Anhörung des Innenausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern am 07.04.2011 zur Novellierung des Gräberstättengesetzes

geschrieben von Dr. Axel Holz

30. März 2011

Stellungnahme der Opferorganisation VVN-BdA MV e.V.

1. Die VVN-BdA begrüßt den Entwurf zur Novelle des Gräberstättengesetzes in Mecklenburg-Vorpommern. Die Gesetzesnovelle enthält Maßnahmen, die ein würdiges Gedenken der Opfer von NS-Herrschaft und Krieg sicherstellen sollen und einen besonderen Schutz der entsprechenden Gräberstätten im Lande vor Missbrauch und Diffamierung der Opfer bieten sollen. Solcher Missbrauch von Gedenkstätten bzw. Gedenkorten findet durch Neonazis und Rechtspopulisten in Deutschland nicht selten statt, indem:

– Wehrmacht und Waffen-SS verherrlicht werden

– Opfer von Kriegen für nationalistische Kriegsverherrlichung missbraucht werden

– Vertreter des NS-Regimes rehabilitiert bzw. geehrt werden (Rudolf-Hess-Gedenkmärsche)

– das Leid des Krieges mit dem Holocaust gleichgesetzt wird (These vom „Bombenholocaust“)

– Gedenkfahrten nach Auschwitz als „steuerfinanzierter Sühnetourismus“ bezeichnet werden

2. Eine Novellierung des Gräberstättengesetzes sollte den Missbrauch von Gedenkorten verhindern helfen. Das Gräberstättengesetz sollte deshalb auch festhalten, dass das Gedenken an die Opfer von NS-Herrschaft und Krieg den Grundsätzen des Friedens, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet sein muss.

3. Aus Sicht der Opferorganisation VVN-BdA sollte bei der Durchführung von Gedenkveranstaltungen nicht nur das Gedenken dem Widmungszweck entsprechen, wie es im Gesetzestext heißt, sondern auch die öffentliche Gedenkstättenarbeit dabei befördert und keinesfalls behindert werden. Deshalb sollte der Grundsatz des ruhigen Gedenkens für die Opfer mit den Grundsätzen öffentlicher Gedenkarbeit verbunden werden, die auch die schulische Bildung einbezieht. Aus diesem Grunde sollten ausgewiesene Gräberstätten als Gedenkorte gegen NS-Herrschaft und Krieg öffentlich genutzt werden können, indem diese:

– öffentlich zugänglich sind

– für die pädagogische Gedenkstättenarbeit bereit stehen und genutzt werden können

– Gedenkreden offen stehen, die dem Widmungszweck des Gedenkens, Erinnerns und Mahnens entsprechen

– in angemessener Form durch kulturelle Beiträge begleitet werden können (Musik, Lesungen, Gedichte usw.)

4. Wir machen ausdrücklich darauf aufmerksam, dass Gräberstätten, an denen den Opfern des NS-Regimes und der Kriege gedacht wird, öffentliche Orte des Gedenkens und zugleich der Erinnerung und Mahnung sind. Zum glaubhaften öffentlichen Gedenken gehört auch die Erinnerung an die historischen Ursachen und Bedingungen von Kriegen und NS-Herrschaft und die Mahnung an die nachfolgenden Generationen. Gedenkreden in diesem Sinne entsprechen dem Widmungszweck.

5. Den grundsätzlichen Verzicht auf das Zeigen von Transparenten und politischen Losungen an Gedenkorten und Gräberstätten halten wir für sinnvoll, um eine Instrumentalisierung des Gedenkens zu verhindern. Ein solches Verbot darf aber nicht für die Verwendung von Symbolen und Fahnen demokratischer Organisationen gelten, die damit traditionell ihre Präsenz und Identifikation mit dem jeweiligen Gedenken zum Ausdruck bringen. Das betrifft in Deutschland u.a. demokratische Opferorganisationen und Gewerkschaften. Das Recht, Symbole und Fahnen an Gräberstätten mit öffentlichem Gedenkcharakter zu zeigen, ist besonders für internationale Organisationen wichtig. Deutschland steht als verantwortlicher Staat für den Holocaust und als Subjekt eines Eroberungs- und Vernichtungskrieges gegenüber den Völkern und Opfern in Europa in einer besonderen Verantwortung. Die Form des Gedenkens sollte den Opferorganisationen deshalb überlassen bleiben. Dies sollte auch gelten, um unnötige diplomatische Konflikte zu vermeiden. Aus der Erfahrung heraus treten belgische und polnische Opferorganisationen in MV auch mit den Symbolen und Fahnen ihrer Opferorganisationen an Gräberstätten in MV auf. Die Verbannung von neonazistischen oder anderen volksverhetzenden Symbolen oder Fahnen von öffentlichen Gräberstätten muss nicht im Gräberstättengesetz gesondert geregelt werden. Dies ist bereits ausreichend durch das Grundgesetz und andere gesetzliche Festlegungen reguliert.

