Erinnerung begleiten

geschrieben von Axel Holz

16. Februar 2015

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Regina Scheer interviewte in den 80er Jahren ehemalige Sachenhausenhäftlinge. Einer dieser Berichte wird nun kommentiert veröffentlicht.

PDF: 150115_Schliwski_10

Ende 2013 erhielt die VVN-BdA das Manuskript eines unveröffent­lichten Interviews, das die Autorin Regina Scheer in Vorbereitung einer Dokumen­tation des DEFA-Studios für Dokumentar­filme mit Kurt Schliwski im April und Mai 1987 geführt hatte. Kurt Schliwski hatte als KPD-Mitglied in der Nazi-Zeit Widerstand geleistet, wurde von den Nazis verfolgt und über acht Jahre ein­gekerkert. Er erleb­te auf dem Todes­marsch aus dem KZ Sachsenhausen seine Befreiung kurz vor Schwerin und eröffnete bereits im Sommer 1945 das erste VdN-Büro in Schwerin. Das Manuskript hat uns dazu angeregt, seinen Lebensbericht kommentiert und ergänzt als narra­tiven Beitrag zur Geschichts­forschung über das NS-Regime und die Geschichte der VVN-BdA heraus­zugeben. Für das Verständnis künftiger Generationen haben wir kontextuelle Erläuterungen sowie Kommentare in den Zeitzeugenbericht eingefügt. Das Interview mit Kurt Schliwski aus dem Jahre 1987 hat einen eigenen Wert, weil es in einem besonderen historischen Moment auf­genommen wurde. Die SED-Führung hatte Mitte der 80er Jahre veranlasst, dass mit Antifaschisten, die im KZ Sachsenhausen inhaftiert waren, Video-Interviews geführt werden sollten, damit das Wissen der Vertreter dieser Generation über die Wirklichkeit in den KZ und die Nachkriegszeit nicht verloren ginge. Offensichtlich vertraute man der eigenen Geschichtsschreibung nicht und 1985/86 war durch Gorbatschows Reformpläne auch in der DDR eine neue Situation entstanden. Es schien, dass man sich der jüngeren Geschichte vorurteils­freier nähern könnte. Die Erfahrungen des Einzelnen schienen auf einmal eine besondere authentische Quelle als Ergän­zung eines bereits festgeschriebenen kollek­ti­ven Gedächt­nisses zu sein. Tabus begannen sich aufzulösen, zumal die Interview­partner persönlich durch die Parteiführung aufgefordert waren, auch zu erzählen, was bislang unausgesprochen blieb. Hinzu kam, dass in der zweiten Hälfte der 80er Jahre auch viele der ehemaligen Widerstandskämpfer unzufrieden waren mit der Entwicklung in der DDR und froh, wenn sie nach ihren Ansichten und Erfahrungen befragt wurden. Kurt Schliwski liefert in seinem Bericht von 1987 Informationen, die bisherige Forschungen über das KZ-System, die Todesmärsche, die Situation nach dem Krieg in Deutschland und die Aufklärung und NS-Aufarbeitung in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR im Detail ergänzen. Im Text wird der kameradschaftliche Umgang unter den Häftlingen im KZ Sachsenhausen deutlich, gab es aber auch Mord­drohungen unter den Häftlingen aus Angst vor Verrat. Im Interview berichtet Schliwski über aktive Solidarität mit zwölf jüdischen Gefangenen im Rah­men einer gefährlichen Sammelaktion von Nahrungsmitteln. In der Beschreibung des Todesmarsches der KZ-Häftlinge aus Sachsenhausen benennt er besonders brutale SS-Leute, erzählt aber auch, wie einzelne SS-Leute Übergriffe der Wehr­macht auf Häftlinge verhinderten. Der Zeitzeuge beschreibt den Aufent­halt der Häftlinge im Belower Wald, die solidarische Essensverteilung durch Häftlinge, aber auch die Bereitschaft, sich der Übergriffe einzelner vor Hunger fast wahnsinniger Kameraden durch Gewalt zu erwehren. Insgesamt bestätigt Schliwski, dass das Verhalten der Bevölkerung gegenüber den Häftlingen überwiegend feindlich war, er beschreibt die Absetzbewegung der SS, auch die Ermordung von ent­flohenen Häftlingen durch Bauern. Noch kurz vor Schwerin starben 180 Häftlinge durch die Kugeln der SS-Leute, darunter der KPD-Reichstags­abgeordnete Karl Ferlemann. Schliwski berichtet über die Arbeit in der neu gegründeten VdN-Geschäfts­stelle. Dort leistete er praktische Hilfe für die befreiten Häftlinge, die seine Kameraden waren und denen er sich lebenslang besonders verbunden fühlte. Er beschlagnahmte Wohnungen für deren Unterkunft und organi­sierte ihren Transport in die Heimatorte. Schliwski konstantiert in seinem Bericht das reservierte Verhalten der Nachkriegs-Bevölkerung, die oft von den Nazi-Verbrechen nichts gewusst haben wollte. Er klärte zusammen mit der Kriminalpolizei den Tod von Häftlingen auf, erinnert sich an das Massengrab von Sülstorf, das er suchen ließ, und berichtet vom Umgang mit den aufgefundenen Toten der „Arcona“-Katastrophe an der Ostsee. Er erzählt, wie er versuchte, als Mitarbeiter der Schweriner VdN-Geschäftsstelle in einem Theaterstück über das Schicksal der Häftlinge in den KZ zu informieren, mit Kinoabenden in ganz Mecklenburg die Ver­fil­mung von Friedrichs Wolfs Stück „Professor Mamlock“ vorzustellen und damit über die Nazi-Ideologie aufzuklären. Er, der ehemalige Häftling, wollte, ohne sich nach den traumatischen Erlebnissen eine Pause zu gönnen, Nazi-Mitläufer zum Umdenken bewegen. Die Veröffentlichung der VVN-BdA mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung kann dazu beitragen, diese Erinnerung wach zu halten.

