheit mit dem Lebensumfeld einher. Wer Schulqualität, Gesundheitsversorgung und Kulturangebote vermisse, gehe auf Distanz zum politischen System, heißt es in der Studie. Ungelöste politische Probleme der Mehrheit und das Schüren von Vorurteilen durch die Rechtspopulisten haben einen Rechstdrall befördert, der die gesamte Gesellschaft weniger abwehrbereit gegenüber gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und ihre politischen Auswirkungen macht. Die einst orientierende und Konflikte mäßigende Mitte habe sich an den Rändern in radikale und extremistische  Milieus verschoben und dabei den Extremismus jenseits dieser Ränder normalisiert, analysieren die Autoren. Radikale Gegenentwürfe von rechts würden die Gesellschaft in Richtung eines Kipppunktes treiben, heißt es zusammenfassend. Die Mitte könne ihre Fähigkeit verlieren, sich von rechtsextremen Positionen abzugrenzen, wenn sie kontroverse Debatten über drängende krisenhafte Probleme scheue.

Wie können wir diesem Trend entgegenwirken? Jeder zweite Befragte ist bereit, selbst etwas gegen Rechtsextremismus zu tun und 61 Prozent stimmen dem teilweise zu. Mehr politische Bildung fordern 61 Prozent der Befragten und 23 unterstützen diese Forderung teilweise. Auch die Medien sind gefragt,  um der Verharmlosung und Rechtfertigung rechtsextremer Ideologie entgegenzutreten. Dazu gehört auch, der schleichenden Akzeptanz der Umkehr von Begriffen, die den Rechtsextremismus kennzeichnen, und der Umkehr von Schuld und Verantwortung  klar entgegenzutreten.

Vor 80 Jahren: Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess

geschrieben von Ulrich Schneider

21. November 2025

Wir erinnern an die Eröffnung des ersten internationalen Strafgerichtshof vor über 80 Jahren. Die Idee eines internationalen Strafverfolgung der NS Verbrechen wurde bereits im Oktober 1943 auf der Moskauer Außenministerkonferenz diskutiert. Angesichts der Monstrosität der Verbrechen von Wehrmacht und SS-Verbänden in den besetzten Territorien sollten sich die deutschen Hauptkriegsverbrecher vor einem Gericht der Völker verantworten. Zur Vorbereitung dieses Verfahrens wurde die United Nations War Crimes Commission gegründet, die schon während des Krieges Dokumente und Zeugenaussagen für die Verbrechen sammelte. Wie der Prozess praktisch aussehen sollte, entschieden die Alliierten jedoch erst im Sommer 1945 mit dem Abkommen „über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der Europäischen Achse“ vom 8. August 1945, unterzeichnet mit dem so genannte „Londoner Statut“, auf das sich die Siegermächte für das Verfahren verständigt hatten. Dreieinhalb Monate später, am 20. November 1945, wurde in Nürnberg, der Stadt der NSDAP-Reichsparteitage, der Prozess gegen 24 Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof eröffnet. Gegen einen der Angeklagten wurde in Abwesenheit verhandelt, andere, wie Adolf Hitler, Joseph Goebbels und Heinrich Himmler hatten sich zuvor durch Selbstmord der Verantwortung entzogen. 