6. Im Gesetzestext sollte geändert werden, dass es sich mit der Stätte an der B106 nahe Wöbbelin nicht um eine Gräberstätte, sondern um einen Gedenkort handelt, der mit verschiedenen Gräberstätten für Opfer des KZ Wöbbelin in direkter Verbindung steht.

7. Die Formulierung im Gesetz bezüglich der Einbeziehung von Einrichtungen oder Anlagen „die in einem engen räumlichen Zusammenhang mit einer Gräberstätte stehen“ sollte dahingehend präzisiert werden, dass das ruhige Gedenken nicht im unmittelbaren Umfeld, d.h. im Sichtfeld bzw. in Hörweite der Gedenkstätte, durch andere Veranstaltungen oder Aktivitäten gestört werden darf. Auch sollten Gedenkorte in den Gesetzesumfang eingebunden werden, die sich unmittelbar auf Gräberstätten der Opfer von NS-Herrschaft und Krieg beziehen oder selbst Orte darstellen, an denen völkerrechtswidrige Verbrechen stattgefunden haben (z.B. Grunthalplatz Schwerin).

Einsteigerseminar VVN-BdA

5. März 2011

06.03.2011

Einsteigerseminar VVN-BdA

für neue Mitglieder und Sympathisanten

Sonntag, 06. März 2011, ?

Ort wird noch bekannt gegeben

Sonntag, 06. März 2011, ? Ort wird noch bekannt gegeben

Nordkonferenz

geschrieben von Raimund Gaebelein

2. März 2011

Gut besucht war die Nordkonferenz vom 25.-27. Februar in Heideruh zweifellos, und die Vorträge von Prof. Dr. Ludwig Elm (Jena) und Dr. Angelika Königseder vom Zentralinstitut für Antisemitismus in Berlin am Samstag erfüllten alle Erwartungen. Heideruh bot in seiner charmanten Weise schneebedeckt einen angenehmen Hintergrund für die intensiven Gespräche; und das literarische Kulturprogramm abends mit Jonny Schacht hatte das lange Warten gelohnt.

Die meisten Anwesenden hatten inzwischen Erfahrungen mit der VVN-Ausstellung über den „Neofaschismus in Deutschland“ gesammelt. Das Schwerpunktthema „Konservatismus“ war als theoretische Fundierung für die allfällige Auseinandersetzung mit Behörden und Parteien gewählt worden. Als Historiker legte Ludwig Elm den Schwerpunkt seines Vortrags auf die Wandlungsprozesse konservativen Denkens nach den einschneidenden Zäsuren des 20. Jahrhunderts, dem Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik, der Befreiung vom Faschismus 1945 und die Umbruchsituation 1989/90. Gleichzeitig war sein Anliegen, die Grundkonstante konservativen Denkens deutlich zu machen: ein gegen Aufklärung, vernunftbegabtes Denken und Handeln, sowie jede Gleichheitsvorstellung gerichtetes Bewahren traditioneller Werte und Verhältnisse. Für Ludwig Elm setzt konservative Ideologie mit Edmund Burkes Betrachtung der Französischen Revolution von 1789 ein. Das Feindbild konservativer Politik wandte sich nach der November-Revolution 1918 der Arbeiterbewegung zu, geriet doch der Begriff konservativ in Bedrängnis und wurde durch den Begriff Volkspartei ersetzt. Konservativ wurde bis in die jüngste Zeit zum Begriff für völkische Vordenker des aufkommenden Faschismus. Neokonservative Publizisten wirkten nach der Befreiung vom Faschismus auf den Restaurationsprozess der Adenauer-Ära ein. Verstärkt wurden in der Diskussion die Tendenz zur Militarisierung der Gesellschaft und Übergänge zu rechtsextremen Gesellschaftsvorstellungen in der aktuellen Sozialdebatte hervorgehoben.