Die Broschüre erscheint anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus und  ist im VVN-Shop erhältlich: http://shop-neu.vvn-bda.de/

„Das Jüdische Museum Berlin macht Schule“ in Mecklenburg-Vorpommern

geschrieben von Jüdisches Museum Berlin

15. Februar 2015

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Auch in diesem Jahr ist das Jüdische Museum Berlin mit seiner mobilen Ausstellung und zwei Workshops „on.tour“ und hat seit 2007 mit der kulturellen Bildungsinitiative „on.tour – Das Jüdische Museum Berlin macht Schule“ über 400 Schulen in allen 16 Bundesländern besucht. Das on.tour-Team lädt vor Ort mit starkem Bezug zur Lebenswelt der Jugendlichen zum Dialog über deutsch-jüdische Geschichte ein. Mehr Informationen erhalten Sie unter www.jmberlin.de/ontour. Vom 2.-6. März 2015 ist das Team in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs und besucht fünf Schulen, die aus den Bewerbungen ausgelost wurden. Gerne möchten wir Sie wieder einladen, bei einer der Tourstationen unser Gast zu sein. Folgende Schulen werden besucht:

Montag, 02.3.2015: Eldenburg-Gymnasium Lübz, Blücherstr. 22 a, 19386 Lübz

Dienstag, 03.3.2015: Gerhart Hauptmann Gymnasium, Dahlmannstr. 40, 23966 Wismar

Mittwoch, 04.3.2015: Regionale Schule Sanitz, J.-Brinckmann-Str. 16, 18190 Sanitz

Donnerstag, 05.3.2015: Förderzentrum Torgelow, Ueckermünder Str. 17, 17358 Torgelow

Freitag, 06.3.2015: Jawaharlal-Nehru-Schule, Tiergartenstr. 32, 17235 Neustrelitz

Interessenten können sich melden bei: Dr. Barbara Rösch Bildung / Outreach-Programme Stiftung Jüdisches Museum Berlin Lindenstr. 9-14 10969 Berlin Tel. +49 – (0)30 – 25993-309 Fax +49 – (0)30 – 25993-328 ontour@jmberlin.de