Angeklagt waren führende Repräsentanten des NS-Regimes als Personen und als Repräsentanten der faschistischen Reichsregierung, der NSDAP und aller ihrer Untergliederungen, der SA, der SS, des SD und der Gestapo, als Vertreter der Wehrmacht, der Wirtschaft und des Propagandaapparates. Die vier alliierten Ankläger wiesen in ihrer Anklage nach, dass für die Verbrechen Personen und Institutionen des faschistischen Apparates gleichermaßen Verantwortung trugen. Die Anklagepunkte lauteten: Gemeinsamer Plan bzw. Verschwörung, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Angeklagt wurden Verbrechen in den vom deutschen Faschismus angegriffenen und okkupierten Ländern. 
Das Gericht sah es nicht als seine Zuständigkeit an, faschistische Verbrechen gegen die deutsche Bevölkerung zu ahnden. Man ging jedoch davon aus, dass mit dem Verfahren Rechtsmaßstäbe gesetzt würden, auf deren Grundlage später deutsche Gerichte diese Verbrechen selbstständig verfolgen könnten. 
Der Ablauf des Verfahrens war geprägt durch eine erschütternde und erdrückende Beweispräsentation durch die Anklage. Überlebende der Konzentrationslager und der faschistischen Verfolgung wurden im Prozess als Zeugen gehört. Heute stehen die gesammelten Protokoll- und Dokumentenbände aller Verhandlungstage zur Verfügung – gedruckt und digital. 
Am 30. September und 1. Oktober 1946 wurde nach knapp einem Jahr Verhandlungsdauer das Urteil verkündet. 12 der 24 Angeklagten wurden zum Tode verurteilt. Die Urteile der Nürnberger Prozesse waren endgültig. Die Todesurteile wurden daher am 16. Oktober 1946 vollstreckt. Die zu Haftstrafen Verurteilten wurden in das Berliner Kriegsverbrechergefängnis Spandau verlegt. Der letzte Gefangene war Rudolf Hess, der im August 1987 in der Haft Selbstmord beging. 
Gemäß Londoner Statut konnte das Gericht eine Formation zur verbrecherischen Organisation erklären. Als verbrecherische Organisationen wurden eingestuft das Korps der Politischen Leiter der NSDAP, die Gestapo, der Sicherheitsdienst (SD) sowie die SS mit allen ihren Untergliederungen, d.h. auch die Waffen-SS-Einheiten. Dieses Urteil gilt bis heute und verbietet es eigentlich, SS-Freiwillige aus den verschiedenen europäischen Ländern zu rehabilitieren, wie es nicht nur in den baltischen Staaten geschieht. 
Aus der Sicht der FIR haben der Nürnberger Prozess und seine Urteile bis heute nichts an ihrer Gültigkeit verloren. Der Prozess schuf in seinem Statut und Urteil Völkerrecht. Kein Staat bzw. kein Regierungsvertreter kann sich bei Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf „nationales Recht“ oder auf „Handeln auf Befehl“ berufen. Diese Prinzipien wurden bereits durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 11. Dezember 1946 einstimmig bestätigt. 

