Unterstützt den Aufruf „Für ein sicheres Aufenthaltsrecht für Roma – keine Abschiebung von Roma“

23. November 2009

Unterstützt den Aufruf „Für ein sicheres Aufenthaltsrecht für Roma – keine Abschiebung von Roma“ des Flüchtingsrates Niedersachsen und der VVN-BdA mit eurer Unterschrift auf der Internetseite www.nds-fluerat.org!

Etwa 23.000 geflüchtete Roma leben derzeit in Deutschland, von denen bereits zahlreiche abgeschoben wurden oder von der Abschiebung bedroht sind. Ein Großteil dieser Flüchtlinge stammt aus dem Kosovo, wo sie vertrieben und umgesiedelt, permanenter Diskriminierung ausgesetzt sind und ihnen durch den Ausschluss aus den sozialen Sicherungssystemen und von der ärztlichen Versorgung grundlegende Menschenrechte entzogen werden. Deutschland trägt gegenüber den Roma-Flüchtlingen eine besondere Verantwortung, weil in Deutschland Sinti und Roma während des NS-Regimes systematisch ausgegrenzt, entrechtet und schließlich 500.000 Angehörige dieser Bevölkerungsgruppe ermordet wurden. Um ihre Anerkennung als Nazi-Opfer mussten Sinti und Roma Jahrzehnte kämpfen, bis Ihnen in Westdeutschland 1980 eine Pauschalentschädigung von 5.000 DM gewährt wurde. Auch in der DDR wurden diese Opfergruppe medial nicht gleichberechtigt behandelt, wenn auch „Die rechtliche Stellung der anerkannten Verfolgten des Naziregimes in der DDR“ vom 5. Oktober 1949, herausgegeben vom Zentralvorstand der VVN in der DDR, inhaftierte Sinti und Roma in den Anerkennungsrichtlinien unter Punkt 17, unter der Einschränkung einer antifaschistisch-demokratischen Haltung, als Opfer des Faschismus anerkannte. Damit stand ihnen rechtlich eine entsprechende Opferrente zu. Vor diesem historischen Hintergrund verdienen verfolgte Sinti und Roma in der heutigen Zeit in Deutschland einen besonderen Schutz. Auch die VVN-BdA MV unterstützt gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat MV den Aufruf gegen die Abschiebung von Roma-Flüchtlingen. Ein gemeinsamer Brief an das Innenministerium MV ist geplant. Bitte setzen auch Sie sich mit Ihrer Unterschrift für ein sicheres Aufenthaltsrecht von Roma-Flüchtlingen ein !

Lehrer lernen Umgang mit Rechtsextremismus

23. November 2009

Unter dem Motto „AUGEN-BLICK-MAL!“ werden Pädagogen im Nordosten in einem dreitägigen Training fit gemacht für den Umgang mit Fremdenfeindlichkeit und rechtsextremistischen Tendenzen in Kindergärten und Grundschulen.

Veranstalter der Kurse sind die demokratische Fraueninitiative „Lola für Lulu“ in Ludwigslust und das Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg. Ratlose Pädagogen der Region hätten sich das Training gegen Rechts gewünscht, sagt die Politikwissenschaftlerin Sandra Pingel-Schliemann. Dafür gibt es noch mehr in Vorpommern guten Grund. Die rechtsextreme NPD stößt nach einem Bericht des Neubrandenburger „Nordkurier“ in Anklam auf eine deutlich größere Zustimmung als in Neubrandenburg und bundesweit. So sehen 34,6 Prozent der befragten Anklamer die Rechtsextremen als „Partei wie jede andere auch“, berichtet die Zeitung unter Berufung auf eine Studie der Universität Bielefeld. In Neubrandenburg seien 15,5 Prozent der Befragten dieser Ansicht, bundesweit liege der Schnitt bei 13 Prozent. Die Regionen Ostvorpommern um Anklam und der benachbarte Uecker-Randow-Kreis gelten seit Jahren als Hochburgen der rechtsextremen Partei. In Anklam sitzen ihre Vertreter seit Jahren im Stadt- und Kreisparlament. Es bleibt zu hoffen, dass die Lehrer-Schulung gegen das völkisch-rasssistische Gedankengut der NPD aus Westmecklenburg auf das ganze Land ausgedehnt wird, kommentiert Axel Holz die Initiative, Landesvorsitzender der VVN-BdA in Mecklenburg-Vorpommern.

