Die deutschnationale und rechtskonservative AfD ist keine Alternative

geschrieben von ver.di Arbeitskreis ZAKO

12. März 2015

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Wir haben klare Vorstellungen, wie wir gern leben und arbeiten wollen. Gute Arbeit mit existenzsicherndem Einkommen, soziale Sicherheit, erschwingliches Wohnen, Zu-gang zu einer öffentlichen Infrastruktur mit guten Leistungen in der Kinderbetreuung, Gesundheit, Bildung, Nahverkehr und vieles mehr. Und natürlich eine friedliche Welt, frei von Not, Leid und Armut. Doch die Welt sieht anders aus. Schauen wir nach Afgha-nistan, in den nahen und mittleren Osten oder in das ehemalige Jugoslawien. Waffen-exporte und Kriege haben auch mit Beteiligung von Deutschland und anderen NATO-Staaten zu tausendfachem Tod und Leid geführt. Terror wächst als Folge einer Spirale der Eskalation von Armut, Not und Gewalt. Menschen fliehen vor unerträglicher Not, Armut und Leid aus zerstörten Ländern und Städten. Fünfzig Millionen Menschen ha-ben weltweit ihre Heimat verlassen. So viele wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Sie fliehen auch nach Europa in die Länder der EU. Sie riskieren ihr Leben bei der Flucht. Seit 1988 wurde dabei das Mittelmeer für viele tausende Menschen zum Grab. Und das Sterben findet kein Ende. In dieser Lage, wo Flüchtlinge aus verschiedenen Re-gionen sicheren Schutz in der EU suchen, leiden auch dort Menschen unter den Folgen einer schweren Krise. In Südeuropa ist jeder zweite erwerbsfähige Jugendliche ohne Arbeit und Einkommen und selbst in Deutschland leiden Menschen im größten Niedrig-lohnsektor der EU unter prekären Bedingungen. Andere befürchten den sozialen Ab-stieg und wachsende Unsicherheit. Viele politische Antworten von Regierungen auf die-se Krise helfen nicht. Im Gegenteil, mit Schuldenbremse und rigider Sparpolitik fördern sie den Rückbau des Sozialstaates, die Not von Kommunen und wachsende Armut von vielen Familien. Die Vermögen und Einkommen der Superreichen schonen sie mit einem Steuerunterbietungswettbewerb. Mit sogenannten Freihandelsverträgen stärken sie die Investorenrechte und Kapitalinteressen. In dieser Situation treten in der EU neue rechtskonservative und nationalistische Partei-en mit beachtlichen Erfolgen auf. Sie profitieren in einigen Ländern stark von politi-schen Fehlentwicklungen und der konzeptionellen Schwäche anderer Parteien. In Deutschland formiert sich eine „Alternative für Deutschland“, die AfD. 2 Die AfD – wer ist das? Die Leute, die die AfD zu Anfang führten, sind Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke, der Publizist Konrad Adam, die Unternehmerin Frauke Petry, in der zweiten Reihe weitere Mittelständler, darunter wenige Frauen. Sie kommen vor allem aus den christlichen konservativen Parteien und aus der neoliberalen FDP. Sieht man genauer hin, so muss man aber feststellen, dass einige Mitglieder der AfD zum rechtspopulistischen bis zum rechtsextremen Rand des politischen Spektrums gehören. Dazu gehören z.B. der „Bund Freier Bürger“ (BFB), der in Deutschland das österreichische Erfolgsmodell der FPÖ des Jörg Haider nachahmen wollte und sich vor seiner Auflösung ganz in das extrem rechte Spektrum einreihte, beispielsweise mit Professor Joachim Starbatty, heute Europaab-geordneter der AfD. Zur AfD gehören auch Mitglieder der ehemaligen Schill-Partei, wie z.B. der Hamburger Ex-Innensenator Dirk Nockemann. Alle diese Kleinparteien teilten