Anna Seghers – eine weltberühmte antifaschistische Schriftstellerin 

geschrieben von Ulrich Schneider

14. November 2025

Bildende Kunst, Musik und Literatur sind für den antifaschistischen Kampf von großer Bedeutung. Sie dienen nicht nur der emotionalen Verbundenheit, sondern bewahren auch die Erfahrungen und Vermächtnisse der Frauen und Männer aus Widerstand und Verfolgung. Eine weltberühmte Schriftstellerin in diesem Sinne war Anna Seghers, deren 125. Geburtstag im November 2025 zu feiern ist. 
Ihr wohl bekanntestes Werk war der Roman „Das siebte Kreuz“. Geschrieben im mexikanischen Exil, erschien er bereits 1942 in den USA und wurde 1944 vom Oskar-Regisseur Fred Zinnemann verfilmt. Der Roman schildert die Haltung und Gefühlslage im faschistischen Deutschland in den 1930er Jahren. Aus dem Lager Westhofen, für das das frühe KZ Osthofen das historische Vorbild lieferte, entfliehen sieben politische Häftlinge. Der Kommandant ergreift alle Maßnahmen, um diese Häftlinge wieder zu fassen und auf dem Appellplatz – zur Abschreckung der Mithäftlinge – ans Kreuz zu binden. Sechs werden nach einiger Zeit gefasst, das siebte Kreuz bleibt leer, auch deshalb, weil es Menschen ganz unterschiedlicher politischer Überzeugung und gesellschaftlicher Stellung gab, die dem Flüchtenden geholfen haben. Damit drückte der Roman literarisch das aus, was im politischen Konzept einer antifaschistischen Volksfront mündete. 
Geboren am 19. November 1900 als Annette Reiling in Mainz, studierte sie in Köln und Heidelberg, wo sie 1924 mit einer Dissertation über „Jude und Judentum im Werk Rembrandts“ promovierte. 1925 heiratete sie den ungarischen Soziologen László Radványi, mit dem sie zwei Kinder hatte. Schon 1924 wurde ihre erste Erzählung veröffentlicht. Dennoch hatte sie es als Schriftstellerin in der Weimarer Zeit schwer, Anerkennung zu finden. 1928 erhielt sie den Kleist-Preis, die damals höchste deutsche literarische Auszeichnung. Als Begründung lobte die Jury ihre „kraftvolle, männliche Sprache“. 
Schon in der Weimarer Zeit gehörte sie zum Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller und engagierte sich gegen den Vormarsch der Nazis. Wenige Wochen nach der Machtübertragung floh sie über die Schweiz ins französische Exil, wo sie in Paris für die „Neuen Deutschen Blätter“ arbeitete und 1935 Mitbegründerinnen des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller war. 1937 sprach sie auf dem „Zweiten Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur“ in Madrid. 
Eigentlich alle Texte von Anna Seghers beschäftigten sich mit dem Faschismus und seinen Auswirkungen auf das Handeln und Denken der Menschen. 1934 veröffentlichte sie in Prag die Erzählung „Der letzte Weg des Koloman Wallisch“, 1935 erschien in Paris der Roman „Der Weg durch den Februar“. Darin schildert sie den Kampf der österreichischen Antifaschisten gegen den Austro-Faschismus und die Dollfuß-Diktatur. In verschiedenen Texten würdigte sie auch die Rolle der Frauen im antifaschistischen Kampf wie in der Erzählung: „Aufstellen eines Maschinengewehrs im Wohnzimmer der Frau Kamptschik“. Die Bedingungen des Exils verarbeitete sie kongenial in dem 1944 veröffentlichten Roman „Transit“. Sie schildert, wie in der Atmosphäre der Stadt Marseille im damals noch unbesetzten Frankreich Flüchtlinge mit der Hoffnung auf ein Transitvisum mit Menschen, die durch den faschistischen Krieg entwurzelt wurden, aufeinanderstießen.
Nach ihrer Rückkehr aus dem Exil ging sie in die SBZ bzw. DDR, die sie als ihre politische Heimat verstand. Dort setzte sie ihre antifaschistische Arbeit fort. 1949 erschien der Roman „Die Toten bleiben jung“, der die proletarische, die kleinbürgerliche und die großbürgerliche Perspektive auf die deutsche Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schilderte. Als Präsidentin des Schriftstellerverbandes der DDR von 1952 bis 1978 übernahm sie auch gesellschaftliche Verantwortung. Während sie in der DDR und weltweit geehrt wurde, erhielt sie von ihrer Geburtsstadt Mainz erst 1981 die Ehrenbürgerschaft. Eine Antifaschistin zu ehren war damals in der BRD politisch nicht einfach.
Anna Seghers starb am 1. Juni 1983 in Berlin/DDR. Ihr literarisches Werk und ihre antifaschistische Überzeugung leben fort. Dies zeigt sich auch in verschiedenen Veranstaltungen anlässlich ihres 125. Geburtstages. 

Unerwünschte Opfer in Westdeutschland

geschrieben von Axel Holz

14. November 2025

Mit ihrem Buch „Unerwünscht“ beleuchtet Stefanie Schüler-Springorum den westdeutschen Umgang mit den Verfolgten des Naziregimes. Es wirft einen anderen Blick auf die vermeintliche Erfolgsgeschichte der Deutschen bei ihrer Vergangenheitsbewältigung, die auch im Ausland immer wieder betont wird. Zu Wort kommen Nazi-Opfer, die nach 1945 erneut Ausgrenzung und Diskriminierung ausgesetzt waren. Auf zweihundert Seiten zeigt die Autorin eine Geschichte westdeutscher Demokratie auf, die wenig mit erfolgreicher Vergangenheitsbewältigung zu tun hat.