70 Jahre nach der Befreiung von Faschismus und Krieg: Für eine neue Entspannungspolitik, nein zur Vorbereitung auf den Krieg!

geschrieben von VVN-BdA

28. Januar 2015

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70 Jahre nach der Befreiung von Faschismus und Krieg: Für eine neue Entspannungspolitik, nein zur Vorbereitung auf den Krieg! Am 8. Mai 1945 wurde ganz Europa von dem Verbrechersystem des deutschen Faschismus und seinem Krieg befreit. Mehr als 55 Millionen Menschen waren zuvor Nazi-Terror, Holocaust und Vernichtungskrieg zum Opfer gefallen. Millionen Menschen auf der ganzen Welt bezahlten den deutschen Griff nach der Weltherrschaft mit unvorstellbarem Leid. Anstifter und Nutznießer des Raub- und Vernichtungskrieges waren deutsche Banken und Konzerne, allen voran der Chemie- und Rüstungsindustrie. Die deutsche Wirtschaft profitierte von der „Arisierung“ und der Ausbeutung von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern ebenso wie von der Ausplünderung der besetzten Länder. Unvorstellbar, welch weitere Opfer es gekostet hätte, wäre der Faschismus nicht besiegt und zerschlagen worden. Deshalb verdanken wir als heute Lebende die Grundlagen eines Lebens in Frieden, Freiheit und Vielfalt den Siegern des 8. Mai. Die alliierten Streitkräfte, unter denen die Rote Armee mit Abstand die größte Last des Krieges in Europa zu tragen hatte, sind auch unsere Befreier. Ihre Rolle und die des Widerstands in Deutschland und den von der Wehrmacht besetzten Ländern zu würdigen und die geschichtliche Wahrheit über Ursachen und Folgen des Faschismus zu bekräftigen, ist bis heute eine unerlässliche Pflicht. Angesichts der deutschen Verantwortung für die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts muss die historische Konsequenz, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf, verteidigt und an die nachfolgenden Generationen weiter gegeben werden. Trotz schwieriger politischer Konstellationen folgte dem Sieg über den Faschismus in Europa eine lange Friedensperiode. Der Drang der Völker, nach zwei mörderischen Kriegen dauerhaft friedliche Beziehungen aufzubauen und demokratische Verhältnisse zu errichten, trug Früchte. Diese Periode endete mit dem Jugoslawien-Krieg, an dem sich auch Deutschland wieder beteiligte. Dieser Wiedereintritt Deutschlands in die Reihe der Krieg führenden Länder war ein eklatanter Bruch mit den Lehren der jüngeren deutschen Geschichte. Heute sind deutsche Waffen – und oft auch deutsches Militär – wieder an den meisten Kriegen in der Welt beteiligt. Die  Bereitschaft, „deutsche Interessen“ mit militärischen Mitteln durchzusetzen, wurde gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung erneut zur politischen Praxis der Regierenden. Mit großer Sorge sehen wir, dass die gegenwärtige  Krise um die Ukraine Europa an den Rand eines neuen Krieges treibt. An dieser gefährlichen Entwicklung  tragen die deutsche Regierung, die EU und die NATO erhebliche Mitschuld. Entgegen den Festlegungen des 2-plus-4-Vertrages haben sich NATO und EU Schritt für Schritt an die heutigen Grenzen Russlands heran erweitert. Mit der Einbeziehung der Ukraine in EU und NATO-Strategien wurde eine explosive Situation geschaffen. Nicht als Vermittler, sondern als Konfliktpartei, behandeln NATO und EU Russland heute als neuen alten Feind, dem sie mit Propaganda, Drohgebärden und Sanktionen gegenübertreten. Wir fordern die sofortige Beendigung dieser gefährlichen Politik. Im 70. Jahr der Befreiung vom Faschismus steht die Bundesregierung in der historischen Verantwortung, eine neue Entspannungspolitik mit Russland auf den Weg zu bringen, in der die Sicherheitsinteressen aller Beteiligten Berücksichtigung finden. An den 8. Mai 1945 zu erinnern, heißt heute mehr denn je, den Frieden in Europa zu sichern. Eine starke Friedensbewegung muss Druck machen für Verständigung und Abrüstung statt Hetze und Rüstungsexport. Wir werden als Antifaschist/innen  und Aktive aus der Friedensbewegung diese Lehre aus der Geschichte mit vielfältigen Veranstaltungen, die am und um den 8. Mai in der ganzen Republik stattfinden werden, in die Öffentlichkeit bringen. Und wir rufen alle Demokratinnen und Demokraten, insbesondere die jungen Menschen auf: Erinnert mit einer Vielzahl von regionalen und örtlichen Veranstaltungen das ganze Jahr über an die Befreier und an die großen Hoffnungen der Befreiten. Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg

