Ehrenvorsitzender der VVN-BdA Heinrich Fink im Alter von 85 Jahren verstorben
2. Juli 2020
Ehrenvorsitzender, Gethsemane-Kirche, Heinrich Fink, Karl Barth, Menschenrechtspreis, Synode der evangelischen Kirche
Mit tiefer Trauer nehmen wir, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Abschied von unserem Ehrenvorsitzenden Heinrich Fink. Er wirkte von November 2003 bis Mai 2014 als Vorsitzender der aus West und Ost zusammengeschlossenen antifaschistischen Verbände – und war auf beiden Seiten hoch geschätzt. Seine Ernennung als Ehrenvorsitzender 2014 war einstimmig.
Heinrich Fink vereinigt in seiner persönlichen und beruflichen Biographie zentrale Zäsuren der deutschen Geschichte. Geboren 1935 in einer deutschen Siedlung in der Sowjetunion wurde seine Familie von den Nazis „heim ins Reich“ geholt, zuerst im okkupierten Polen angesiedelt, das Kriegsende erlebte er in Brandenburg. Als Kind einer Bauernfamilie nutzte er die Möglichkeiten, die die DDR bot, und studierte von 1954 bis 1960 Theologie an der Humboldt-Universität (HUB). Im Blick auf die „Frontstadt Berlin“ entschied er sich bewusst für die DDR. Er promovierte 1966 und habilitierte sich 1978 an der HUB mit dem ausgewiesen, antifaschistischen Thema „Karl Barth und die Bewegung Freies Deutschland in der Schweiz“, was nicht bei allen professoralen Kollegen gut ankam. Er war jedoch in der Lage, in beharrlichen Gesprächen und überzeugender Offenheit seine Kritiker zu gewinnen. So wurde er 1980 zum Dekan der Theologischen Fakultät gewählt. Gleichzeitig mit seiner Ernennung zum Professor für Praktische Theologie war er auch Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg. In beiden Funktionen hatte er vielfältige Kontakte ins Ausland, wobei er die DDR stets als seinen Staat ansah ohne Mitglied der SED oder einer anderen Blockpartei zu sein.
Das politische Ende der DDR im Herbst 1989 begleitete er als Engagierter, der für eine bessere DDR stritt. Bei einem Einsatz der Volkspolizei gegen Demonstranten vor der Berliner Gethsemane-Kirche wurde er im Oktober 1989 verletzt. Sein hohes persönliches Ansehen führte dazu, dass Heinrich Fink im Dezember 1989 den „Runden Tisch“ an der Humboldt-Universität leitete. Im April 1990 wurde er in freier Wahl mit 341 zu 79 Stimmen zum Rektor der HU gewählt.
Eine solche Richtungsentscheidung widersprach den Vorstellungen der „Abwickler der DDR“. Mit dem Vorwurf, inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Staatssicherheit gewesen zu sein, wurde Fink 1991 fristlos entlassen. Obwohl weder die Gauck-Behörde, noch die im Prozess angerufenen Instanzen gerichtsfeste Beweise vorlegen konnten, kämpfte Heinrich Fink sieben Jahre lang vergebens gegen diese Verleumdungen. Noch 2013 wurde sie im bayerischen Verfassungsschutzbericht wiederholt, wogegen Hinrich Fink ebenfalls klagte.
Allen Anfeindungen und Hasskampagnen zum Trotz blieb er gesellschaftlich engagiert. Von 1998 bis 2001 wurde er als parteiloser Direktkandidat für die PDS in den Bundestag gewählt, wo er vor allem die Interessen der ostdeutschen Bürgerinnen und Bürger, die antifaschistische Kultur, die Gedenkarbeit und die Freiheit der Wissenschaft thematisierte.
Ab 2003 lag sein gesellschaftlicher Arbeitsschwerpunkt – wie beschrieben – in den Reihen der VVN-BdA. In seinen Beiträgen forderte er immer wieder, die unterschiedlichen biographischen Perspektiven und politischen Zugänge zur antifaschistischen Arbeit in der Tätigkeit der VVN-BdA angemessen zu berücksichtigen. Gleichzeitig eröffnete er uns durch seine vielfältigen gesellschaftlichen Kontakte neue Wirkungsmöglichkeiten.
Die VVN-BdA war aber auch in dieser Zeit nicht sein alleiniges Tätigkeitsfeld. Er setzte sich für weitere humanistische und antirassistische Themen ein. Für dieses Engagement erhielt er im Dezember 2013 den „Menschenrechtspreis“ der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V.“ Mit dem Tod von Prof. Dr. Heinrich Fink verliert die VVN-BdA eine der Persönlichkeiten, die die antifaschistische Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten mit prägten.