einen demagogischen Popanz: eine „Schwächung Deutschlands“ in der EU, besonders seit der Einführung des Euro. Sie fordern eine neo-liberale Wirtschaftspolitik (mehr Markt, wenig Staat), die Ausgrenzung derer, die in ihren Augen nichts leisten wie „Sozialbetrüger“, insbesondere auch „Asylanten“. Sie verlangen eine ökonomisch ausgerichtete Regulierung der Zuwanderung, worüber heu-te auch andere Parteien reden; die Ausgrenzung von Muslimen, die sie als nicht integra-tionsfähig bezeichnen. Sie rufen nach dem starken Staat für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Zu den Führungspersonen der Partei gehört der ehemalige Präsident des Bundesver-bandes der Deutschen Industrie, Hans Olaf Henkel, der den wirtschaftsliberalen Flügel der Partei repräsentiert und mit anderen Industriellen und Professoren wesentlich zur Parteifinanzierung beiträgt. Zu Henkels EU-Politik gehört seine positive Haltung zu TTIP, dem geplanten transatlantischen EU-USA-Freihandels- und Investitionsschutzabkom-men. In der AfD finden sich Leute, die antisemitische Witze gut finden, die aus der NPD kommen oder mit der NPD z.B. auf kommunaler Ebene zusammenarbeiten, die ihre ras-sistische Einstellung aggressiv zur Schau stellen. Auch wenn insbesondere Bernd Lucke sich bemüht, sie aus der AfD auszuschließen, halten sich die zuständigen Gremien oft nicht daran und sorgen allenfalls dafür, dass sie vielleicht nicht mehr in den ersten Rei-hen zu finden sind. Die AfD zeichnet sich heute dadurch aus, dass sie durchaus widerstreitende Interessen vertritt. Die meisten Positionen werden nicht von allen Mitgliedern und Sympathisie-renden geteilt. Es ist für die Partei von Vorteil, sich nicht genau zu positionieren. Kon-krete Festlegungen könnten Wählerstimmen kosten. Was sind Forderungen der AfD? In den wirtschaftspolitischen Aussagen der AfD herrscht ein Marktfundamentalismus vor. Dies bedeutet beispielsweise:  beim Euro, dass hier die Interessen der wirtschaftlich starken Länder, besonders Deutschlands, durchgesetzt werden müssen zu Lasten der schwachen Länder wie 3 zum Beispiel Griechenland. Dazu fordert man die Spaltung des Euroraums oder den Austritt aus dem Euro.  innenpolitisch verstärkter Druck auf die Armen in der Gesellschaft. Erwerbslose sollen zur Arbeit im öffentlichen Interesse ohne Entgelt verpflichtet werden, wie es schon im sozialdemokratisch regierten Hamburg der Fall ist. Vereinzelt wurde gefordert, dass Menschen, die keine Steuern zahlen, nicht wählen dürfen sollen.  für Migranten, dass diejenigen kommen dürfen, die als „ützlich“ betrachtet werden. Vor allem die „rmutsmigration“ soll bekämpft werden. Innenpolitisch herrscht vor allem ein Sicherheitsdenken vor mit rigorosen Strafen, mehr Überwachung und Ausweisung von Asylsuchenden, die Straftaten begangen haben. Gesellschaftspolitisch ist unter Anhängern und vor allem auch unter Funktionären in Ostdeutschland Islamfeindlichkeit festzustellen. Damit einher geht ein christlicher Fun-damentalismus, die Ablehnung von „enderismus“, somit jeder Art von Frauenförde-rung, und jeglicher Abweichung vom konservativen Menschenbild. Das Familienbild ist traditionell mit Mann, Frau und mindestens drei Kindern, andere Lebensweisen werden abgelehnt. Auch „ebensschützer“ finden sich hier, die es Frauen verbieten wollen über ihr Leben selbst zu bestimmen. Im gesellschaftlichen Bereich zeigt sich der wirtschaftli-che Leistungsgedanke ebenso, indem in der Bildung mehr auf Disziplin