Plakat der VVN-BdA zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus

25. Januar 2015

Am 27. Januar jährt sich zum 70. mal der Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee. Zu diesem Anlass hat die VVN-BdA ein neues Plakat herausgegeben. Es ist das erste einer Reihe zum Thema „70. Jahrestag der Befreiung“. Weitere Plakate erscheinen in den Sprachen und mit den Fotos weiterer Befreier.

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PEGIDA: AFD, Neonazis und der deutsche Stammtisch

geschrieben von VVN-BdA

25. Januar 2015

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Seit Wochen steigt die Teilnehmerzahl an den „islamfeindlichen“ Aufmärschen in Dresden. Ein Ende scheint nicht in Sicht. Unterstützer und Teilnehmende kommen zum Teil von weither angereist.

Die vorgeblich unpolitischen Organisatoren der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands“ haben bei der Wahl ihres Namens Traditionsbewusstsein an den Tag gelegt: Als „patriotisch“ bezeichnen sich seit den 1950er Jahren Rechtskonservative und Nazis, die ein anderes Deutschland als die demokratische Bundesrepublik anstreben. Der (politische) Begriff des „Abendlands“ erlebte mit Oswald Spenglers „Untergang des Abendlands“ seine ideologische Ausformung, als er 1918 den drohenden Untergang der westlichen Welt ankündigte. Bis zum Ende der Sowjetunion war er der Inbegriff der antikommunistischen Propaganda im Westen. Seit 9/11 wird das „Abendland“ nun gegen den Islam verteidigt. Allerdings ist „Islam“ für PEGIDA zugleich Oberbegriff für alles, was die vermeintlich „zu kurz Gekommenen“ quält: kulturelle Vielfalt, Weltoffenheit, die Aufnahme von Flüchtlingen, der Euro und die EU. Damit reiht sich PEGIDA in die rassistischen Mobilisierungen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen ein, die 2014 an vielen Orten Nazis und Nachbarn zusammengebracht haben. Und natürlich richten sich die Demonstranten hier wie dort mit ihrem Schlachtruf „Wir sind das Volk“ an die, die für eine angebliche „Überfremdung“ verantwortlich gemacht werden: Politik und Medien. Wenn man sieht, wer zu den wöchentlichen Demonstrationen aufruft, zeigt sich, woher der Protest kommt. Führende Vertreter der AfD sind an den Protesten beteiligt. Die Fraktionsvorsitzende im sächsischen Landtag, Frauke Petry, hat inzwischen PEGIDA-Vertreter zum Gespräch eingeladen. Auch andere rechtspopulistische, neurechte und rassistische Gruppen springen auf diesen Zug. Die neurechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“ mobilisiert zu den Aufmärschen. Das „Institut für Staatspolitik“ (Zeitschrift „Sezession“) wirbt ebenso intensiv für die Aktionen wie die neurechte Internetzeitung „Blaue Narzisse“. Zu den Unterstützern der rassistischen Mobilisierung gehören das Magazin Compact und die extrem rassistische Internetseite PI-News („Politically incorrect“). Die „Identitären“, eine aus Frankreich stammende rassistische Jugendbewegung, haben von Anfang an zu den Demonstrationen aufgerufen. Und NPD-Anhänger und Funktionäre waren stets unter den PEGIDA-Marschierern. NPD, Pro NRW und andere versuchen, PEGIDA auch in anderen Städten zu imitieren, vorerst jedoch nur mit geringem Erfolg. Extrem rechte Einstellungen sind in der Mitte der Gesellschaft weit verbreitet. Im vergangenen Herbst haben rund 15 Prozent der Menschen in Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen solche Rechten gewählt. Mit PEGIDA und ähnlichen Initiativen tragen sie nun ihre Menschenverachtung auf die Straßen. Extrem rechte und menschenfeindliche Einstellungen sind das Ergebnis einer Politik der beschleunigten Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben, der um sich greifenden prekären Beschäftigungsverhältnisse und absehbaren Altersarmut. Staatlich institutionalisierter Rassismus und die inhumane Flüchtlingspolitik auf europäischer Ebene geben bei der Suche nach „Schuldigen“ die Richtung vor. Jedoch zeigt sich bereits gesellschaftlicher Widerstand gegen die rechte Mobilisierung. Große Demonstrationen fanden in Bonn, Kassel, Köln, München und anderen Städten gegen PEGIDA und ihre Ableger statt. Auch in Dresden gehen tausende Antifaschistinnen und Antifaschisten auf die Straße. Gemeinsam mit ihnen fordern wir: – Die Bundesregierung muss ihre Verantwortung wahrnehmen: Artikel 1 GG „ Die Würde des Menschen ist unantastbar“ muss für alle Menschen in Deutschland erfahrbar sein, für Flüchtlinge, Arbeitende, Erwerbslose und Rentner. Artikel 1 GG fordert den Schutz von Minderheiten vor jeder Form von menschenfeindlicher Propaganda. – Wir dürfen den PEGIDAs und anderen Rassisten und Populisten nicht die Straße überlassen. Wir müssen sichtbar an der Seite derer stehen, die sie ausgrenzen wollen.

