Vor 90 Jahren starb Clara Zetkin
23. Juni 2023
Die FIR erinnert diesmal an eine bedeutende Vertreterin der deutschen Arbeiterbewegung, die vor 100 Jahren zum ersten Mal eine umfassende Analyse der faschistischen Bedrohung vorgelegt hat und die zehn Jahre später, nachdem sie die Machtübertragung an den Hitler-Faschismus in Deutschlande erleben musste, am 20. Juni 1933 starb. Noch im August 1932 war sie trotz einer Erkrankung nach Berlin gereist, um als Alterspräsidentin den Deutschen Reichstag zu eröffnen. Sie hielt eine flammende Rede gegen den Faschismus und seine Hintermänner. „Das Gebot der Stunde ist die Einheitsfront aller Werktätigen, um den Faschismus zurückzuwerfen, um damit den Versklavten und Ausgebeuteten die Kraft und Macht ihrer Organisation zu erhalten, ja sogar ihr physisches Leben. Von dieser zwingenden geschichtlichen Notwendigkeit müssen alle fesselnden und trennenden politischen, gewerkschaftlichen, religiösen und weltanschaulichen Einstellungen zurücktreten.“
Dieser Appell für eine Einheitsfront gegen die faschistische Gefahr entsprach ihrer Haltung, die sie schon am 20. Juni 1923 in ihrem politischen Bericht auf dem Erweiterten Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale unter der Überschrift „Der Kampf gegen den Faschismus“ politisch begründet hatte.
Clara Josephine Zetkin, geborene Eißner (* 5. Juli 1857; † 20. Juni 1933) war eine herausragende Persönlichkeit der deutschen Arbeiterbewegung. Schon zu Zeiten des Sozialistengesetzes (1878) wurde sie Mitglied der SPD, 1917 schloss sie sich der USPD und später der Spartakusgruppe an, und gehörte zu den Gründerinnen der KPD. Aufgrund ihrer großen Popularität war Zetkin von 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete für die KPD.
Sie war eine engagierte Frauenrechtlerin, die die Gleichberechtigung der Geschlechter mit der sozialistischen Revolution verband. Sie trat entschieden für die Einbeziehung der Frauen in den Klassenkampf ein und kritisierte die Forderungen der bürgerlichen Frauenbewegung allein nach Frauenwahlrecht, freier Berufswahl und besonderen Arbeitsschutzgesetzen für Frauen, da die bürgerlichen Frauen diese im Rahmen des herrschenden Systems umsetzen wollten. Auf internationaler Ebene nahm Zetkin 1889 am Internationalen Arbeiterkongress in Paris und der Gründung der Zweiten Internationale teil. Sie setzte sich beim „Internationalen Sozialistenkongress“ 1907 in Stuttgart für einen Internationalen Frauentag ein.
Als Angehörige der Leitung der KPD war sie von 1921 bis 1933 Mitglied im Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI). In diesem Rahmen analysierte sie vor 100 Jahren zum ersten Mal die faschistische Gefahr durch die Machteinsetzung Mussolinis in Italien und das Auftreten vergleichbarer politischer Bewegungen in verschiedenen europäischen Staaten. Noch hatte man nur wenige Erfahrungen mit dem Faschismus an der Macht, daher bezog sich Clara Zetkin vor allem auf den italienischen Faschismus. Sie betonte insbesondere dessen soziale Dimension, auf die die Arbeiterbewegung reagieren müsse: „Wir müssen uns bewusst bleiben, dass … der Faschismus eine Bewegung von Hungrigen, Notleidenden, Existenzlosen und Enttäuschten ist. Wir müssen danach trachten, dass wir die sozialen Schichten, die jetzt dem Faschismus verfallen, entweder unserem Kampfe eingliedern oder sie zum mindesten für den Kampf neutralisieren. Mit aller Klarheit und Kraft müssen wir verhindern, dass sie Mannschaften stellen für die Gegenrevolution der Bourgeoisie. Soweit wir jene Schichten nicht für unsere Partei, unsere Ideale gewinnen, nicht in Reih und Glied der revolutionären proletarischen Kampfheere ziehen können, muss es uns gelingen, sie zu neutralisieren … Sie dürfen uns nicht mehr als Landsknechte der Bourgeoisie gefährlich werden.“
Clara Zetkin verstand also antifaschistische Handlungsorientierung als politisches Einwirken auf jene gesellschaftlichen Kräfte, die entweder durch die Politik des Faschismus in Mitleidenschaft gezogen werden oder aber der faschistischen Ideologie zu verfallen drohen. Die einen gilt es als Mitstreiter zu gewinnen, die anderen zu neutralisieren, damit sie sich nicht als „Landsknechte“ der Herrschenden missbrauchen lassen. Es ging schon damals darum, auf der einen Seite die Kampffront gegen die faschistische Bedrohung zu erweitern, indem die Interessen und Bedarfslagen auch nicht-proletarischer Gruppen aufgenommen wurden, auf der anderen Seite die faschistische Propaganda und Mobilisierung zu behindern, so dass sie nicht in der Lage ist, verunsicherte Teile der Gesellschaft auf ihre Seite zu ziehen.
1923 forderte Clara Zetkin in einer Rede vor Betriebsräten: „Männer und Frauen aller Berufe, aller politischen und gewerkschaftlichen Richtungen, aller sozialen und religiösen Bekenntnisse, vereinigt euch zum Kampf gegen Faschismus und Kriegsgefahr!“
Diese Forderung ist auch 100 Jahre später noch immer sehr aktuell!