Die renommierte Historikerin Stefanie Schüler-Springorum stellt die Nachkriegsgesellschaft erstmals aus der Sicht der Menschen dar, die im NS-Regime verfolgt wurden. Viele Nazi-Opfer mussten um ihre Anerkennung kämpfen und neue Diskriminierungen erfahren. Die Autorin geht noch einen Schritt weiter. Für zahlreiche Opfer war das Leid nach dem Krieg nicht vorbei. Sie waren im Großteil der Bevölkerung und bei Behörden schlichtweg unerwünscht, so ihr zusammenfassendes Urteil. Nach 1945 gab es nicht weniger Antisemitismus und Rassismus, nicht weniger Hass auf Homosexuelle, Sinti und Roma, sondern wahrscheinlich mehr, konstatiert die Autorin. Unerwünscht waren nicht nur Juden, die etwa auf den Schwarzmärkten der Nachkriegszeit von Gesetzeshütern als „feilschende“ jüdische Displaced Persons erneut stigmatisiert wurden. Mit ähnlicher Absicht wurden Sinti und Roma als „Landfahrer“ durch Behörden behandelt, drangsaliert und vielfach kriminalisiert. Dazu wurde die polizeiliche „Landfahrer-Datei“ der Nazis über 30.000 Sinti und Roma weiter polizeilich zur Ausgrenzung genutzt. Überlebende Menschen mit Behinderungen, die von den Nazis als „Erbkranke“ stigmatisiert wurden, kämpften oft erfolglos um die Anerkennung als Nazi-Opfer und für ihr Recht auf Entschädigungen. Mittellose ehemalige Zwangsarbeiter wurden von Bevölkerung und Behörden häufig als „marodierende Osteuropäer“ diskriminiert. Überlebende Homosexuelle wurden in der Bundesrepublik auf der Basis des berüchtigten Paragraphen 175 in der strengen Fassung von 1935 bis 1969 nicht selten erneut verfolgt. So hatte Kurt Gudell als Homosexueller unter der Nazi-Herrschaft Zuchthaus, Folter und KZ überlebt.  Er unternahm nach dem Krieg vergeblich mehrere Versuche, die NS-Urteile gegen ihn aufheben zu lassen und starb schließlich krank und verarmt in Berlin. Hass und Ressentiments waren nach dem Krieg im Denken der Menschen weit verankert mit Auswirkungen bis heute.

Die Autorin widmet sich in diesem Buch besonders denjenigen, die sich im Gegensatz etwa zu den politisch Verfolgten kaum in Organisationen und Interessenvertretungen zusammenfanden und ohne diese Solidarität besonders unter der erneuten Diskriminierung litten. Sie verweist auch darauf, dass fast alle Initiativen zur Entschädigung der Opfer und zur Erinnerung nicht etwa vom Staat sondern von den ehemals Verfolgten selbst ausgingen. Die fortgesetzten Praktiken der Verfolgung werden insbesondere mit Blick auf die Sinti und Roma sowie die nach dem Strafgesetzbuch als homosexuell Kriminalisierten dargestellt. Diese Darstellungen sind für den Leser oft kaum zu ertragen. Seite um Seite begegnen uns Ignoranz, Gleichgültigkeit, Verleugnung und Ablehnung in den Erzählungen jüdisch Verfolgter, Sinti und Roma, von Homosexuellen und ehemaligen Zwangsarbeitern. Wir erleben die spießige Empathielosigkeit deutscher Behörden, wenn etwa schwer erkämpfte kleine Entschädigungen um bereits erhalte Sozialleitungen wieder gekürzt werden.

„In Stefanie Schüler-Springorums Nachgeschichte des Nationalsozialismus scheinen Kontinuitätslinien von Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Homophobie ungefiltert auf, Ressentiments, die zugleich erklären, was uns heute als rechter Populismus gegenübertritt. Sie hat diese Geschichte mit Empathie für die verschiedenen Opfergruppen faktensicher erzählt und dabei umsichtig die Balance zwischen Parteilichkeit und wissenschaftlicher Distanz austariert“, kommentiert Ludger Heid treffsicher in der „Süddeutschen Zeitung“. Die Autorin erläutert präzisierend, dass sie mit dem Begriff der Verfolgung nach 1945, „nicht etwa eine Kontinuität mit den im nazionalsozialistischen Deutschland begangenen Verbrechen nahelegt. … Vielmehr geht es darum, das Potenzial und die Bandbreite dieser aggressiven Taten deutlich zu machen. Sie umfassen politische Hetze, spontane zivile, aber auch polizeiliche Gewalt sowie Fälle beharrlicher Diskriminierung“ (S. 116). Die Autorin will mit dem Buch dazu beitragen, „unser Wissen über die Geschichte unseres Landes zu erweitern, mit dem Ziel, dass die Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit anschlussfähig wird an andere Erzählungen“, nämlich die der Opfer (S. 196).