Legida von Nazis beeinflusst

geschrieben von Axel Holz

25. Januar 2015

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Die LEGIDA-Organisatoren in Leipzig sind mit der rechten Szene tief verbandelt und in kriminelle Geschäfte verwickelt , belegt ein Beitrag der Welt am 21.01.2015. Dem LEGIDA-Sprecher Jörg Hoyer aus dem Erzgebirge droht ein Haftbefehl im Rahmen seine selbständigen Tätigkeit, heißt es dort. Er vertrieb über Jahre Militaria aus den Nazizeit. Mit der Forderung nach „Beendigung der Kriegsschuldkultes“ bedient er klassisch geschichtsrevisionistische Positionen der rechten Szene. Ein Rechtsbeistand der LEGIDA, Arndt Hohnstädter, ist als Nazi-Anwalt bekannt.  Er verteidigt Mitglieder der rechten gewalttätigen Szene und beantragte für einen  Mandanten den Schutz der Wortmarke „HoGeSa“ (Hooligans gegen Salafisten). Silvio Rösler, Sprecher und Organisator der LEGIDA, ist in der rechten Fußballszene aufgefallen und wurde als Zeuge im NSU-Prozess vorgeladen. Wegen seiner Kontakte ins Rotlichtmilieu geriet er ins Visier der Ermittler. Ein Leipziger Polizeikommissariat soll gegen Rösler wegen des Verdachts der Schleusung und des Menschenhandels ermittelt haben.