Vortrag und Buchvorstellung zur „Reichskristallnacht“ 1938.

14. November 2009

Bei einer Veranstaltung in Stralsund zur Erinnerung an die Pogromnacht von 1938 fordert die Gewerkschaft ver.di eine verstärkte Auseinandersetzung mit rechtsextremen und antisemitischen Tendenzen.

Bei dem abendlichen Vortrag unter dem Titel „Geschichte erinnern“ im Stralsunder Wulflamhaus mahnte Ernst Heilmann, beim Landesbüro der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zur erhöhten Wachsamkeit gegenüber antisemitischen Tendenzen. Übergriffe wie die Messerattacke auf eine jüdische Jugendgruppe in Waren machten die Dimension der Gefahr deutlich. „Alle demokratischen Kräfte müssen in dieser Frage aktiv werden“, forderte Heilmann, der für die gewerkschaftliche Initiative „NPD, kehrt Marsch!“ zuständig ist. Bildungsarbeit sei ein wichtiges Element in dem Bestreben, der Erinnerung an die Schrecken des Nazi-Terrors wach zu halten. Daher trage ver.di das Thema systematisch in die Betriebe. Während der Veranstaltung zur Erinnerung an die als „Reichskristallnacht“ in die Geschichte eingegangenen Pogrome 1938 referierte Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel, Historiker und Direktor des Institutes für Braunschweigische Regionalgeschichte an der TU Braunschweig zum Thema „Antisemitismus heute“. Heidi und Wolfgang Beutin stellten den Band „Widerstand – gestern und heute“ vor, der Beiträge einer Konferenz im April vergangenen Jahres im Dokumentationszentrum Prora zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus vereint. Mehr über die Arbeit von ver.di zum Thema Rechtsextremismus: www.npd-kehrt-marsch.de

Erfolgreiche Aktionen der Kampagne „NPD-Verbot jetzt!“ vor den Bundestagswahlen 2009 in Mecklenburg-Vorpommern

geschrieben von Michael Bodicke

7. November 2009

Lange war der Termin für die Bundestagswahlen diesen Jahres bekannt und lange vorbereitet waren die Aktivitäten der Kampagne „NPD-Verbot jetzt!“ in den Wochen vor den Bundestagswahlen.

Die NPD trat, trotz großer finanzieller Probleme und internen Streitigkeiten zu den Bundestagswahlen diesen Jahres an. Besonders aufwendig war dann der Wahlkampf der rechtsextremen Partei auch nicht, wusste man wohl, dass der Einzug in das bundesdeutsche Parlament kaum zu schaffen war, so kurz nach dem Bruch des „Deutschlandpaktes“ mit der Deutschen Volksunion (DVU). Aber die Verheißung auf Wahlkampfkostenrückerstattungen hat die verfassungsfeindliche Partei dann wohl doch dazu bewogen, sich zu den Wahlen am 27. September aufzustellen.