Gedenkfahrradtour – 200 Kilometer bis Neuengamme

geschrieben von Axel Holz

23. September 2025

Die Gedenkfahrradtour 2025 von Schwerin nach Neuengamme über 200 km ist Geschichte. Mit 15 Teilnehmenden wurden sieben Orte des Gedenkens und der Erinnerung mit dem Fahrrad aufgesucht – die Pfarrscheune in Sülztorf mit Pfarrer Árpád Csabay der Evangelisch-Lutherische Emmaus-Kirchengemeinde Schwerin-Land, eine Premiere des Tanztheaters „Lysistrate“ des Goethe-Gymnasiums Schwerin in Wöbbelin auf am Ort des ehemaligen KZ unter der Leitung von Silke Gerhardt, die Synagoge in Hagenow, ein Gespräch mit dem Bürgermeister von Boizenburg Rico Reichelt und Museumsdirektorin Inga Ragnit, eine Demokratie-Initiative in Lauenburg, die Euthanasie-Gedenkstätte in Lüneburg und die KZ-Gedenkstätte in Neuengamme. Die Radler sind mit vielen neuen Informationen und Eindrücken zurückgekehrt. Wir wurden Zeuge lebendiger Erinnerung an das NS-Regime und seine Opfer und kreativer Demokratieinitiativen vor Ort.

Pfarrscheune in Sülztorf mit Ausstellung zum Todesmarsch

Tanztheater „Lysistrate“ am KZ-Gedenkort in Wöbbelin

Synagoge in Hagenow

Besuch bei Demokratieinitiative in Lauenburg – Bernd Hellriegel führt durch die Stadt

Besuch der Euthanasiegedenkstätte auf dem Gelände der Psychiatrie in Lüneburg

KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Presseberichterstattung: SVZ, 29.09.2025 – „Gedenkfahrradtour: Erinnerung an NS-Verbrechen in MV „

Widerstand am Kriegsende

geschrieben von Axel Holz

20. Juni 2025

Zum Kriegsende stellten sich zahlreiche Menschen den NS-Zerstörungsbefehlen entgegen und versuchten, die sinnlose Verteidigung ihrer Heimatorte zu verhindern. Einigen Widerständlern wurde im Nachkriegsdeutschland bereits früh gedacht, andere blieben lange Zeit vergessen. Die Ausstellung „1945 – Widerstand gegen den Nationalsozialismus am Kriegsende“ in der Berliner Gedenkstätte Deutscher Widerstand erinnert an diese Menschen und an ihren Mut angesichts der Todesdrohungen der NS-Führung. Im September 1944 hatten alliierte Truppen die Grenze Deutschlands bei Aachen überschritten und die rote Armee rückte im Oktober in Ostpreußen ein. Trotz dieser militärischen Übermacht rief die NS-Führung zum Kampf bis „zum letzten Blutstropfen“ auf. Ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung sollte jeder Ort verteidigt werden. Strategische Verbindungen, Brücken und Industrieanlagen sollten einem Befehl zu Folge zerstört werden. Wer sich dem widersetzte oder Kritik am Regime äußerte riskierte den Tod.

An vielen Orten in Deutschland stellten sich aber Einzelne und ganze Gruppen den Zerstörungsbefehlen der Nazis entgegen. Sie entwaffneten Mitglieder des Volkssturms, setzten Bürgermeister und NS-Funktionäre ab, Namen Kontakt zu den Alliierten ab, hängten weiße Laken heraus, bauten Verteidigungsanlagen ab oder protestierten gegen die Sinnlosverteidigung der Nazis. In einigen Orten forderten die Einwohner öffentlich eine kampflose Übergabe der Städte und Dörfer, darunter viele Frauen. Das Spektrum der Widerstandhandlungen kurz vor Kriegsende reichte von spontaner Verweigerung bis hin zu Aktionen politische NS-Gegner, die Nazis-Führer vor Ort zu entmachten. In einigen Fällen gelang die friedliche Übergabe an alliierte Truppen, nicht wenige Akteure mussten ihren Mut wenige Tage vor Kriegsende mit den Leben bezahlen.