Fragile Mitte

geschrieben von Axel Holz

16. Dezember 2014

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Die SPD hat ihren Koalitionspartner CDU aufgefordert, ihr Verhältnis zur AfD zur klären. Dafür gibt es gute Gründe, wie die neueste Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung belegt. Seit zwölf Jahren analysiert die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Deutschland rechtsextreme Einstellungen in der Gesellschaft. Die neue Studie „Fragile Mitte – feindselige Zustände“ zeigt Kontinuitäten dieser rechtsextremen Einstellungspotentiale auf, auf die Neonazis gezielt zurückgreifen. Demnach ist das gemessene Einstellungspotential von Personen leicht rückläufig, die ausländerfeindliche, antisemitische, chauvinistische und sozialdarwinistische Positionen vertreten, die das Nazi-Regime verharmlosen und eine Diktatur bevorzugen. Trotz dieses Rückgangs stellt die Studie fest, dass diese Einstellungen bei Anhängern der rechtspopulistischen Partei AfD etwa doppelt so häufig vorkommen wie bei CDU- und FDP-Anhängern. So sind neben 56 Prozent der NPD-Anhänger auch 41 Prozent der AfD-Anhänger chauvinistisch eingestellt gegenüber 12-15 Prozent bei Anhängern von CDU, FDP und SPD und 1-3 Prozent bei Anhängern von Grünen und Linken. Mit der Übernahme der neuesten Untersuchung durch das Institut für Internationale Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld unter der Federführung von Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer und Prof. Dr. Andreas Zick mit deren Forschungsprojekt zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit wird nun in der FES-Studie ein Perspektivwechsel vollzogen. Neben der klassischen Auswertung der oben beschriebenen Nazi-Einstellungen erfolgt zusätzlich eine Sonderauswertung zum Antisemitismus, wird Demokratiemüdigkeit analysiert, wird marktförmiger Extremismus beleuchtet, werden europafeindliche Reflexe und menschenfeindliche Diskriminierungen untersucht. Ziel ist es, mit diesen Analysen die Verlagerung von offensichtlichen Nazi-Positionen hin zu softeren rechtspopulistischen Einstellungen zu beleuchten, die mit der Abwertung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen verbunden sind. Neben Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit werden nun auch die Abwertung von Langzeitarbeitslosen, Behinderten, Homosexuellen, Wohnungslosen und Asylsuchenden untersucht sowie Sexismus und die Vorstellung von vermeintlichen Etablierten-Vorrechten. Dabei sind die Diskriminierungspotenziale im Osten durchgehend höher als im Westen, wobei bundesweit mit 48 Prozent der Bevölkerung die Abwertung von Langzeitarbeitslosen, mit 44 Prozent die Diskriminierung von Asylsuchenden, mit 38 Prozent die Präferierung angeblicher Etablierten-Vorrechte und mit 27 Prozent die Diskriminierung von Sinti und Roma an der Spitze stehen. Solche Einstellungen kommen etwa darin zum Ausdruck, dass knapp die Hälfte der Befragten Langzeitarbeitslosen unterstellt, dass diese nicht wirklich an einem Job interessiert seien und 18 Prozent ein Verbot der Zuwanderung von Muslimen fordern. Ein rabiater Rechtspopulismus in der Gesellschaft suche Stimmengewinne durch eine mehr oder minder subtile Menschenfeindlichkeit und einem weniger offenen Chauvinismus, wird in der Studie erläutert. Besondere Aufmerksamkeit widmet die Studie der Ebertstiftung einer Zunahme von sekundärem Antisemitismus, der sich in Relativierungen und Verharmlosungen bis hin zur Leugnung des Holocaust ausdrücke und versuche, einen Schlussstrich unter das Thema deutscher Schuld zu ziehen. Dies treffe auch für Kritik an der Politik Israels zu, wenn diese ausdrücklich mit NS-Bezügen, antisemitischen Bildern und Motiven verbunden sei. Immerhin meinen immer noch 50 Prozent der Befragten, dass „den Deutschen die Verbrechen an den Juden vorgehalten werden“ und 40 Prozent meinen, Israel führe einen „Vernichtungskrieg“ gegen die palästinensische Bevölkerung. Besondere Anerkennung hat die Studie durch die Untersuchung des marktförmigen Extremismus verdient. Die ihm innewohnende Wettbewerbslogik und das auf Menschen bezogene Kosten-Nutzen Kalkül biete demnach bedrohten Menschen Gründe für die Abwertung Anderer, für das vermeintliche Überleben des Stärkeren oder die Ausgrenzung von Menschen wegen mangelnder Effizienz. Gerade in der Verbindung von Bedrohungsängsten und marktförmigem Extremismus vermuten die Studienmacher ein gesellschaftliches Potential, an das gegenwärtige politische Mobilisierungsversuche anknüpfen, die durch ihre Verbindung von Wettbewerbslogik mit Bedrohungsszenarien, Nationalismus und Menschenfeindlichkeit als wettbewerbspopulistisch bezeichnet werden. Interessant ist auch hier, dass AfD-Anhänger mit 38 Prozent eine mehr als doppelt so starke Zustimmung zum marktförmigen Extremismus aufweisen wie die übrigen Befragten. Es scheint, als hätten die Autoren damit die gegenwärtigen antiislamischen Proteste vorhergesehen.