Antimuslimischer Alltagsrassismus war Schwerpunktthema von Angelika Königseder. Die Ermordung des niederländischen Filmemachers Theo van Gogh 2004 sieht sie als Ausgangspunkt einer neuen Qualität in der Feindbildung. Überfremdungsängste werden als Motiv für Bewegungen gegen Moscheebau, Kopftuchtragen, Schächten geltend gemacht. Zwei von vier Millionen Bürgern muslimischen Glaubens besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie sind in der Gesellschaft angekommen und wollen das auch sichtbar vorzeigen. Selbst Alice Schwarzer verbündet sich mit konservativen Integrationsgegnern, um Muslime in Bausch und Bogen als rückständig, frauenfeindlich darzustellen und der einzelnen Muslima ein Recht der Selbstbestimmung darüber zu bestreiten, wie sie aussehen will, wie sie ihre Freiheit auslegt. Prozessiert wird vor Gerichten über die Höhe von Minaretten, über das Tragen von Kopftuch im öffentlichen Raum. Verschwörungstheorien sollen eine angebliche Übernahme der Gesellschaft durch muslimische Einwanderer belegen. Parallelen zum Aufkommen des Antisemitismus in der Wirtschaftskrise 1875/78 im Bismarckreich drängen sich auf. In der Diskussion wurde verstärkt die Wechselbeziehung von Innen- und Außenpolitik angesprochen, die Bedeutung für die Stabilisierung der sozialpolitischen Auseinandersetzung und der abenteuerlichen Expansionspolitik am Hindukusch. Wie die Sarrazin-Debatte zeigt, finden sich Befürworter einer anti-aufklärerischen Wende bis weit in die gesellschaftliche Mitte.

Am Sonntag wurde die aktuelle Fassung der Küstenseite der Neofaschismus-Kommission im Internet vorgestellt. Beteiligt sind die Landesverbände Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen sowie Stade. Verstärkt wird der Austausch untereinander mit Verbesserungen bei Links, Aktualität, Einstellung von Kurzfilmen, Dossiers zur Neofa-Ausstellung. Besprochen wurde die Schaffung einer moderierten Infobörse ähnlich wie bei der NPD-Verbotskampagne. Die nächste Nordkonferenz findet voraussichtlich am letzten Februarwochenende 2012 in Heideruh statt. Als Themen für den Samstag sind Gedenkstättenpolitik und Militarisierung auf dem Plan. Näheres wird im Herbst spruchreif.

Neofaschismus-Ausstellung wird ergänzt

geschrieben von Dr. Axel Holz

28. Februar 2011

Im Zusammenhang mit der Diskussion um die gemeinsame Ausstellung von ver.di und VVN-BdA „Neofaschismus in Deutschland“ in Schwerin und der dazu geführten Podiumsdiskussion erklärt die VVN-BdA MV e.V. , dass die in der kontroversen Diskussion beigesteuerten Anregungen in die Weiterentwicklung der Ausstellung einfließen.

Die Ausstellung, die derzeit in 12 Exemplaren bundesweit gezeigt wird, wird aller 4-5 Jahre novelliert. Auf Grund des besonderen Informationsbedarfs in Mecklenburg-Vorpommern vor dem Hintergrund der Landtagswahl im Herbst 2011 wird die Ausstellung in Mecklenburg-Vorpommern nun durch ein Informationsblatt ergänzt.

