VVN-BdA zum 27. Januar als Holocaustgedenktag und Gedenken an das Ende der Leningrad-Blockade
29. Januar 2024
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) erinnert
anlässlich des Holocaustgedenktages auch an die Blockade
von Leningrad:
Die VVN-BdA erinnert an diesem 27. Januar nicht nur an die
Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz im Jahre 1945,
sondern auch an den 80. Jahrestag der Befreiung der Stadt
Leningrad mit der Durchbrechung der Blockade durch die
sowjetische Armee am 27. Januar 1944. In den
Welteroberungsplänen des deutschen Faschismus nahm der Überfall
auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 einen besonderen Platz ein.
Es ging um die Rohstoffreserven der UdSSR und die industriellen
Kapazitäten im Westen der Sowjetunion. Im »Fall Barbarossa«
waren diese Ressourcen fest eingeplant, um einen Krieg gegen die
UdSSR überhaupt führen zu können. Das nach Osten vorrückende
Millionenheer sollte sich aus den Vorräten der örtlichen Bevölkerung
versorgen und damit den dort lebenden Menschen, die als
»slawische Untermenschen« betrachtet wurden, die
Lebensgrundlage nehmen. Zudem war es ein ideologisch
motivierter Vernichtungskrieg gegen den »jüdischbolschewistischen« Feind.
Ende August erreichten die faschistischen Heere Leningrad. Erobern
konnten sie die Stadt nicht. Am 8. September 1941 wurde der
Blockadering geschlossen. Damit war die Großstadt, in der damals
rund drei Millionen Menschen lebten, im Süden durch deutsche
Truppen und ihre Verbündeten, im Norden von finnischen Einheiten
blockiert. Nur über den im Osten gelegenen Ladogasee konnten
zeitweise und unter großen Gefahren Lebensmittel und andere
Versorgungsgüter in die Stadt gebracht werden. Die Blockade von
Leningrad und das Aushungern der Bewohnerinnen war Teil der verbrecherischen Kriegführung der Nazis in Osteuropa, die mit dem Begriff »Vernichtungskrieg« treffend charakterisiert wird. Vor über zwanzig Jahren sprach der Jenaer Historiker Jörg Ganzenmüller von einem »Genozid durch bloßes Nichtstun«. Tatsächlich starben mehr als eine Million Menschen während der Belagerung an Hunger und Mangelernährung. Dennoch haben die Menschen in Leningrad knapp drei Jahre der faschistischen Bestie widerstanden und ein sichtbares Zeichen gesetzt, dass die »unbesiegbare« Wehrmacht an ihre Grenzen stößt. Der Überlebenskampf der Einwohnerinnen und
der sowjetischen Armee, die im Winter die Versorgung der
Menschen über die zugefrorene Ostsee organisierte und die im
Januar 1944 den Blockadering sprengen konnte, sind unvergessen.
Ein eigenes skandalöses Kapitel ist der Umgang mit den Opfern des
faschistischen Vernichtungskrieges und ihren Angehörigen durch die
Bundesrepublik Deutschland. Seit Jahrzehnten lehnt die
Bundesregierung jegliche Zahlung individueller Entschädigungen an
nichtjüdische Bürger*innen der damaligen Sowjetunion bzw. des
heutigen Russlands grundsätzlich ab.
In einem offenen Brief an die Bundesregierung vom Herbst letzten
Jahres beklagen die letzten Überlebenden der Blockade:
»Mittlerweile sind wir weniger als sechzigtausend, alles Menschen
verschiedener Nationalitäten, die die Greuel der belagerten Stadt
überlebten.« Sie verurteilen die Weigerung Berlins, eine für
jüdische Überlebende zugesagte Entschädigung »auf alle heute
noch lebenden Blockadeopfer ohne Ansehen ihrer ethnischen
Zugehörigkeit auszuweiten«.