Distanzierung von Mahnwachen

geschrieben von VVN-BdA

5. Dezember 2014

Eine Zusammenarbeit mit den „Mahnwachen“ kommt für die VVN-BdA nicht infrage. Deshalb unterzeichnen wir keine Aufrufe für den „Friedenswinter“, die von Mahnwachen oder deren Vertreter_innen unterschrieben werden.

Im März 2014 fanden die ersten „Mahnwachen für den Frieden“ statt. Thema war vor allem die Situation in der Ukraine, von der die Teilnehmenden befürchteten, sie könnte zum „3. Weltkrieg“ führen. Schnell kam es zur Gründung eines Dachverbands „Friedensbewegung 2014“, in dem die lokalen Initiativen zusammengeschlossen sind. Was „spontan“ und „unorganisiert“ wirkt, wurde allerdings von Personen initiiert, die entweder selbst rechts verortet sind, wie der Querfront-Stratege Jürgen Elsässer, der AfD-Anhänger mit Sympathien für Nazis Lars Mährholz und der Antisemit Ken Jebsen oder von solchen, die keine Notwendigkeit sehen, sich nach rechts abzugrenzen. Querfront-Strategie zeichnet sich in der Praxis aus durch Konzentration auf ein Ziel, das angeblich „ideologiefrei“ durch breite Mobilisierung „nicht links, nicht rechts, sondern vorwärts“ (J. Elsässer) verfolgt wird. Dem entspricht z. B. der Verhaltenscode, dass keine Erkennungszeichen von Organisationen bei „Montagsmahnwachen“ gezeigt werden dürfen. Inhaltlich wird dies durch die platte Art von „Kapitalismus“- und „Imperialismus“-Kritik deutlich, die immer dort auftaucht, wo Rechte versuchen, linke Themen zu besetzen. Statt Analyse komplexer Zusammenhänge geht es da um simple antiamerikanische Ressentiments und undifferenzierte Pro-Russland-Haltung, die Ablehnung des „Zinssystems“, das angeblich den Kern des Kapitalismus ausmacht und – seit Beginn des jüngsten Gaza-Krieges – um einseitige Israel-Schelte. Dazu kommen eine allgemeine „Eliten“-Kritik mit Schwerpunkt auf Banken, Politiker und Medien, die – direkt oder indirekt – als Teile einer Verschwörung dargestellt werden.