Das Informationsblatt enthält eine Übersicht über vielfältige Aktivitäten der Kommunen, Vereine, Verbände, Gewerkschaften und des Landes von der Initiative „Wir in MV“ bis zur parlamentarischen Auseinandersetzung der demokratischen Parteien mit der NPD – neben den bundesweiten Aktivitäten, die in der Ausstellung aufgegriffen werden. Außerdem heben wir deutlich heraus, dass Ministerpräsident, Innenminister, Gewerkschaften sowie SPD und Linke sich neben der VVN-BdA konsequent für ein Verbot der verfassungswidrigen NPD aussprechen. Zudem unternimmt das Land Anstrengungen, um rechtsradikale Straftaten zeitnah zu verfolgen. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hat ein Verbot der rechtsradikalen „Mecklenburgischen Aktionsfront“ durchgesetzt und das bundesweite Verbot der auch in Mecklenburg-Vorpommern tätigen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ aktiv begleitet. Diese Hinweise finden im Informationsblatt der Neofaschismus-Ausstellung ihren Niederschlag und werden neben dem Angebot einer Podiumsdiskussion für weitere Ausstellungseröffnungen bereitgestellt.

Neofa-Konferenz der VVN-BdA

24. Februar 2011

25.02.2011

Neofa-Konferenz der VVN-BdA

Schwerpunkt: Konservatismus

Freitag, 25. Februar 2011, ?

Heideruh

Ende 27.02.2011

Freitag, 25. Februar 2011, ? Heideruh Ende 27.02.2011

Bildungszensur für Neofaschismus-Ausstellung in der Kritik

geschrieben von Axel Holz

18. Februar 2011

Gewerkschaften und Linke lehnen Ausstellungsverbot für Neofaschismus-Ausstellung ab und fordern, die Bildungszensur in Mecklenburg-Vorpommern aufzuheben.

Am letzten Januartag 2011 wurde im Schweriner Stadthaus die Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ von Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow eröffnet. Bereits im Vorfeld hatten Landräte, Bürgermeister und hochrangige Politiker die gemeinsame Ausstellung von ver.di Nord und VVN-BdA eröffnet oder begleitet. In Jena und Ilmenau fand die Ausstellung großes Interesse. Universitäts-Rektor Peter Scharff, hatte sich beim Studentenrat für die Ausstellung bedankt und betont, dass deren Anliegen mit dem Leitbild der Universität übereinstimme. Trotz des positiven Echos auf mittlerweile über 50 Ausstellungseröffnungen seit der Novellierung der Exposition zum 8. Mai 2010 hatten nun in Schwerin CDU/FDP-Fraktionschef Sebastian Ehlers und FDP-Landesvorsitzender Christian Ahrendt die Ausstellung auf das Heftigste öffentlich attackiert. Christian Ahrendt hantierte mit Extremismusvorwürfen, Unterstellungen und falschen Behauptungen, um den Abbruch der Ausstellung zu erzwingen. Ehlers unterstellte die Gleichsetzung von Demokraten mit vorbestraften Neonazis und die Verunglimpfung des „Spiegel“ -Magazins durch die Ausstellung. In der Ausstellung wurde ein Spiegel-Artikel hingegen als Beleg für jahrzehntelange revanchistische Forderungen des Bundes der Vertriebenen herangezogen. Der Bund der Vertriebenen versuchte zudem, mit einer Studie die eigene Geschichte zu beschönigen. Schwerins Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow lud alle Interessierten ein, sich ein eigenes Bild von der Ausstellung zu machen und lehnte jegliche Zensur ab. Unzählige Einwohner der Landeshauptstadt folgten der Einladung der Oberbürgermeisterin. Die Linke -Landtagsfraktion kritisierte die Absurdität der CDU/FDP-Vorwürfe, nach deren Logik der VVN-BdA und zugleich ver.di und der „Spiegel“ des Extremismus bezichtigt würden. Der Aufforderung des FDP-Politikers Ahrendt, sich von der VVN-BdA zu distanzieren, kamen ver.di und die Linke nicht nach. Im Gegenteil – die Linke im Landtag Mecklenburg-Vorpommern verwies auf die zahlreichen Ausstellungseröffnungen in Rathäusern und Universitäten, die durch Bürgermeister und Politiker positiv begleitet wurden. Ver.di Nord verteidigte die Neofaschismus-Ausstellung ausdrücklich, da sie die Ursachen für die Ausbreitung rassistischen, nationalistischen und militaristischen Denkens und Handelns aufzeige. Das CDU-geführte Bildungsministerium im nordöstlichen Bundesland antwortete mit einer Bildungszensur für die antifaschistische Ausstellung und warnte per Anschreiben alle Schulen des Landes vor der Ausstellung. Empört wiesen Linke, ver.di und DGB die Bildungszensur zurück. Ver.di -Chef Nord Rüdiger Timmermann kritisierte das Vorgehen des Bildungsministeriums als nicht nachvollziehbar und unverständlich, sei doch gerade das Bildungsministerium zur demokratischen Aufklärung verpflichtet. Mit scharfen Worten kritisierte auch DGB-Vize Ingo Schlüter das faktische Ausstellungsverbot in der Bildungsarbeit. Die Ausstellung sei äußerst wichtig, kritisierte er das Vorgehen von FDP und CDU. In der Ausstellung gebe es keine Gleichsetzung von Neonazis mit einigen demokratischen Politikern, die mit bedauerlichen und demagogischen Ausfällen aufwarteten. Die Macher der Ausstellung in das extremistische Spektrum zu stellen, halte er für ebenso abwegig wie gefährlich. Anders als in Mecklenburg-Vorpommern würde in anderen Ländern die Ausstellung empfohlen werden. Die täglichen Führungen durch die Ausstellung in Ilmenau im CDU-geführten Thüringen würden das große Interesse an der Ausstellung belegen. Der Versuch der CDU, auch in Suhl die Ausstellungseröffnung zu verhindern, scheiterte. Bürgermeister Jens Triebel lehnte eine Zensur ab. Er verwies auf die Entscheidung des lokalen Aktionsbündnisses für Demokratie, Toleranz und gegen Rechtsextremismus, eben jene Ausstellung in Suhl zu zeigen.