Grund genug, in den Wochen vor den Wahlen noch einmal mit der Kampagne „NPD-Verbot jetzt!“ in die Vollen zu gehen und auf die wachsende neofaschistische Gefahr aufmerksam zu machen. Dazu wurden hunderte Flugblätter und die aktuelle Sonderausgaben der Zeitschrift „antifa“ entweder direkt per Wurfpost in die Haushalte der Menschen gebracht oder während Infoständen und „Spaziergängen“ an Passanten verteilt. Während den Infoständen konnten viele neue Stellungnahmen für ein Verbot der rechtsextremen NPD gesammelt, neue Bekanntschaften geschlossen und sogar neue Mitstreiter gewonnen werden. Postkarten mit den verschiedensten Motiven der Kampagne wurden in Jugendzentren, alternativen Projekten, Bibliotheken und in Geschäften ausgelegt. Nach kurzen Gesprächen mit Angestellten konnten dutzende Plakate in den Schaufenstern von Geschäften aufgehängt werden. Auch wenn ein NPD-Verbot nicht immer unumstritten war, so war die Ablehnung der NPD überall spürbar. Hunderte Aufkleber konnten die letzten Tage vor der Wahl dann noch verteilt und angebracht werden, sodass insgesamt ein Großteil der Nazi-Aufkleber in der Stadt wieder von der Bildfläche verschwand. Die von Neonazis illegal an Müllcontainer und Wänden plakatierten Großplakate wurden innerhalb kürzester Zeit von den entsprechenden Firmen wieder entfernt. An dieser Stelle vielen Dank an Alle, die an der Beseitigung beteiligt waren. Als Fazit bleibt zu sagen, dass es die NPD einmal mehr nicht in den Bundestag geschafft hat. Ein Grund zum Feiern ist dies allerdings nicht, bekommt sie schließlich weiterhin Steuergelder in Form von Wahlkampfkostenrückerstattungen und regelmäßigen Gehältern und Diäten der mittler Weile in Kommunal- und Landesparlamenten sitzenden Abgeordneten.

Keine Kürzungen bei Programmen gegen Rechtsextremismus!

6. November 2009

Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Peter Ritter, warnt vor Kürzungen bei Bundesprogrammen gegen Rechtsextremismus.

„Nach dem Willen von Schwarz-Gelb sollen die Programme unter Einbeziehung der Bekämpfung linksextremistischer und islamistischer Bestrebungen fortgeführt werden“, sagte Ritter. Wenn dies eine Kürzung bei den Programmen gegen Rechtsextremismus zur Folge habe, sei dies inakzeptabel. Union und FDP würden damit die tatsächlichen aktuellen Gefahren für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ignorieren.

Nach Ansicht von Ritter wird eine derartige Gleichsetzung in den Förderprogrammen den Herausforderungen im Kampf gegen alte und neue Nazis nicht gerecht. „Angesichts der Situation auch in unserem Land sollten die Landtagsfraktionen von CDU und FDP bei ihren Bundestagsfraktionen darauf drängen, dass die Programme in ihrer bisherigen Form fortgeführt werden“, so Ritter. Mit Programmen wie „Jugend für Vielfalt, Demokratie und Toleranz“ seien auch in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten beiden Jahren zahlreiche Projekte initiiert und gefördert. „Dieses Programm läuft im nächsten Jahr aus und bedarf dringend einer Fortsetzung.“

Verwunderlich sei eine weitere Schwerpunktsetzung der neuen CDU/FDP-Koalition. So sollen Maßnahmen zur geschichtlichen Aufarbeitung verstärkt werden, um einer „Verklärung der SED-Diktatur entgegenzuwirken“. „Formulierungen zur Aufarbeitung der NS-Herrschaft, zum Umgang mit der NPD oder gar zu einem NPD-Verbot sucht man dagegen vergeblich“, kritisierte Ritter. „Mit einer derartigen Herangehensweise ist eine ausgewogene Bewertung der deutschen Geschichte nicht möglich, die politische Bildung, vor allem der jungen Generation, wird dadurch deutlich geschwächt.“