8. Mai 1945 – Tag der Befreiung, Chance für Frieden und Demokratie in Europa

geschrieben von VVN-BdA

5. Dezember 2014

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Am 8. Mai wurde ganz Europa von der Geißel des Faschismus befreit. In Deutschland erlebten in erster Linie die überlebenden Verfolgten und Widerstandskämpfer_innen diesen Tag als Befreiung. Aber auch wir alle, die wir heute leben, verdanken die Grundlagen unseres Lebens in Frieden, Freiheit und Vielfalt den Siegern des 8. Mai. Die alliierten Streitkräfte, unter denen die Rote Armee mit Abstand die größte Last des Krieges in Europa zu tragen hatte, sind und bleiben auch unsere Befreier. Mit besonderer Dankbarkeit erinnern wir an den Beitrag, den der deutsche antifaschistische Widerstand in Deutschland, in der Emigration, als Teil von Partisanenverbänden und in den Streitkräften der Anti-Hitler-Koalition geleistet hat. Mehr als 55 Millionen Menschen fielen Nazi-Terror, Holocaust und Vernichtungskrieg zum Opfer. Sie bezahlten den deutschen Griff nach der Weltherrschaft mit unvorstellbarem Leid und ihrem Leben. Die deutsche Wirtschaft, allen voran Chemie- und Rüstungsindustrie und Banken waren die Gewinner von „Arisierung“, Krieg und der Ausbeutung von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeiter_innen. Diese Gewinne bildeten die Grundlage des „Wirtschaftswunders“ in der Bundesrepublik, während die Opfer um jede Mark Entschädigung kämpfen mussten und bis heute kämpfen müssen. In nahezu allen ehemals von Nazi-Deutschland besetzten Ländern wurden der 8. und/oder 9. Mai gesetzliche Feiertage, das war auch in der DDR der Fall. Genau 40 Jahre hat es gedauert, bis ein Präsident der Bundesrepublik an einem 8. Mai von Befreiung gesprochen hat. Bis dahin hatte die Sicht der Nazis, der Deutsch-Nationalen, der „Frontkämpfer“, der Profiteure und Mitläufer das offizielle Vokabular geprägt: Zusammenbruch, Kapitulation, Besatzer. Mit Weizsäckers Rede wurde die Perspektive der Verfolgten des Nazi-Regimes „gesellschaftsfähig“. Damit das so bleibt, fordern wir, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg endlich auch in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag wird. Wir wissen, dass die Früchte des 8. Mai stets gefährdet sind. Rassismus, Chauvinismus, Antisemitismus und Antiziganismus, Islamfeindlichkeit – alle möglichen Ideologien zur Begründung sozialer Ungleichheit und gesellschaftlicher Ausgrenzung haben Konjunktur. Wir wissen, die soziale Spaltung der Gesellschaft hat ein Ausmaß erreicht, in dem die Angst vor dem Abstieg Anpassungsdruck und Ausgrenzungsbereitschaft erhöht. Wir erleben, dass Grundrechte immer weiter eingeschränkt werden. Wir sehen mit Sorge, wie unbarmherzig unsere Gesellschaft Flüchtlingen gegenübertritt und gewaltsame Übergriffe duldet. Der rasante Aufstieg neofaschistischer und rechtspopulistischer Kräfte in nahezu allen europäischen Ländern verlangt entschiedene Gegenwehr. Der Wiedereintritt Deutschlands in die Reihe der Krieg führenden Länder stellt einen Bruch mit dem Nachkriegskonsens „Es soll nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgehen“ als wichtigste Lehre aus der jüngeren deutschen Geschichte dar. In vielen Ländern der Welt, im Irak, in Syrien, in der Ukraine und in weiten Teilen Afrikas toben Kriege. Wieder sind deutsche Waffen – und oft auch deutsches Militär – überall beteiligt. Die Bereitschaft, „deutsche Interessen“ erneut mit militärischen Mitteln durchzusetzen ist gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung in Regierung und Bundestag wieder politische Praxis geworden. Gerade darum wollen wir den Tag zum Feiertag machen, den die Überlebenden als „Morgenröte der Menschheit“ erlebt haben, wie es der als Jude und Kommunist verfolgte Résistance-Kämpfer Peter Gingold ausgedrückt hat. Wir wollen am 8. Mai vor allem an die Hoffnung der Befreiten auf eine Welt ohne Kriege, Elend und Unterdrückung erinnern und diese als Impuls nehmen, weiter an der Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit zu arbeiten, so wie es die befreiten Häftlinge von Buchenwald geschworen haben.   In diesem Sinne rufen wir auf:   Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!

„Es lebe die Freiheit!“ – Junge Menschen gegen den Nationalsozialismus

4. November 2014

Die Ausstellung des Studienkreises Deutscher Widerstand wird vom 3. bis 30.11.2014 in der VHS „Ehm Welk“ Schwerin, Puschkinstraße 13, gezeigt. Veranstalter sind die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten MV und die Rosa-Luxemburgstiftung MV.

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