Keine Berücksichtigung in den Medien fand der mehrfache Hinweis der VVN-BdA darauf, dass die extremistischen Zuschreibungen im Bayerischen Verfassungsschutzbericht selbst in Bayern heftig umstritten sind. So hatte die SPD-Landtagsfraktion 2010 mit einem Antrag die Streichung der unsinnigen Bewertungen über die VVN-BdA in Bayerischen Verfassungsschutzbericht gefordert. Erhebliche Zweifel an der Aussagekraft der meisten Verfassungsschutzberichte erhob eine Studie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Dezember 2009. Außer dem Brandenburger und Berliner Verfassungsschutzbericht seien alle weiteren Länderberichte selbst verfassungswidrig, weil eine klare und unmissverständliche Unterscheidung zwischen Verdacht und Nachweis verfassungswidriger Bestrebungen in ihnen nicht gegeben sei. Diese klare Unterscheidung hatte aber ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 24.05.2005 gefordert.

Ver.di unterstützt Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“

18. Februar 2011

Der Arbeitskreis Antirassismus bei ver.di unterstützt weiterhin die gemeinsame Ausstellung von ver.di Nord und VVN-BdA e.V. Die Ausstellung ist ein wichtiger Beitrag in der gemeinsamen Auseinandersetzung der Demokraten gegen den sich verstärkenden Rechtsextremismus.

Ausdrücklich weist ver.di die Aufforderung des FDP-Landesverbandes MV zurück, sich von der Ausstellung zu distanzieren. Zudem halten ver.di und VVN-BdA die in Deutschland einmalige Bildungszensur des Bildungsministeriums MV gegenüber der Neofaschismus-Ausstellung für falsch. Damit wird Schulen, Lehrern und Schülern ein wichtiges Angebot zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus entzogen. Lehrer und Schüler sollten in ihrem eigenen Urteilsvermögen nicht unterschätzt werden. Die Vorwürfe der Indoktrination und angeblich fehlender kontroverser Ausgewogenheit der Ausstellung kann nicht nachvollzogen werden. Das Bildungsministerium MV bemängelt zu Unrecht eine fehlende Darstellung der Auseinandersetzung um ein NPD-Verbot im Rahmen der verfassungsmäßig geschützten Stellung der Parteien. Die Ausstellung macht im hinteren Teil mit der Kampagne für ein NPD-Verbot und weiteren demokratischen Aktivitäten, wie Stolpersteinverlegungen, Zug der Erinnerung, Demonstrationen und Gedenkstättenarbeit auf demokratische Möglichkeiten aufmerksam, die verfassungsmäßigen Grundrechte in der Auseinandersetzung mit Neonazis und diskriminierenden Vorurteilen zu nutzen.