und Leistung gesetzt werden soll. Wie sehen wir das als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter? Die gewerkschaftliche Solidarität kann nicht beschränkt sein auf die „eistungsträger“ in der Gesellschaft. Wir wollen eine Gesellschaft, in der diejenigen unterstützt werden, die Unterstützung benötigen. Solidarität gilt nicht nur für die Arbeitenden, sondern auch für Erwerbslose, Flüchtlinge, für alle sozial Benachteiligten. Eine solidarische Ge-sellschaft und soziale Gerechtigkeit erreichen wir nur mit einer Politik, die bessere Bil-dungschancen für alle Kinder und Jugendlichen eröffnet und auch ihre Lebensbedin-gungen verbessert. Davon hat sich die Politik jedoch entfernt. Deswegen stellen Ge-werkschaften auch gesellschaftspolitische Forderungen auf, beispielsweise in der Ren-tenpolitik, für Mindestlohn, bei der Flüchtlings- und Asylpolitik, bei der Privatisierung im Bereich der öffentlichen Daseinsfürsorge wie z.B. Gesundheit, Verkehr etc.. Mit an-deren Worten: Wir wollen ein soziales Europa, das den Ausgleich und Zusammenhalt fördert, statt der andauernden Spaltung in Armut und Reichtum. Dieses Recht will uns die AfD streitig machen. Vor allem der neoliberale Flügel stellt auch den Kernbereich unseres gewerkschaftlichen Handelns, das Streikrecht, infrage. Wir lehnen jede Politik ab, die unser Grundrecht auf Streik beschränkt und reguliert. Die AfD ist keine Partei für Arbeitnehmer/innen und auch keine Partei der sogenannten kleinen Leute. Sie wird unsere Interessen nicht vertreten. In der Vergangenheit haben rechtskonservative, deutschnationale Parteien eine üble Rolle gespielt. Sie waren 1932/33 Steigbügelhalter für den deutschen Faschismus, der für Tausende Gewerkschaftsmitglieder Terror, Folter und Tod in den Konzentrationslagern bedeutete und mit dem Holocaust und dem zwei-ten Weltkrieg einen ganzen Kontinent verwüstete. 4 Noch ein Wort zu Pegida und ihren Ablegern AfD und Pegida setzen auf fremdenfeindliche Vorurteile, malen eine Plünderung der Sozialkassen durch Flüchtlinge an die Wand. Gleichzeitig fordern sie Bürgerbeteiligung bei wichtigen Fragen. Tatsache ist aber, dass sich seit den Pegida-Demonstrationen die ausländerfeindlichen Übergriffe in Deutschland vervielfacht haben. Offenbar sehen sich einige Leute durch die Proteste ermutigt, gegen Menschen und ihre Unterkünfte vorzu-gehen. Inzwischen erweist sich: Ein Teil der „ida“-Leute ist offen fremdenfeindlich bis rechtsradikal, zählt zum Spektrum der NPD, der „reien Kameradschaften“ und weiterer neofaschistischen Gruppen. Ansichten von AfD und Pegida stimmen überein, ihre Füh-rungen sind zum Teil verbandelt. Pegida und deren Ableger werden sich im Erschei-nungsbild verändern, aber die Einstellungen, die sie ausdrücken, werden dadurch nicht verschwinden. Das Erstarken von rechten, deutschnationalen Bewegungen und Parteien verhindern wir nur, wenn es uns gelingt, ihnen den Nährboden zu entziehen. Das ist keine leichte Aufgabe. Wir wollen eine Politik für Sozialstandards die global wirken, für ein soziales Europa, mit demokratischen und sozialen Grundrechten, mit existenzsichernden Min-destlöhnen und guter Arbeit, mit starken politischen und sozialen Menschenrechten, auch für Flüchtlinge und Migranten. Dafür stehen wir als Gewerkschaft. So wollen wir in Zukunft frei und solidarisch mit allen Menschen friedlich und ohne Not leben. Berlin, den 22. Februar 2015

Beiliegend das Verdi-Dokument als PDF:

ZAK-zuAfD_2015-1