Landtagswahlen und AfD

geschrieben von Axel Holz

29. April 2016

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Wie viele Analysen zur AfD, sind auch Aussagen dieser Studie durch die neueren Entwicklungen in der AfD bereits mit der Veröffentlichung überholt. Zumindest die Wahlprognosen der Studie, die zwischen Dezember 2015 und Ende Januar 2016 erarbeitet wurde, werden mit den tatsächlichen Landeswahlergebnissen der AfD zwischen 12 und 24 Prozent deutlich übertroffen. Dennoch versucht die Studie systematisch zu beleuchten, was den Zuspruch der AfD in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ermöglicht und fördert, was die Partei fordert, wie sie auf regionale Besonderheiten reagiert, wie es um Organisation, Personal und Kandidaten der Partei steht und wie die Partei gegen die erheblichen politischen Widerstände aus der Gesellschaft reagiert. Ein Verdienst der Studie ist, dass sie die besonderen regionalen Bedingungen und die Geschichte der regionalen Parteienlandschaft beleuchtet und damit das unterschiedliche Vorgehen der AfD in den drei Ländern in den Fokus nimmt. So spare man im rheinland-pfälzischen Wahlprogramm radikale Forderungen weitgehend aus und versuche den Korridor rechtskonservativer Forderungen nicht zu überschreiten. In Baden-Württemberg sehen die Autoren bei der AfD ein deutlich schärferes Bedrohungsszenario europäischer Werte durch den Islam, ohne dass nationalistische Chiffren dominierten. Ganz anders positioniere sich der Landesverband der AfD in Sachsen-Anhalt, der sich völkisch-nationalistisch und nicht selten biologistisch geriere. Während im Westen zielstrebig die rechtskonservative Lücke im parteipolitischen Raum besetzt werde und teilweise liberale Forderungen zum Wählerfang dienten, setze man im Osten auf die Aktionen des Straßenprotestes im Schulterschluss mit „Anti-Asyl-Initiativen“ und marschiere auch offen mit extrem rechten Gruppierungen. Die Ansprache im Westen erfolge mit Bürgerdialogen, Vortragsabenden und Info-Tischen. Viele Kandidaten verfügten über Radikalisierungspotentiale. In allen Ländern stammten zahlreiche Kandidaten der Kreis- und Landeseben aus extrem rechten Gruppierungen oder haben Kontakte zu ihnen. Eine Abgrenzung von Neonazis, wie sie in der Lucke-Partei noch nach außen propagiert wurde, findet nicht statt oder werde unterbunden. Die bunt zusammengewürfelte Truppe berge bereits für die zukünftige Fraktionsarbeit organisatorische und personelle Konflikte. Mit einem Auseinanderbrechen der Partei wie bei der DVU oder der Schill-Partei sei aber eher nicht zu rechnen, weil die rechte Mobilisierung trotz der Kritik durch Parteien, Medien und Zivilgesellschaft zu klappen scheint und das Mobilisierungsthema „Asylchaos & Eurokrise stoppen“ der AfD über Monate und Jahre Stoff für rechtspopulistische Mobilisierung biete. Trotz regionaler Unterschiede identifizierten die Autoren auch zentrale Gemeinsamkeiten der AfD, die sie in einem rechtspopulistischen Politikstil, in einem rigorosen Freund-Feind-Bild und in der Verachtung der etablierten Politik sehen. Angriffspunkte der AfD seien die Asylpolitik der Bundesregierung, ein angeblicher Verlust der traditioneller lebensweltlichen Ordnung der Familie und das Fehlen eines vermeintlich einigenden Heimatbewusstseins, angeblich in Folge von Zuwanderung. Die Auseinandersetzung mit diesen Klischees führt die Studie ebenso wenig, wie sie Rassismus als zentralen Identifikationspunkt der AfD herausarbeitet. Auch die ausgrenzende Wirkung von rückwärtsgewandten Werten der AfD, die Offenlegung der Verfassungswidrigkeit zahlreicher Forderungen gegen das grundsätzliche Recht auf Asyl, gegen die Religionsfreiheit, gegen gleiche Rechte von Männern und Frauen findet kaum Eingang in die Studie. Die geistesgeschichtliche, organisatorische und personelle Genesis der AfD-Kernforderungen, die unterschiedlich offen in Landes- und Bundesprogramm Eingang finden und voraussichtlich an Einfluss gewinnen werden, wird nicht aufgezeigt. Dazu war der methodische Ansatz der Studie wohl zu eng gefasst worden. Zustimmen kann man der Einschätzung, man dürfe nicht darauf vertrauen, dass sich die AfD-Fraktionen im parlamentarischen Betrieb allein demaskieren, aufreiben und pulverisieren würde. Erfahrungen zeigten, auch im Parlament könne man erfolgreich gegen “Altparteien“ wettern, im Namen des Volkes wüten und Diskurse vergiften. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD müssen Parteien, Zivilgesellschaft und Presse wohl erst noch gemeinsam leisten.