Kein Mut zur Lücke, aber zum Kommentar – Kanzleramt benennt Globkes Mitschuld an Judenverfolgung
29. April 2020
Endlich: Das in der Portraitgalerie des Chefs des Bundeskanzleramtes hängende Foto von Hans Josef Maria Globke wurde mit einem Kommentar versehen, der unter dem Foto auf die Mitverantwortung Globkes für die Verfolgung der europäischen Juden durch das NS-Regime hinweist. Hans-Jürgen Nagel, Autor der Zweiwochenschrift Ossietzky, hatte 2018 im Bundeskanzleramt nach dem kritischen Umgang mit dem Portrait gefragt – im vorigen Jahr mehrmals erneut. Nach fast zwei Jahren erhielt er nun im April die Antwort, dass „nach reiflicher Prüfung und in Abstimmung mit der Historikerkommission“ entschieden wurde, ein Hinweisschild unter dem Bild anzubringen. Die in der Tradition der Weltbühne stehende Zweiwochenschrift Ossietzky brachte dazu in ihrer am Sonnabend, den 18. April, erscheinenden Ausgabe einen ausführlichen Artikel, unter anderem mit dem Wortlaut des Kommentars. Das Bundeskanzleramt teilte mit, keine eigene Presseinformation zum Sachverhalt herausgeben zu wollen.
Hintergrund:
In einem Verwaltungsflügel des Bundeskanzleramtes hängen, wie auch schon im Bonner Bundeskanzleramt, Portraitfotos aller bisherigen Chefs des Bundeskanzleramtes, darunter auch eines von Globke. Die Bilder sind einheitlich groß (Rahmen ca. DIN A4), in schwarz/weiß fotografiert, einheitlich gerahmt und in chronologischer Reihenfolge gehängt. Das Passepartout enthält jeweils in zwei Zeilen die Angaben von Namen und Amtszeit (hier: ›Dr. Hans Globke / 1953-1963‹). Bundeskanzler Konrad Adenauers rechte Hand war Staatssekretär Hans Josef Maria Globke, zu NS-Zeiten Kommentator der Nürnberger Rassengesetze. Von 1953 bis 1963 war er Chef des Bundeskanzleramts.