Gedenkstättengesetz in Sicht

geschrieben von Peter Ritter, MdL MV

19. Oktober 2009

Gedenktage sind ohne Sinn, wenn sie nicht in Gegenwart und Zukunft hineinwirken

Das Jahr 2009 war reich an Gedenktagen. Erinnert sei hier an den 90. Jahrestag der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, den 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkrieges, die 60. Jahrestage der Gründung der DDR und der BRD, den 20. Jahrestag der politischen Wende in der DDR. Diese Jahrestage waren jedoch nicht allein Anlass für die Fraktion DIE LINKE im Landtag Mecklenburg-Vorpommern sich auf ihrer Herbstklausur in Greifswald mit dem Thema Gedenkstättenarbeit zu befassen. Anlass war auch die Tatsache, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Arbeitsgruppe unter Federführung der Landeszentrale für politische Bildung dabei ist, ein Gedenkstättenkonzept für das Land Mecklenburg-Vorpommern zu erarbeiten. Angesichts der Erfahrungen, die auf Bundesebene und in anderen Bundesländern bei der Erarbeitung solcher Konzepte gesammelt wurden, will sich die Fraktion rechtzeitig in den Entstehungsprozess einbringen, ihre Erwartungshaltungen formulieren und Erfahrungen einfließen lassen. Der Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, Jochen Schmidt, stellte den gegenwärtigen Stand der Konzepterarbeitung vor. Die Bestandsaufnahme kann sich dabei schon auf einen Gedenkstättenführer stützen. Alt-Rehse – „Führerschule der deutschen Ärzteschaft“, Barth- KZ-Außenlager und Kriegsgefangenlager, Neubrandenburg- Kriegsgefangenlager und sowjetisches Speziallager, Peenemünde – Heeresversuchsanstalt, die Synagoge in Röbel oder das „Grenzhus e.V.“ in Schlagsdorf an der ehemaligen Grenze zwischen DDR und BRD werden hier beispielhaft als Gedenkorte genannt. Das Ziel der Gedenkstättenarbeit wird in diesem Gedenkstättenführer mit den Begriffen Gedenken, Mahnen, Forschen und Lernen beschrieben. Eine Zielsetzung, die auch die Gedenkstättenkonzeption des Landes aufgreifen soll. Eine erste Fassung des Konzeptes soll Anfang 2010 zu Debatte gestellt werden. Aus der Praxis der Gedenkstättenarbeit berichteten auf der Fraktionsklausur Stefan Tanneberger vom „Friedenszentrum Anklam“, Jürgen Rostock vom „Dokumentationszentrum Prora“ und Karsten Richter, Landesgeschäftsführer des „Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge Mecklenburg-Vorpommern“. Das Anklamer Friedenszentrum hat die Gedenkstättenarbeit im ehemaligen Wehrmachtsgefängnis in Anklam übernommen. Bundes- und