Stolpersteine gegen das Vergessen
2. Juli 2009
– nun auch in Wismar
Es gibt in jedem Leben Momente, die man nie vergessen kann. Für mich gehört der Zweite Weltkrieg dazu, der mir als Kind den Vater und bald danach die Heimat nahm. Nie wieder Faschismus mit seiner Fremdenfeindlichkeit, schwor ich mir damals. Am 8. Mai 1945, dem Tag der Befreiung vom Töten. Um so erschrockener war ich, als sechs Jahrzehnte später in unserem Land bereits wieder fremdenfeindliche Parolen und antisemitische Schmierereien auftauchten. Alles vergessen, obwohl es immer noch Trümmer gibt? Nicht beunruhigt darüber, dass die Straftaten mit neofaschistischem Hintergrund zunehmen, Werwölfe auftauchen, die NPD in unseren Landtag einzog? Heißt es nicht: „Wer sich nicht der Vergangenheit erinnert, wird dazu verurteilt, sie noch einmal zu erleben!“ In über 400 Orten Deutschland gibt es bereits „Stolpersteine“ die uns an Schicksale von Opfern der Gewaltherrschaft im Nationalsozialismus erinnern, nun auch in unserer Stadt. Wir, vom Bund deutscher Antifaschisten, fanden nach einem Aufruf in der Ostsee-Zeitung Verbündete im Netzwerk für Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit, in der Bürgerschaft der Hansestadt Wismar und schließlich auch im Gerhart-Hauptmann-Gymnasium. Dort nutzte ich eine Geschichtsstunde beim Lehrer Frank Reichelt, um die Schüler über den Gedanken der Stolpersteine zu informieren und sie zur Forschung in ihrer Heimat zu interessieren. Unterstützt vom Leiter des hiesigen Stadtarchivs, Gerd Giese, des Heimatforschers Falk Bersch sowie Petra Steffan, Mitarbeiterin in der Pressestelle der Stadt Wismar, wurde schließlich gemeinsam erkundet, welche ehemaligen Nachbarn während der Nazi-Zeit wegen ihres „Anderssein“ abgeholt und umgebracht wurden. Die Schüler konnten die hiesige Bevölkerung auf einer Veranstaltung im Zeughaus hierüber informieren und dann auch den Künstler Gunter Demnig in Köln gewinnen, um die Namen der Opfer mit ihrem Schicksal auf Steinen zu prägen. Bereits im Juli des vergangenen Jahres wurden die ersten neun Steine vor dem letzten Wohnort eingesetzt. Nun sollen die Gedanken der Vorbeikommenden darüber stolpern und sie an die Schicksale ihrer einstigen Mitbürger zur Nazi-Zeit erinnern. Umgebracht, weil sie jüdischen Glaubens waren, den Zeugen Jehovas angehörten oder als kranke Menschen im Euthanasieprogramm zu Tode kamen. Inzwischen haben sich Bürger bereit erklärt, die Obhut über die Stolpersteine zu übernehmen und weitere Schüler, die die Forschungsarbeit fortsetzen werden; denn für uns heißt Erinnern – Leben.“