Widerstand in Dachau

Besonders tragisch ist das Schicksal einiger Dachauer Häftlinge, von denen elf Häftlingen am 25. April 1945 mit Hilfe der ehemaligen Häftlinge Georg Scherer und Walter Neff die Flucht aus dem KZ gelang. Eine zweite Gruppe um den Sozialdemokraten Jakob Schmied beriet seit Anfang April darüber, wie eine Verteidigung der Stadt verhindert werden könne. Von der Existenz der Gruppe ehemaliger KZ-Häftlinge erfuhren sie erst am Vorabend des Aufstands. Am 28. April hörten sie im Radio die Aufrufe der „Freiheitstaktion Bayern“, die zwei Sender in München und Islaming besetzt hatte und zum Aufstand aufrief. Die Sprecher der etwa 400 Personen um eine Dolmetscher-Kompanie erklärten die Regierungsübernahme, forderten dazu auf, NS-Funktionäre zu entmachten und verlasen ein demokratisches 10-Punkte-Programm. Die Rundfunkaufrufe führten in Bayern zu fast 80 weiteren Aktionen, an denen etwa 1.000 Menschen beteiligt waren. Rudolf Hübner, der Kampfkommandant von München, organisierte noch am selben Morgen die Niederschlagung des Aufstandes. Einer der Organisatoren, der Adjutant des Befehlshabers im Wehrkreiskommandos VII, Günther Carraciola-Delbrück, wurde umgehend verhaftet und wie viele weitere Beteiligte von SS-Leuten ermordet, darunter auch die aus dem KZ geflohenen Häftlinge Erich Hubmann, Anton Hackl und Fritz Dürr. Ermordet wurden auch der Dachauer Arbeiter Johann Pflügler und einige Volkssturmangehörige, die sich der Widerstandsaktion angeschlossen hatten. Am Folgetag besetzten Soldaten der US-Armee Dachau und befreiten das Konzentrationslager. Bereits am 14. September 1947 wurde auf dem Rathausplatz eine Gedenktafel für die Opfer des Aufstands angebracht.

Zahlreiche lokale Aktionen

Ähnliche Aktionen gab es in weiteren Orten Deutschlands. Oft wurden Gedenkorte für die Opfer des Widerstandes durch Angehörige oder lokale Initiativen erst spät errichtet, die mittlerweile häufig durch die Bürgermeister der betroffenen Orte zum Gedenken genutzt werden. In Greifswald gelang es dem Stadtkommandanten Rudolf Petershagen mit Unterstützung des Universitätsprofessors Carl Engel, des Wehrmachtsobersts Otto Wurmbach und des Klinikdirektors Gerhard Katsch am 30. April, die Stadt kampflos an die Rote Armee zu überbergeben. Glück hatten auch zahlreiche Frauen in Pfullingen, die am 20. April mit dem Abbau von Panzersperren begannen, um die sinnlose Verteidigung der Stadt und den Tod weiterer Menschen zu verhindern. Anschließend zogen sie zum Protest spontan vor das Rathaus. Noch am 13./14. April hatte der Reutlinger Anzeiger die Bekanntmachung des Gauleiters veröffentlicht, in der er beim Abbau von Panzersperren und dem Hissen weißer Fahnen die Todesstrafe androhte. Der Pfullinger Kampfkommandant floh vor dem Protest aus dem Rathaus und die Protestlerin Sofie Schlegel beschloss, den französischen Truppen in weißem Kleid mit weißer Fahne entgegenzugehen. Über den „Pfullinger Frauenaustand“ informiert seit 2023 eine Erinnerungsstele am Pfullinger Rathaus.

Revision der Geschichte verhindern

Nicht in der Ausstellung enthalten ist die Aktion einer informellen Gruppe in Güstrow, der auch die Ukrainerin Slata Kowalewskaja angehörte. Die Gruppe hatte zum Kriegsende die friedliche Übergabe der Stadt an die Rote Armee arrangiert. Im Güstrower Anzeiger und der Welt wurde eine Studie des Rostocker Historikers Dr. Ingo Sens gewürdigt, die den angeblichen Mythos von der kampflosen Übergabe der Stadt Güstrow am 2.Mai 1945 widerlegen sollte. Die VVN hatte sich gegen den Revisionismus dieser Studie gewandt, die die ukrainische Ehrenbürgerin der Stadt abwerten sollte. Die Stadtvertretung in Güstrow hatte 2020 auf Antrag von SPD, Linken und Freien Wählern die beauftragte Studie mehrheitlich als unwissenschaftlich abgewiesen. Die Erinnerung an Widerstand zum Kriegsende ist heute ebenso notwendig wie die Abwehr der Versuche, die mutigen Taten der Widerständler zu relativieren oder gar zu nivellieren.