Landespolitik sind in der Unterstützung bislang sehr zögerlich. Die kommunale Ebene und das Friedenszentrum allein stehen ohne diese Unterstützung vor einer unlösbaren Aufgabe. Ähnlich ergeht es dem Prorarer Dokumentationszentrum. Das ehemalige „KdF-Bad“ ist mit der Dauerausstellung „MACHTUrlaub“ einer der wenigen authentischen Orte der Bau- und Sozialgeschichte des „Dritten Reiches“. Die Zukunft des Zentrums ist nach Verkäufen großer Teile der Anlage an einen privaten Investor mehr als fraglich. Die Erwartungshaltung der Fraktion DIE LINKE an ein Gedenkstättenkonzept ist deshalb: klare Aussagen zur Zukunft und zur Unterstützung solcher wichtigen Gedenkorte ! Nicht mehr wegzudenken aus der Gedenkstättenarbeit ist die Jugendbegegnungsstätte auf dem Golm auf der Insel Usedom. Der Träger dieser Begegnungsstätte ist der Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge. Das Motto des Bundes „Versöhnung über den Gräbern“ ist hier durch zahlreiche Treffen mit deutschen und polnischen Jugendlichen gelebte Praxis. Sich hier einzubringen, ist angesichts der in dieser Region massiv agierenden NPD besonders wichtig. „Gedenktage sind ohne Sinn, wenn sie nicht in Gegenwart und Zukunft hineinwirken.“ Dieser Ausspruch Ernst Thälmanns gilt auch für die Gedenkstätten. Auch sie sind ohne Sinn, wenn sie nicht in Gegenwart und Zukunft hineinwirken. Diese Überlegung war Anlass für die Fraktion DIE LINKE im Landtag einen Antrag zur Unterstützung von Klassenfahrten in KZ-Gedenkstätten einzubringen. Im Ergebnis einer umfassenden Debatte sind nun Mittel zur „Unterstützung von Klassenfahrten in KZ-Gedenkstätten und Gedenkstätten für Opfer der jüngeren deutschen Geschichte“ in den Landeshaushalt eingestellt. Von Mitte 2008 bis 31. März 2009 wurden 39.701 € für Fahrten zu KZ-Gedenkstätten und 17.957 € für Fahrten zu Gedenkstätten der jüngeren deutschen Geschichte bewilligt. Vor- und Nachbereitung solcher Fahrten durch die Schulen und inhaltliche Begleitung durch die Landeszentrale für politische Bildung sind Bestandteil dieses Programms. Die genannten Schwerpunkte der Gedenkarbeit sollten auch in das erste Gedenkstättenkonzept des Landes einfließen. Erfahrungen mit anderen Gedenkstättenkonzepten zeigen, dass es Versuche gibt, in der Gedenkstättenarbeit die DDR-Geschichte zu priorisieren und im formalen Diktaturvergleich mit der DDR das NS-Regime zu relativieren. Beides sollte im zukünftigen Gedenkstättenkonzept von Mecklenburg-Vorpommern nicht wiederholt werden.