Besuch der KZ-Gedenkstätte Barth

17. Februar 2011

Junge Antifaschisten aus Rostock besuchten die KZ-Gedenkstätte Barth

Das KZ Barth wurde als Nebenlager des KZ Ravensbrück im Laufe des Jahres 1943 im Fliegerhorst Barth eingerichtet. Insgesamt sechs Baracken mit einer jeweiligen Größe von ca. 15 qm wurden für die Unterbringung von 7000 Häftlingen mit elektrischen Doppelzäunen und Wachtürmen für die SS bereitgestellt. Der Rostocker Heinkel-Rüstungskonzern wollte seine Produktion aus dem zerbombten Stammwerk in Marienehe in die Hangars des Fliegerhorstes Barth verlegen, um dort preisgünstig Bomber und Düsenjäger für den faschistischen Angriffskrieg zu fertigen. Frauen und Männer wurden dazu aus den Lagern in Buchenwald, Dachau, Ravensbrück, Pölitz, Karlshagen und Born nach Barth transportiert. Die Verhältnisse, unter denen die Menschen aus über 20 Nationen 12 Stunden täglich arbeiten mussten, waren lebensfeindlich. Der Alltag war bestimmt von Folter, Prügel und ständiger Angst vor den Wächtern, denen die Häftlinge Namen gaben wie „Schlächter“ oder „Boxer“. Der „Knochenbrecher“ rühmte sich, mit nur einem Schlag die Knochen der Lagerinsassen brechen zu können. Unter diesen Umständen war das Leben im Lager sehr hart und kräftezehrend, sodass ohne einen Anstieg der Insassenzahl zu verzeichnen, innerhalb sehr kurzer Zeiträume bis zu 300 neue Zwangsarbeiter im Lager eintrafen. Im Frühjahr 1945, als schon große Teile des faschistischen Deutschlands durch die rote Armee befreit waren, schickten die SS-Wachleute die inhaftierten Menschen auf einen Todesmarsch, wie es sie zu der Zeit Hunderte gab, in Richtung Rostock. So verloren noch Tausende Menschen in den letzten Kriegstagen ihr Leben. Doch als die Rote Armee immer näher kam, flohen die SS-Wachleute und überließen die Gefangenen sich selbst. Diese Erkenntnisse haben wir gesammelt bei unserem Besuch der Gedenkstätte des KZ Barth, eine angemessene Anlage, welche sich anscheinend seit der Wende einer nicht allzu großen Aufmerksamkeit seitens der Stadt Barth erfreut. Müll, Schmutz und Buschwerk säumen den Weg von der Straße zu den Gedenktafeln und Reliefs des kürzlich verstorbenen Bildhauers Jo Jastram. Das zerstörte Gelände des Fliegerhorstes Barth mit dem sich darauf befindlichen Gedenkpfad rund um den Bereich des KZ befinden sich unweit von der Gedenkstätte, aber auch diese ist schlecht zu finden. Die Einfahrt zu einem Hotel und einer Kleingartenanlage lässt uns den Weg des ehemaligen KZ vermuten. Dort befinden sich an den Eckpunkten des Lagers Informationstafeln mit Zeugenaussagen von Häftlingen und Wärtern, sowie von Angestellten des Horstes. Das Aussehen der Tafeln weist auf eine zeitnahe Installation hin. Die Gefühle, welche uns beschäftigten, haben wir auf dem Rückweg nach Rostock in kleiner Runde ausgetauscht: Angst, Beklemmung, Wut und Fassungslosigkeit über das Geschehene und der augenscheinliche Umgang der Gemeinde in unseren Tagen waren Thema. Es ist doch äußerst fragwürdig, dass eine Stadt wie Barth, die vom Tourismus lebt, diese Epoche ihrer Geschichte so schändlich behandelt. Weder Hinweisschilder am Ortseingang noch in Barth selbst weisen auf diesen Ort hin. Allerdings weist die Architektur in Barth auf die wirtschaftliche Blütezeit hin. Viele Gebäude um den Altstadtkern herum weisen eindeutige bauliche Merkmale des faschistischen Deutschlands zwischen 1933-45 auf.