Gedenken in Güstrow an Liselotte Herrmann und Erinnerung an den Überfall auf die Sowjetunion

20. Juni 2025

In Güstrow wurde am 20. Juni am Denkmal vor der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege der Ermordung der Kommunistin, Studentin und Mutter Liselotte Herrmann am 20.06.1936 gedacht sowie des Überfalls auf die Sowjetunion durch die Wehrmacht am selben Tag im Jahre 1941. Wilfried Schubert würdigte vor 30 Teilnehmenden die Leistung der Sowjetarmee bei der Befreiung vom Faschismus und kritisierte den Ausschluss Russischer Vertreter von den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus in Deutschland und Europa. Gleichzeitig warnte er vor neuer Kriegstüchtigkeit und Aufrüstung, wie sie derzeit betrieben werde. Einen dauerhaften Frieden könne es in Europa nur mit Russland und nicht gegen Russland geben. Dazu seien alle Anstrengungen zur Friedensherstellung zu konzentrieren unter Berücksichtigung der Interessen aller beteiligten Seiten.

Eröffnung des neuen Gedenkortes für Verfolgte des Naziregimes in Rostock

27. Mai 2025

In Rostock wurde nach 23 Jahren Kampf der VVN-BdA für einen zentrealen Gedenkort aller von den Nazis Verfolgten und auf dem Neuen Friedhof Begrabenen am 24. Mai 2025 ein neuer Gedenkort auf dem Neuen Friedhof in Rostock eingeweiht. An der Eröffnung nahmen über 100 Gäste teil, darunter neben der Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger auch Landtagsabgeordnete und Mitglieder des Rostocker Senats. Die Einweihung wurde mit der szenischen Lesung „Stimmen der Verfolgten“ von Lydia Wilke und Paul Lücke eröffnet. Danach begrüßte Oberbürgermeisterin Eva Maria Kröger die Anwesenden. In einem Redebeitrag schilderte Hannelore Rabe von der VVN-BdA das tragische Schicksal einer Überlebenden, die ihr weiteres Leben von der frühen Trennung von ihrer Familie als Kind gezeichnet war. Der Kunsthistoriker und stellvertretende Direktor des Staatlichen Museums Schwerin, Dr. Gerhard Graulich, ordnete die Architektur des neuen Denkmals am neuen Gedenkort ein. Die Veranstaltung wurde mit dem Stück „Rückblick“ des Musik-Ensembles Schmidt4Brasz umrahmt. Im Zentrum des neuen Gedenkortes befindet sich das Denkmal „Zwei Stehende“ der Künstlerin Julia Hansen.

Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger, Hannelore Rabe und die Architektin des neuen Denkmals „Zwei Stehende“, die Künstlerin Julia Hansen

Gedenken zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus in Rostock

13. Mai 2025

Zum Vorabend des 80. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus luden die Rostocker Basisorganisation der VVN-BdA gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung MV zu einer Gedenkveranstaltung in das Peter Weiss Haus ein. Unter dem Motto: „Wie Rostock nach dem Ende von Krieg und Faschismus wieder zu leben begann“ fand eine Lesung aus der Rostocker Chronik zu den Monaten ab Mai 1945 statt. Die etwa 100 Anwesenden gedachten der Leistungen jener Antifaschisten und Verfolgten des Naziregimes, die sich unmittelbar nach der Befreiung Rostocks durch die Rote Armee am 1. Mai 1945 in den Dienst des Neuaufbaus der Stadt und einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung stellten. Nach der Lesung fand ein lebhaftes Gespräch statt, in welchem der Bezug der Befreiung vom Faschismus durch die Rote Armee und des Kriegsendes vor 80 Jahren zur aktuellen angespannten internationalen Lage hergestellt wurde. Der Gedanke “Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“ bestimmte die Meinungsäußerungen der Redner unterschiedlichen Alters.

Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 2025 in Schwerin

geschrieben von Axel Holz

8. Mai 2025

Vor 80 Jahren haben die Alliierten Streitkräfte den Zweiten Weltkrieg militärisch beendet und die bedingungslose Kapitulation Deutschlands erzwungen. Dieser Krieg Hiltlerdeutschlands hatte über 60 Millionen Opfer gefordert – Soldaten und Zivilisten, Frauen, Kinder und Alte. Darunter befinden sich auch sechs Millionen jüdische Opfer der systematischen und industriellen Vernichtung aus ganz Europa, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Menschen mit Behinderungen, politische Gefangene und Widerständler, Sinti, Roma, Christen und andere religiöse Menschen. Auf dem Vormarsch der Alliierten wurden Hundertausende Häftlinge in den KZs oder auf Todesmärschen, aber auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter befreit.

Das militärisch erzwungene Kriegsende ermöglichte die Befreiung des zuvor besetzten Europas und Deutschlands vom Faschismus in seinen nationalen Ausprägungen als Nationalsozialismus, italienischem Faschismus oder als faschistische Diktaturen in Ungarn, Rumänien oder Kroatien bzw. als Befreiung von faschistischer Okkupation. Auch die Deutschen wurden von einer Diktatur befreit, in der brutale Gewalt gegen Andersdenkende  und Ausgegrenzte herrschte und die Menschen ihrer demokratischen und Freiheitsrechte beraubt wurden.

Diese Befreiung wurde von vielen Deutschen zunächst als Zusammenbruch wahrgenommen und es dauerte im Westen Deutschlands noch Jahrzehnte, bis Bundespräsident von Weizsäcker 1985 erstmals von einem Tag der Befreiung sprach. Selbst zu diesem Zeitpunkt gab es immer noch heftige Widerstände in Teilen der Bevölkerung gegen diese Einschätzung, die durch die konservative Geschichtsdebatte im sogenannten Historikerstreit und eine aktive Naziszene befördert wurden.

Heute gibt es in Deutschland eine aktive Erinnerungskultur, in der alle Opfergruppen der Nazi-Diktatur einen Platz und würdige Anerkennung erfahren. Die Erinnerung an die Naziverbrechen und insbesondere den Holocaust gehört zur deutschen Staatsräson.

Dennoch kritisieren Persönlichkeiten wie Michel Friedmann zurecht, dass trotz KZ-Gedenkstätten, Schulunterricht, politischer Bildung und Mahnreden immer noch zu wenig getan wird, um Antisemitismus, Nationalismus und der Ausgrenzung einzelner Menschengruppen aktiv und wirksam im Alltag entgegenzuwirken. Dies ist umso tragischer, weil die Zeit drängt.

Denn mittlerweile tragen ein Drittel der Wähler im Osten eine geforderte Wende in der Erinnerungskultur mit, nämlich weg vom Gedenken an die NS-Opfer oder nehmen sie billigend in Kauf. Politiker, für die die Nazi-Diktatur nur ein „Fliegenschiss der Geschichte“ war, das Holocaustdenkmal ein „Denkmal der Schande“ statt der Erinnerung und Mahnung ist, finden in Teilen der Bevölkerung offensichtlich bedenkenlose Zustimmung. Die Ausgrenzung von Menschengruppen wird vielfach wieder hingenommen oder sogar vorangetrieben.

Deshalb ist es heute wichtiger denn je,  das Gedenken an das  größte Verbrechen der deutschen Geschichte –  an Holocaust, KZ-System und Vernichtungskrieg –  wach zu halten, ansprechend zu vermitteln und im Gedächtnis des Landes und der Menschen zu verankern. Deshalb bleibt es wichtig, die mörderischen Erfahrungen der Ausgrenzung von Menschen für mehr Toleranz und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit  immer wieder zu thematisieren und ins Bewusstsein zu heben.

Die neue Broschüre zu den Gedenkorten der Todesmärsche zum Kriegsende in Mecklenburg-Vorpommern kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Sie informiert umfassend, kann Zuversicht geben und zur Auseinandersetzung mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte motivieren.

Davon zeugen die bisher ungebrochene aktive Erinnerungskultur des Landes in Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur aber auch die Unterstützung  und Pflege der Erinnerungsorte des Todesmarsches durch zahlreiche Kommunen und Einzelpersonen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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