Dr. Hans Lindenberg vor 65 Jahren ermordet

geschrieben von Dr. Horst Sieber

11. Oktober 2009

In diesem Jahr jährt sich zum 65. Mal die Ermordung von Dr. Hans Lindenberg im Konzentrationslager Auschwitz.

Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zählte Dr. Hans Lindenberg zu den bekanntesten jüdischen Bürgern der Hansestadt Rostock. Dies war die Folge sowohl seines ärztlichen und sozialen Wirkens als auch seines politischen Engagements. Mit 24 Jahren zog 1911 der frisch promovierte und jung verheiratete Mediziner von Berlin nach Rostock. Er nahm eine Tätigkeit als Assistenzarzt an der Chirurgischen Universitätsklinik auf. Sie währte nicht lange, denn der Erste Weltkrieg setzte ihr ein Ende. Dr. Lindenberg war als Arzt den gesamten Krieg über an verschiedenen Fronten in Ost- und Westeuropa eingesetzt. Obwohl er mit hohen Auszeichnungen bedacht worden war, hatten den Mediziner das Kriegserlebnis zum Pazifisten werden lassen. Nach Kriegsende musste er sich beruflich neu orientieren, da an der Universität keine Stelle mehr für ihn vorhanden war. Er ließ sich als frei praktizierender Arzt in Rostock nieder. Seine Wohnung und seine Praxis richtete er am Schröderplatz 1a ein. Sie wurde für fast 20 Jahre eine der besten Adressen medizinischer Versorgung der Stadt. Nur wenige Schritte musste der Mediziner gehen, um in die Feldstraße 2a zu gelangen. Denn dort richtete die AOK Rostock 1921 ihren Verwaltungssitz ein. Des öfteren führte der Weg Dr. Lindenberg dorthin, weil die AOK Rostock ihn als nebenamtlichen Vertrauensarzt ausgewählt und vertraglich gebunden hatte. Seine Aufgabe bestand darin, die Nachuntersuchung erkrankter AOK-Mitglieder vorzunehmen, die Anträge auf Beurlaubung nach außerhalb zu bearbeiten und Verordnungen zweifelhafter und nicht handelsüblicher Heilmittel zu prüfen. 1927/28 verbesserte die AOK grundlegend die Arbeitsbedingungen für den Vertrauensarzt durch die Einrichtung eines Diagnostischen Instituts. Der Anstoß zur Einrichtung eines derartigen Instituts wurde durch den enorm hohen Krankenstand der zurückliegenden Jahre gegeben. Der Vertrauensarzt war nicht in der Lage, die Zahl der zu Untersuchenden im eigenen Wartezimmer unterzubringen. Es war nichts Seltenes, dass Kranke im Treppenhaus, im Hausflur oder gar in der Wohnung des Vertrauensarztes warten oder gar mehrere Kranke gleichzeitig in einem Raum untersucht werden mussten. Diese Umstände bewogen den Vorstand der AOK zur Schaffung des eigenen Instituts, das am 1.Juli 1928 eröffnet wurde. Auf 150 m2 entstand eine Zimmerflucht von neun Räumen u.a. mit einem Laboratorium für chemische und mikroskopische Untersuchungen und schallsicheren Kabinen. „Der für später vorgesehene Röntgenapparat wird dann das diagnostische Rüstzeug soweit vollenden, dass das Vertrauensärztliche Institut sich mit jeder Poliklinik messen kann“ – schätzte der Vorstand ein, und es Dr. Lindenberg ermöglichte, 1929 etwa 5.600 Fälle zu bearbeiten. Das politisch Engagement Dr. Lindenbergs in verschiedenen jüdischen Organisationen und in der Deutschen Demokratischen Partei bzw. der daraus hervorgegangenen Deutschen Staatspartei richtete sich auf die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus, die Sicherung der Gleichberechtigung der Juden als deutsche Staatsbürger und die Verteidigung der Weimarer Republik. Mit dem Machtantritt des Faschismus wurde das Wirken von Dr. Lindenberg und seiner Frau in der Öffentlichkeit für die Interessen der Stadt und des Landes Mecklenburg stark eingeschränkt. Die Parteien und Verbände, denen sie angehört hatten, waren verboten worden. Der gesellschaftliche Einsatz von Juden in den Kommunen war unerwünscht und wurde in immer stärkerem Maße unmöglich gemacht. Bei den Lindenbergs wuchs die Erkenntnis, Deutschland verlassen zu müssen. Das erreichten sie aber nur für ihre Tochter. Nach der Streichung aus dem Mecklenburgischen Ärzteregister im November 1938, der Ausgrenzung der Juden aus dem Leben der Stadt und dem Wegzug vieler Bekannter, siedelten sie nach Berlin um, wo es noch viele jüdische Bürger gab. Dr. Lindenberg arbeitete dort bis 1943 unter der diskriminierenden Bezeichnung Krankenbehandler als Mediziner, seine Frau stand ihm als Sprechstundenhilfe zur Seite. Nach ihrer völligen Enteignung durch den NS-Staat wurden sie in das KZ Theresienstadt deportiert. Eineinhalb Jahre später, am 9.Oktober 1944, erfolgte ihre Deportation in das KZ Auschwitz. Dort sind sie wahrscheinlich unmittelbar nach ihrer Ankunft vergast worden. Dieser Artikel ist auf der Grundlage der Publikation von Karl Heinz Jahnke „Endpunkt: Auschwitz. Frühere Angehörige der Universität Rostock.“ und der Geschäftsberichte der AOK Rostock aus den Jahren 1927 bis 1929 geschrieben worden. Heute erinnert in Rostock die Hans-Lindenberg-Straße an den Mediziner. Ein erinnernder „Stolperstein“ im Gehweg vor der Wohnstätte Dr. Lindenbergs fehlt noch…