Schweriner Bildungszensur für Neofa – Ausstellung

geschrieben von Axel Holz

17. Februar 2011

Landes-Bildungsministeriumssprecherin Johanna Herrmann bezeichnete die Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ in der SVZ vom 16.02.2011 als eine legitime Meinungsäußerung, die aber für die politische Bildung ungeeignet sei.

Bereits am 15.02.2004 hatte das Bildungsministerium diesbezüglich argumentiert, dass der Grundsatz des Indoktrinationsverbotes und das Kontroversitätsgebot als Grundsätze politischer Bildung in der Ausstellung nicht beachtet würden. Am 16.02.2011 führte die Schweriner Volkszeitung als Beleg dafür die Bewertung der Ausstellung durch das Bildungsministerium an, indem dieses behauptet, in der Ausstellung werde durch die BRD eine Tolerierung und bewusste finanzielle Unterstützung der rechtsextremistischen NPD und sogar eine Parteinahme für „Neofaschisten“ unterstellt. Tatsächlich steht dies nicht in der Ausstellung, sondern: · „Die Hauptfinanzquelle der NPD ist der Staat. Wahlkampfkostenerstattungen und die Finanzierung der Landtagsfraktionen sind entscheidend für die Handlungsfähigkeit dieser Partei. Das gibt der NPD auch öffentlich den Schein der Legitimität ihrer Politik – eine Toleranz, die mit dem systematischen Angriff der NPD auf die Grundrechte der Verfassung nicht vereinbar ist. Trotzdem werden Aktivitäten der Neonazis geduldet“. · Unter anderem kritisieren SPD, Grüne und Linke, dass die NPD sich erheblich aus staatlichen Mitteln finanziert. Das bestätigt auch eine Studie der Innenminister von 2007 „Finanzquellen der rechtsextremistischen Kreise. Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe“. Ein Verbot der NPD könnte diese finanzielle Teilhabe der NPD an der Demokratie beenden, wird aber durch die meisten CDU-Innenminister weiter blockiert. Fakt ist, dass die von vielen nicht gewollte, aber faktisch weiter bestehende staatliche Teilfinanzierung der NPD Realität ist. Von bewusster oder gar vorsätzlicher Finanzierung der NPD durch den Staat ist in der Neofa – Ausstellung keine Rede. Über eine angebliche Parteinahme des Staates für Neofaschisten steht auch nichts in der Ausstellung. Die Überschrift der Tafel 24 spricht von einer Tolerierung – bezogen auf die NPD-Aktivitäten, die nach Par. 139 des Grundgesetzes nicht geduldet werden dürften und dennoch toleriert werden. Leider ist das so. · Einen wichtigen Punkt der Ausstellung lässt das Bildungsministerium unberücksichtigt. Die jahrzehntelange Duldung von ehemaligen Nazis in führenden Positionen der Gesellschaft und ihres Einflusses auf die Gesellschaft werden in unsere Ausstellung auf der Tafel 21 „Verpasster Neuanfang – fragwürdige Erben“ thematisiert. Mir ist keine weitere Ausstellung über Rechtsextremismus bekannt, die als einen wichtigen Aspekt einen durchaus notwendigen Bezug des heutigen Rechtsextremismus zum Umgang mit ehemaligen Nazis in der Geschichte der Bundesrepublik herstellt. Für diesen bildungspolitischen Mangel anderer Ausstellungen zu diesem Thema hätte das Schweriner Bildungsministerium sicher auch ein Fremdwort parat, äußert sich aber nicht dazu. Ich nenne es Geschichtsvergessenheit. Leider nimmt die Presse am 16.02.2011 keinen Bezug auf eine Pressemitteilung der Fraktion die Linke im Landtag MV vom 15.02.2011 zur Ausstellungszensur des Schweriner Bildungsministeriums. Dort wird aufgelistet, welche Politiker im Lande MV bis in höchste Positionen die Ausstellungseröffnungen zur VVN-BdA -Ausstellung begleitet haben bzw. welche Bürgermeister und Senatoren u.a. in den Städten und Verantwortliche an Universitäten diese Ausstellung bewusst gezeigt, miteröffnet und inhaltlich als Bereicherung der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus mitgetragen haben. Diese Auflistung belegt das Interesse und die Unterstützung der gemeinsamen Ausstellung von ver.di und VVN-BdA durch zahlreiche Politiker, Bürgermeister und Universitäten.