Presseerklärung, 17.09.2009

25. September 2009

Endlich „Kriegsverräter“ rehabilitiert

Die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) in Mecklenburg-Vorpommern begrüßt die Entscheidung des Bundestages, sogenannte Kriegsverräter aus der Zeit des zweiten Weltkrieges zu rehabilitieren. Sowohl die Anhörung zu diesem Thema im Bundestag als auch die rege Diskussion in den Medien und der Fachliteratur hatten ergeben, dass die sogenannte Kriegsverräter nach dem NS-Militärstrafrecht zur Disziplinierung der Truppe verurteilt wurden. Ihre vermeintlichen Vergehen waren das Verstecken von Juden, Gespräche mit Kriegsgefangenen sowie Tagebucheinträge – humanitäre Handlungen, die ihre Kameraden keinesfalls in Gefahr brachten, wie jahrelang behauptet wurde. Damit ist nun endlich ein weiteres Unrecht des NS-Regimes beseitigt wurden. Peinlich ist, dass dies erst 64 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus erfolgt. Bereits 2002 hatte der Bundestag die Urteile über sogenannte Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus der NS-Zeit aufgehoben. Ein Antrag der Linken von 2007, ein Gruppenantrag sowie die kritische Berichterstattung der Medien führten schließlich zum soeben beschlossenen Gesetzentwurf. Schade, dass es solange dauern musste, um gesetzlich zu verankern, was die Mehrheit der Deutschen bereits wusste: die als Kriegsverräter in der NS-Zeit Verurteilten haben ihre Menschlichkeit bewahrt und verdienen Anerkennung statt Tadel. Um so mehr äußert die VVN-BdA MV ihr Unverständnis über die Entscheidung eines Greifswalder Gerichts, das einer NPD-Klage nachgab und die volksverhetzende Aufschrift auf NPD-Plakaten zur Bundestagswahl „Polen-Invasion stoppen“ als Ausdruck der Meinungsfreiheit beurteilte. Zuvor hatte der Landkreis Ücker-Randow entschieden, ca. 60 volksverhetzende NPD-Plakate zu entfernen. Wie lange noch darf rassistisches und chauvinistisches Gedankengut, gesetzlich geschützt, verbreitet werden? Die Plakatierungen der NPD belegen wiederholt deren verfassungswidriges Auftreten und bestätigen uns in unserer Forderung nach einem NPD-Verbot.

Historiker Karl-Heinz Jahnke gestorben

25. September 2009

Der Historiker Karl Heinz Jahnke ist tot. Er starb am 14. September im Alter von 75 Jahren in Rostock.

Ab 1968 war er Professor für Deutsche Geschichte in Rostock und forschte über den deutschen Faschismus und den antifaschistischen Widerstand, dessen Vertreter er porträtierte. Karl-Heinz Jahnke war einer der führenden Faschismusforscher in der DDR und wurde, wie so viele seiner Kollegen, nach dem Beitritt der DDR zur BRD aus dem Wissenschaftsbetrieb gedrängt. Seine Arbeiten über den Jugendwiderstand gegen die Nazis in den 60er Jahren waren Pionierarbeiten. Sie fanden auch im Westen großes Interesse, wo Jahnke ein gern gesehener Gast war. Jahnke leitete Projekte wie die »Illustrierte Geschichte der Arbeiterjugendbewegung« oder die »Chronik der FDJ«. Prof. Jahnke stand in engem Kontakt zur VVN-BdA in Mecklenburg-Vorpommern. Wir verlieren mit Karl-Heinz Jahnke einen konsequenten Antifaschisten und engagierten Spezialisten in der Faschismusforschung.

ERSTER SEPTEMBER

25. September 2009

WELTFRIEDENSTAG – ANTIKRIEGSTAG

An einem ersten September, dem des Jahres 1939, begann der Zweite Weltkrieg, der verheerendste Krieg der Menschheitsgeschichte. (Der Inhalt steht als Flugblatt in einet PDF – Datei bereit)

20090926c_1_weltfriedenstag.pdf (323 KB)

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