VVN-BdA fordert Medien zu mehr Sorgfalt auf

geschrieben von Dr. Axel Holz

1. Februar 2011

Die VVN-BdA wird in Mecklenburg-Vorpommern durch die Gewerkschaften, Bürgerbündnisse und Zentren für Demokratie für ihre engagierte Arbeit in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und Neonazis geschätzt.

Mit Empörung müssen wir feststellen, dass der NDR am 02.02.2011 im Nordmagazin die Rufschädigung der VVN-BdA durch den FDP-Bundestagsabgeordneten Christian Ahrendt unkritisch medial verbreitet hat und weitere Medien diesem Vorgehen folgten. Bereits vor einem halben Jahr hatten die Medien im Zusammenhang mit der Eröffnung der Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ in Grevesmühlen mitgeteilt, dass der Innenminister des Landes den Extremismusvorwurf gegenüber der VVN-BdA in MV nicht teilt. Wir sind erstaunt, dass die Presse nun diesen Vorwurf wieder aufgreift. Zudem verweist der NDR ungepüft auf fragwürdige Einschätzungen des bayerischen Verfassungsschutzes. Eine Prüfung hätte ergeben, dass die bayerische SPD-Landtagsfraktion im Frühjahr 2010 die bayerische Landesregierung in einem Antrag dazu aufgefordert hatte, eben jene diffamierenden Anschuldigungen gegenüber der VVN-BdA zu unterlassen und aus dem Bericht zu streichen. Der Vorgang in Schwerin zeigt nun, dass die Medien den leichtfertigen Umgang mit dem Extremismusvorwurf überdenken sollten.

Wieder einmal werden Opfer des NS-Regimes diffamiert, während viele der Täter jahrzehntelang geschont wurden. Zu den Opfern gehört auch unser langjähriges Vorstandsmitglied Dr. Rabe, über dessen Schicksal in der NS-Zeit sich jeder im Buch „Halbjude ?“ der Landeszentale für politische Bildung informieren kann. Wir bedauern, dass gegenüber unserer Ausstellung zwar Anschuldigungen in den Raum gestellt werden, aber eine inhaltliche Auseinandersetzung kaum erfolgt. Angesichts der Tatsache, dass die Bemühungen der Demokraten in MV in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus leider nicht immer und überall die gewünschten Ergebnisse erbringen, verweisen wir in unserer Ausstellung auch darauf, dass die Tabuisierung und Verharmlosung inhaltlicher Schnittmengen von Neonazis mit konservativen Positionen, deren Verbänden, Organisationen und politischen Vertretern ein Grund dafür sein könnte. Wir zeigen vielfältige Facetten dieser Schnittmengen in unserer Ausstellung auf. Die Zitate von Politikern mit diskriminierendem Inhalt sind korrekt wiedergegeben, sprechen für sich und wurden bundesweit medial kritisiert. Wir weisen darauf hin, dass die Verwendung des Zitates von angeblich „zu vielen jungen kriminellen Ausländern“ seinerzeit in einem Wahlkampf mit ausländerfeindlichen Tendenzen erfolgte, der bundesweit medial kritisiert wurde.

Nach der erneuten unkritischen Verteidigung des Bundes der Vertriebenen in TV Schwerin durch CDU-Fraktionschef Ehlers möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass wir in der Ausstellung, unserer Pressemitteilung vom 01.02.2011 und in zwei Interviews mit dem NDR am 02.02.2011 auf Jahrzehnte währende revanchistische und geschichtsverfälschende Thesen des BdV hingewiesen haben, die durch Spiegelrecherchen unzweifelhaft belegt werden. Dort wird auch aufgezeigt, dass zahlreiche Spitzenvertreter des Bundes der Vertriebenen rechtsradikale Positionen vertreten haben und der BdV versucht hat, die eigene nazibelastete Geschichte zu beschönigen. Trotz aller Integrationsleistungen des BdV sollte Herr Ehlers diese Tatsachen zur Kenntnis nehmen, die zu Recht in unserer Ausstellung gezeigt werden. Schließlich bilden Geschichtsverfälschung und Revanchismus klassische Merkmale bei der Konstituierung rechtsradikaler Einstellungen.

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